Krach in der Führung: Linke-Bundesgeschäftsführer Höhn droht mit Rücktritt
Streit um Lafontaine, Ärger mit den Parteichefs - Linken-Bundesgeschäftsführer Höhn will sein Amt abgeben. Kipping: Haltlose Spekulationen.
Nach einem offenen Zerwürfnis mit den Parteichefs der Linken, Katja Kipping und Bernd Riexinger, will Linken-Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn "demnächst" zurücktreten. Das erfuhr der Tagesspiegel aus Kreisen des geschäftsführenden Parteivorstandes der Linkspartei. Das Misstrauen sei demnach so groß, dass eine künftige gemeinsame Arbeit ausgeschlossen sei, verlautete aus dem Gremium.
Eine offizielle Bestätigung aus der Partei für den bevorstehenden Rücktritt gab es zunächst nicht. Parteichefin Kipping sagte dem Tagesspiegel: "Der Bundesgeschäftsführer hat mein vollstes Vertrauen. Alles andere sind haltlose Spekulationen."
Streit hat es laut Tagesspiegel-Informationen nach der Bundestagswahl demnach unter anderem über die heftige Kritik von Ex-Parteichef Oskar Lafontaine an den Linken-Parteivorsitzenden gegeben. Kipping und Riexinger hätten dem Parteimanager vorgeworfen, er habe sie nicht öffentlich gegen die Kritik von Lafontaine in Schutz genommen, hieß es.
Zudem sollen die Parteivorsitzenden kritisiert haben, dass Höhn sich mit der Personalisierung im Bundestagswahlkampf mit einer starken Fokussierung auf die Spitzenkandidaten Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch abgefunden habe. Die Entscheidung für Bartsch und Wagenknecht war im Januar nach innerparteilichem Streit gefallen, Kipping hatte selbst Ambitionen auf die Spitzenkandidatur, konnte diese aber nicht durchsetzen. Im Wahlkampf selbst hatten die Spitzenfunktionäre auf öffentliche Auseinandersetzungen verzichtet. Dennoch konnten sie ihren Streit offenbar nicht beilegen.
Höhn ist seit 2012 im Amt
Der 42-jährige Höhn gehört zum Reformerflügel der Partei. Der aus Sachsen-Anhalt stammende Politiker hat das Amt seit Juni 2012 inne und ist damit der dienstälteste Generalsekretär aller Bundestagsparteien. Er selbst will sich zu dem Konflikt nicht öffentlich äußern.
Lafontaine hatte kurz nach der Wahl auf Facebook über das schlechte Abschneiden der Parteivorsitzenden Riexinger und Kipping in Baden-Württemberg und Sachsen gelästert und behauptet, Kipping und Riexinger hätten sich "mit der Entscheidung für die Spitzenkandidatur für Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch während des ganzen Bundestags-Wahlkampfes nicht abfinden" wollen. Die Flüchtlingspolitik der eigenen Partei kritisierte der Ehemann von Wagenknecht als "verfehlt": Auch die Linke habe - ebenso wie alle anderen bisherigen Bundestagsparteien - "bei ihren Antworten auf die weltweite Flüchtlingsproblematik das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit außer Kraft gesetzt", schrieb er.
Die Äußerung Lafontaines auf Facebook hatten mehrere Linken-Politiker aus der zweiten Reihe kritisiert, unter anderem der ehemalige Fraktionschef Gregor Gysi. Kipping und Riexinger selbst waren höchst verärgert, hatten sich aber nicht öffentlich dazu geäußert. An diesem Sonntag - dem Tag der Niedersachsen-Wahl - tagt der Linke-Parteivorstand. Der Konflikt in der engeren Führung wird dann voraussichtlich eines der zentralen Themen sein. Bei der Bundestagswahl am 24. September hatte die Linke 9,2 Prozent der Zweitstimmen bekommen, das waren 0,6 Prozentpunkte mehr als bei der Wahl vier Jahre zuvor. Ihre Rolle als Oppositionsführerin ist die Partei los.