Beweismittelvernichtung in Berateraffäre?: Grüner stellt Strafanzeige wegen Handy-Löschung
Um die Berateraffäre im Verteidigungsministerium aufzuklären, soll Leyens Handy ausgewertet werden. Doch ein Verdacht steht im Raum: Wurden Beweise vernichtet?
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Tobias Lindner hat Strafanzeige wegen der Daten-Löschung auf einem Diensthandy von Ex-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gestellt. Er habe die Anzeige am Freitag der Staatsanwaltschaft Berlin übermittelt, sagte Lindner am Samstag. Die Löschung ist brisant, weil der Untersuchungsausschuss zur sogenannten Berateraffäre die Handydaten als Beweismittel angefordert hatte.
Zuvor hatte das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" über die Anzeige berichtet. Darin geht es unter anderem um den Verdacht der Urkundenunterdrückung nach Paragraf 274 des Strafgesetzbuchs. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft wusste am Samstag zunächst noch nichts über den Eingang der Anzeige.
Vorwurf der Vetternwirtschaft
Hintergrund ist die sogenannte Berateraffäre. Unter von der Leyen hatte das Ministerium Aufträge an externe Beratungsfirmen vergeben, mit denen sich seit Monaten ein Untersuchungsausschuss des Bundestags befasst. Es stehen Vorwürfe von unkorrekter Auftragsvergabe bis hin zu Vetternwirtschaft im Raum.
Im Zuge der Aufklärung sollte auch das besagte Handy der Ex-Ministerin und heutigen EU-Kommissionschefin ausgewertet werden. Von der Leyen war im Juli von Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) als Verteidigungsministerin abgelöst worden, um dann nach Brüssel zu wechseln.
Ministerium beruft sich auf „Sicherheitsvorkommnis“
Das Ministerium hatte bestätigt, dass die Handydaten gelöscht wurden. Grund war nach Angaben eines Sprechers ein „Sicherheitsvorkommnis“. Danach habe die CDU-Politikerin ein neues Handy bekommen. Im Januar hatte ein großangelegter Datenklau Politiker in ganz Deutschland aufgeschreckt. Auf einem Twitter-Konto waren persönliche Daten und Telefonnummern von Hunderten Prominenten veröffentlicht worden. Betroffen war auch von der Leyen.
Lindner, der selbst Mitglied des Untersuchungsausschusses ist, spricht von der Vernichtung von Beweismitteln. „Entweder herrscht im Verteidigungsministerium das totale Chaos, oder man will die Öffentlichkeit bewusst in die Irre führen“, sagte er am Samstag. „Wenn im Januar 2019 wirklich ein Sicherheitsproblem mit dem Gerät bestanden hätte, ist es unerklärlich, wieso es weiterhin bei der Ministerin verblieb und erst im August gelöscht wurde.“
Der Grünen-Politiker hatte schon im Juni beantragt, dass die elektronische Kommunikation der Ministerin für die Aufklärung der Affäre um regelwidrig vergebene Berater-Verträge durch das Wehrressort als Beweismittel für den Ausschuss gebraucht werde.
Der Abgeordnete kritisierte das Verteidigungsministerium erneut scharf. „Das Löschen eines Handys, ohne es zuvor auf mögliche Beweismittel auszuwerten, hat nichts mehr mit dem normalen Fingerhakeln zwischen Bundesregierung und einem Untersuchungsausschuss zu tun, hier geht es um einen handfesten Skandal“, sagte Lindner dem „Spiegel“. (dpa/AFP)