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Der saarländische Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine.
© imago images/BeckerBredel

Showdown im Saarland: Linken-Landesvorstand für Parteiaustritt Lafontaines

Der seit Jahren schwelende Streit zwischen Oskar Lafontaine und dem Linkenchef im Saarland eskaliert. Für die Partei kommt der Konflikt denkbar ungelegen.

Die Linke ist Streit gewohnt. Doch was sich in diesen Tagen im Saarland abspielt, ist selbst für die konfliktfreudige Partei ein Novum. Der Landesvorstand fordert den ehemaligen Bundesparteivorsitzenden Oskar Lafontaine zum Austritt aus der Partei auf, zu deren Gründern er zählt.

Nachzulesen ist das für jeden öffentlich auf der Internetseite der Landespartei. Der saarländische Fraktionschef Lafontaine und seine Stellvertreterin Astrid Schramm seien „die treibenden Kräfte in der seit Jahren praktizierten innerparteilichen Schlammschlacht zu Lasten der Partei“. Tatsächlich ist im Saarland ein erbitterter Machtkampf eskaliert, in dem es um sichere Listenplätze für die Bundestagswahl, den Verdacht der Wahlmanipulation und große Egos geht.

Der Landesvorstand kritisierte, „dass einzelne Mandatsträger ständig ihre persönlichen Befindlichkeiten in die Öffentlichkeit transportieren“. Die sechsköpfige Fraktion im Landtag konterte, der Landesvorstand habe sich mit der Forderung nach einem Austritt Lafontaines, dem die Linke „überdurchschnittliche Wahlergebnisse“ im Saarland verdanke, „endgültig disqualifiziert“. Die Linke an der Saar brauche „eine Neuaufstellung, die das Betrugssystem der vergangenen Jahre überwindet“ – die Fraktion fordert also den Rücktritt der Landesspitze.

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Dass der seit Jahren schwelende Streit nun derart eskaliert, hat vor allem damit zu tun, dass die saarländische Linke am Sonntag die Liste für die Bundestagswahl aufstellen will. Landeschef Thomas Lutze, der bereits seit 2009 im Bundestag sitzt, will noch einmal antreten und für den ersten Listenplatz kandidieren – angesichts der Umfragewerte ist dies der einzige chancenreiche Platz.

Ermittlungen wegen des Verdachts der Urkundenfälschung

Seine Gegner werfen ihm allerdings vor, sich vor vier Jahren das Mandat mit unlauteren Mitteln gesichert zu haben. Von Manipulationen bei der Wahl zur Listenaufstellung ist die Rede, von in Bussen herbeigekarrten Unterstützern und von angeblich nicht stimmberechtigten Personen, die dennoch ihre Stimme abgaben. Gegen Lutze ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts der Urkundenfälschung. Er selbst bestreitet die Vorwürfe. Die Ermittlungen wurden offenbar durch eine Strafanzeige der ehemaligen Landeschefin Schramm in Gang gesetzt.

Lutze hatte vor seinem Einzug in den Bundestag als Mitarbeiter in Lafontaines Wahlkreisbüro gearbeitet, später saßen sie gemeinsam im Parlament. Seit Jahren sind sie jedoch erbitterte Widersacher. Für den einstigen Linkenchef und ehemaligen SPD-Vorsitzenden Lafontaine geht es am Sonntag auch um die Frage, ob er sich im eigenen kleinen Landesverband noch durchsetzen kann.

Kampfkandidatur am Sonntag

Die Fraktion um Lafontaine kritisiert, dass Lutze trotz der Ermittlungen gegen ihn an der Kandidatur für den Bundestag festhält. Das Lafontaine-Lager hat deshalb den Landtagsabgeordneten Dennis Langer gegen Lutze in Stellung gebracht und bemängelt zugleich, dass stimmberechtigte Mitglieder auch dieses Mal nicht eingeladen worden seien. Anders als in anderen Landesverbänden wählen im Saarland nicht Delegierte die Kandidatinnen und Kandidaten für den Bundestag, sondern die Mitglieder. Dieses System ist grundsätzlich anfälliger für Manipulation. Die Bundespartei versuchte allerdings vergeblich, den Linken im Saarland einen Wechsel zum Delegiertenprinzip nahezulegen.

Die Schlammschlacht im Saarland kommt für die Linke zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Die beiden neuen Bundesvorsitzenden Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow wollten das Image einer Partei, in der verschiedene Gruppierungen so lustvoll wie erbittert streiten, eigentlich loswerden. In den Umfragen liegt die Linke bundesweit nur noch bei sechs Prozent, gefährlich nahe an der Fünf-Prozent-Hürde. Doch stoppen konnte die Parteiführung den schon seit Jahren schwelenden und nun eskalierten Konflikt nicht.

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