Berateraffäre im Verteidigungsministerium: Handydaten von Ex-Ministerin von der Leyen gelöscht
Ursula von der Leyens Handy sollte als Beweismittel in der Berateraffäre dienen. Doch mögliche Infos wurden vernichtet. Das Verteidigungsministerium bestätigte.
Für die Untersuchung der Berateraffäre des Verteidigungsministeriums sind Daten aus der Mobilfunkkommunikation der früheren Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) vernichtet worden. Die Opposition richtete deshalb am Freitag schwere Vorwürfe gegen das Ministerium: Dieses versuche offenbar, durch Vernichtung von Daten die Aufklärung zu erschweren. Das Ministerium wies die Vorwürfe zurück und rechtfertigte sein Vorgehen mit Sicherheitserfordernissen.
Wie das ARD-Hauptstadtstudio und die Zeitung „Die Welt“ berichteten, räumte der Vize-Regierungsbeauftragte für die Aufklärung der Affäre, Markus Paulick, am Donnerstag in einer vertraulichen Sitzung des Untersuchungsausschusses ein, dass die Daten auf dem Mobiltelefon von der Leyens (CDU) bereits im August gelöscht worden seien.
Die Löschung ist deshalb brisant, weil der Untersuchungsausschuss Daten des Handys als Beweismittel angefordert hatte. Der Grünen-Politiker Tobias Lindner sprach von einem „handfesten Skandal“. Es müsse davon ausgegangen werden, „dass hier Amtsträger Beweismittel vernichtet haben“, sagte er den Funke-Zeitungen. „Ein solches Verhalten kann strafrechtliche Relevanz haben.“ Das Ministerium müsse versuchen, die Daten wiederherzustellen.
Die Daten seien damit mutmaßlich unwiederbringlich verloren, wurde Paulick vom ARD-Hauptstadtstudio zitiert. Der Bundestag hatte laut „Welt“ vor der Löschung beantragt, das Handy als Beweismittel einzustufen. Im Raum stehe nun der Vorwurf der unerlaubten Aktenvernichtung.
Das Verteidigungsministerium (BMVg) bestätigte am Freitagmittag, dass die Daten eines Mobiltelefons von Ex-Ministerin Ursula von der Leyen gelöscht wurden. Die Löschung sei nötig geworden, weil die Handy-Nummer der damaligen Ministerin von der Leyen im Sommer auf einer Internetseite veröffentlicht worden sei.
„Daraufhin musste sie ihr Handy zurückgeben. Und die Regularien sind, dass diese Handys dann sicherheitsgelöscht werden. Das zweite Diensthandy, was sie anschließend erhalten hat, liegt unter Verschluss im BMVg“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Freitag in Berlin. Sie habe dann ein neues Handy bekommen.
Verteidigungsministerium: Löschung entspreche den Regularien
Die Löschung solle weitere Sicherheitsvorkommnisse verhindern. „Ob es zurückgesetzt wird oder ob es geschreddert wird, das kann ich Ihnen nicht sagen“, erklärte der BMVg-Sprecher. Unbeantwortet blieb die Frage, ob die Daten des zweiten Handys noch zugänglich sind. Das sei Gegenstand vertraulicher Unterrichtungen des Untersuchungsausschusses, sagte er.
Das Bundesinnenministerium verwies darauf, dass es „keine pauschale Dokumentationspflicht“ für Gespräche von Ministerinnen und Ministern gebe. In den Akten würden nur solche Gesprächsinhalte registriert, die „für den Sachverhalt relevant“ seien, sagte ein Sprecher. Die Ministerien hielten sich dabei an die Vorgaben der Registraturrichtlinie.
Zeitpunkt der Datenlöschung ist entscheidend
Wichtig für die politische und rechtliche Einordnung des Vorgangs dürfte das Datum der Löschung sein. Die „Welt“ und das ARD-Hauptstadtbüro berichteten, dass die Handydaten zum Zeitpunkt der Löschung bereits vom Untersuchungsausschuss als Beweismittel zur Einsicht angefordert worden seien. Dies könnte die Vertuschungsvorwürfe der Opposition stützen. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte sich zum Datum der Löschung öffentlich nicht äußern.
„Digitales Aktenschreddern“
Vertreter der Opposition reagierten empört. Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Tobias Lindner, sprach im ARD-Interview von „digitalem Aktenschreddern“. Er forderte, dass Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bei den Verantwortlichen durchgreife und auch personelle Konsequenzen ziehe.
Der FDP-Abgeordnete Alexander Müller sprach von einer „ärgerlichen Hinhalte-Taktik“ der Regierung. Zunächst habe es im Ministerium geheißen, dass nach dem Handy gesucht werde. Dann sei mitgeteilt worden, es sei noch PIN-gesperrt. Nun habe die Regierung eingeräumt, dass es bereits im August „platt gemacht“ worden sei, sagte Müller der „Welt“.
Der Untersuchungsausschuss geht dem Vorwurf nach, dass im Verteidigungsministerium millionenschwere Verträge unter Umgehung des Vergaberechts vergeben worden sein. Auch der Vorwurf der Vetternwirtschaft steht im Raum. Unklar ist bislang, ob das Gremium die heutige EU-Kommissionschefin von der Leyen als Zeugin vorladen wird. (AFP, dpa)