Merkels Kandidatur eröffnet den Wahlkampf: Die Farbenspiele mögen beginnen
Bundeskanzlerin Angela Merkel will noch einmal kandidieren. Das hat Folgen für Personal und Inhalte, nicht nur in ihrer eigenen Partei. Wer plant was mit wem – und was plant sie selbst?
- Fabian Leber
- Robert Birnbaum
- Carsten Werner
- Stephan Haselberger
- Hans Monath
- Jens Tartler
Zwölf Jahre Kanzlerin: Warum will Merkel noch einmal?
Die Antwort ist im Grunde einfach: Weil sie nicht mit Anstand abtreten konnte. Ihre CDU stünde kein Jahr vor der Wahl auf einen Schlag blank da, und selbst in der nörgeligen CSU wäre der Schrecken groß gewesen.
Denn anders als vor Helmut Kohls letztem – vergeblichen – Anlauf drängt sich kein Nachfolger auf. Es spricht Bände für die Personallage der Union, dass auf die Frage nach der Notfall-Alternative zu Merkel den meisten nur der Mann einfällt, dem Kohl vor zwei Jahrzehnten den Weg verbaute: Wolfgang Schäuble, 74 Jahre alt.
Und so weit Merkels Ansehen von den leicht unwirklichen Traumwerten inzwischen entfernt ist, die ihr die Demoskopen noch im letzten Sommer bescheinigten, so sehr gilt umgekehrt doch auch: Die Kanzlerin rangiert nach wie vor weit vorn auf allen Beliebtheitsskalen – und CDU und CSU führen das Feld der Parteien mit sehr deutlichem Abstand an.
Schließlich lässt sich in Krisenzeiten mit Erfahrung und dem Versprechen ruhiger Kontinuität vielleicht besser punkten als mit einem völlig unvorbereiteten Pferdewechsel. Verständlich wäre gewesen, hätte Merkel nach den Wahlniederlagen des Jahres hingeworfen. Jetzt war es zu spät. Sie schuldete ihrer CDU die Kandidatur.
Merkel, die Vierte: Was hat die Kanzlerin inhaltlich vor?
Das bleibt noch reichlich nebulös. Merkel war nie mehr Programmatikerin, seit sie die Reformagenda mit „Gesundheitsprämie“ und Steuerreform 2005 fast den Sieg gekostet hätte. Außerdem hat sie in drei Amtsperioden so viele Krisen aus dem scheinbaren Nichts erlebt, dass sie den praktischen Wert ausgefeilter Wahlprogramme eher gering schätzt. Wer Merkels eigener Begründung zuhörte, war hinterher denn auch nicht schlauer als zuvor. Die Digitalisierung als Menschheitsrevolution, vergleichbar mit dem Übergang vom Steinzeitjäger zum Ackerbauern? Ja sicher, großes Thema, bestimmt – nur kaum wahlkampftauglich. Man glaubt die Kandidatin schon zu hören, wie sie auf Marktplätzen am Publikum vorbeidoziert.
Aufschlussreicher als Merkels eigene Auskünfte ist der Leitantrag, den die CDU-Spitze am Montag in ihrer Klausur in Berlin verabschiedet hat. Er zielt im Tenor auf eine scheinbare Selbstverständlichkeit: Die Volkspartei CDU will sich wieder stärker auf die Probleme der normalen Leute besinnen. Sicherheit ist ein zentrales Stichwort, Familie ein zweites. Der Eindruck, dass „die da in Berlin“ sich um die letzte Randgruppe mehr kümmern als um Otto Normalverbraucher, schlägt Abgeordneten im Wahlkreis schon lange entgegen – und füttert die AfD mächtig an.
Wie schwer sich die Staatspartei CDU mit den rechten Außenstürmern tut, zeigt aber schon eine kleine Änderung: der Begriff „Modernisierungsverlierer“ verschwand aus dem Papier und machte dem Vorsatz Platz, „verloren gegangenes Vertrauen“ wiedergewinnen zu wollen. Da war jemand erst in letzter Minute aufgefallen, dass man Wähler besser nicht von oben herab zu Verlierern erklärt.
Themen der Kandidatin: Was wird in Merkels Wahlkampf wichtig?
Angela Merkel hat ihre Partei auf einen schwierigen Wahlkampf mit „Anfechtungen von allen Seiten“ eingestimmt – weil schon heute absehbar ist: Ihr nächster Wahlkampf wird in Teilen ein Wahlkampf gegen sich selbst. Merkel wurde nach dem 5. September 2015 zur Kanzlerin der Willkommenskultur. Die Wochen offener Grenzen und des Eintreffens von Flüchtlingen haben ihr bei den einen Bewunderung eingetragen – und bei anderen Ablehnung, bis zum Hass.
Dass ausgerechnet die Symbolfigur dieser Spaltung es schaffen könnte, die Spaltung zu überwinden, liegt nicht unmittelbar nahe.
Der CDU-Chefin wäre ein schwarz-grünes Bündnis bestimmt nicht unlieb. Nach der missglückten schwarz- gelben Ehe mit der FDP und zwei großen Koalitionen käme eine neue Farbenkombi ihrer Neugier entgegen – zumal die Grünen für Zukunftsthemen wie Elektromobilität oder Digitalisierung womöglich aufgeschlossener sind als die traditionelle Industriearbeiterpartei SPD.
Die CDU versucht in ihrem Leitantrag vor allem ihre konservative Klientel wieder einzubinden: die „Leitkultur“ findet sich neben dem Versprechen, die Flüchtlingspolitik von 2015 nicht zu wiederholen.
Die Opposition stimmt sich schon auf das Motiv ein: „Zwölf Jahre Merkel sind genug“.
Unions-Personal: Wer kommt nach Merkel?
Gute Frage. Merkels eigene Begabung in Sachen Personalentwicklung war bisher wenig ausgeprägt. Die Physikerin aus dem anderen deutschen Staat hat sich selbst nach oben geboxt und sah nie ein, warum sie anderen mehr bieten sollte als ein Amt, um sich selber zu bewähren. Die Ministerämter nach der nächsten Bundestagswahl könnten dazu taugen. Aber die Erwartung ist ja auch ein wenig merkwürdig, dass Spitzenpolitiker ihre Nachfolger aufbauen sollten wie Monarchen ihre Thronfolger. Machtwillen und Biss, Überzeugungsfähigkeit und Strahlkraft lernt keiner auf einer Kanzlerakademie. Wer Merkel nachfolgt, muss sich selbst behaupten – im Zweifel gegen sie.
Schwesterparteien: Was fängt die CDU mit der CSU an?
Die CSU war Merkels größtes Problem im zurückliegenden Jahr, und sie droht es im kommenden zu bleiben. Dass Horst Seehofer Säle zu Begeisterung für die Frau entfachen soll, die er ein Jahr lang bitter bekämpft hat, wirkt trotz aller Versöhnungsgesten nicht recht vorstellbar. Das alte Unionsmotto „Getrennt marschieren, vereint schlagen“ lässt sich auf den Flüchtlingsstreit auch nicht übertragen. Jedes Wort der beiden wird man darauf abklopfen, ob sich nicht wieder ein Riss hineinlesen lässt.
In der CDU-Führung ist zudem immer die Sorge lebendig, dass der wendigetery Bayer blitzschnell auf Absetzkurs umschalten würde, sollte es vor dem Wahltag einmal demoskopisch eng werden. Denn für Seehofer gibt es nur eine Wahl, deren Ausgang wirklich wichtig ist – die Landtagswahl in Bayern 2018.
Die offenen Nachfolgefragen bei den Christsozialen tragen ebenfalls nicht zur Beruhigung bei. Am Sonntag hat sich Seehofer im Windschatten von Merkels Kandidaten-Erklärung mit dem Dauerrivalen Markus Söder getroffen. Das Gespräch, sicherheitshalber sekundiert von Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, soll einen Burgfrieden bringen. Dass er hält, glaubt nicht jeder.
Seehofer hat außerdem für das Frühjahr Entscheidungen darüber angekündigt, wie es mit seinem Plan weitergeht, den künftigen CSU-Chef nach Berlin zu beordern. Söder hält von dieser Aufteilung der Macht überhaupt nichts.
Roter Wahlkampf: Wofür will die SPD kämpfen?
Es war ein sehr selbstbewusster Sigmar Gabriel, der am Montag vor die SPD-Bundestagsfraktion trat. Der Parteichef rechtfertigte nicht nur den Zeitplan für die Wahl des Kandidaten, sondern legte auch erste inhaltliche Schwerpunkte für den Wahlkampf vor. Gabriel vor den Abgeordneten: „Wir wollen nicht nur einen Kandidaten aufstellen. Wir wollen mehr: Wir wollen den Menschen sagen, worauf es in den kommenden Jahren ankommt. Was wir anpacken wollen. Wo wir das Leben in Deutschland besser machen wollen.“
Sieben konkrete Punkte nannte der Vorsitzende: Er begann mit der Familienpolitik, für die Ministerin Manuela Schwesig in der Koalition kämpft und von der sich Gabriel Rückenwind im Wahlkampf und Erfolge bei der Gruppe der Wählerinnen verspricht. Die SPD wolle Kinderarmut und Altersarmut bekämpfen, Familien und Alleinerziehende entlasten sowie die Gebühren für Kitas abschaffen – aber auch die für die Meister- und Technikerkurse, erklärte er den Abgeordneten.
Außerdem werde die SPD „guten Lohn für gute Arbeit ermöglichen“ und durch Investitionen dafür sorgen, dass die Infrastruktur in Deutschland ausgebaut und der Wirtschaftsstandort gestärkt werde. Auch in der Gesundheitspolitik versprach Gabriel mehr Gerechtigkeit: „Die Gesundheitsversorgung und die Pflege endlich für alle gleich gut statt vom Geldbeutel abhängig machen.“
Kanzlerin Angela Merkel warf der SPD-Chef vor, sie sei nur „angeblich“ eine große Europäerin. Merkel habe die Spaltung Europas „in den letzten zwölf Jahren nicht verhindert, sondern eher beschleunigt“. Die Sozialdemokraten dagegen wollten „ Europa neu zusammenführen“.
Bis zur Vorstandsklausur Ende Januar will Gabriel einen Entwurf für ein Wahlprogramm vorlegen. Danach sollen die SPD-Mitglieder in einer Befragung entscheiden, mit welchen Themen ihre Partei in den Wahlkampf zieht.
Die Machtoptionen der SPD: Große Koalition oder Dreierbündnis?
Mit Bundestagswahlkämpfen ohne echte Machtperspektiven haben die Sozialdemokraten schlechte Erfahrung gemacht. 2009 mit Frank-Walter Steinmeier und 2013 mit Peer Steinbrück mussten sie erleben, dass ihre Überzeugungskraft litt, weil es für eine rot-grüne Mehrheit den Umfragen zufolge keine realistischen Aussichten gab und die Linkspartei damals für die SPD als Regierungspartner noch nicht infrage kam. Wer aber den Anspruch erhebt, den Kanzler zu stellen, muss auch glaubwürdig darlegen können, woher im Bundestag die Stimmen für ihn kommen sollen.
Nach Lage der Dinge – Stand Mitte November – hat die SPD allenfalls in einem Bündnis mit Linkspartei und Grünen Chancen auf die Übernahme des Kanzleramts. Auch deshalb sondieren Bundestagsabgeordnete aller dreier Parteien seit Wochen mögliche Grundlagen einer Zusammenarbeit – und das mit Billigung von SPD-Chef Sigmar Gabriel. Der wertete die erste offizielle Zusammenkunft dadurch auf, dass er persönlich vorbeischaute.
Gabriel weiß aber auch: Auf dem Weg zu Rot-Rot-Grün sind riesige Hindernisse zu überwinden. Da ist zunächst die unklare Haltung der Linken zum Westbündnis und zu Europa: Während ein Teil die EU verteufelt, jeden Einsatz der Bundeswehr ablehnt und Deutschland aus der Nato herauslösen will, zeigen sich die Reformer der Partei kompromissbereit. Im Fall knapper Mehrheiten könnte sich ein SPD-Kanzler kaum von den Stimmen der Fundamentalisten in der Linksfraktion abhängig machen.
Zugleich ist offen, ob der Dritte im Bunde, die Grünen, im Ernstfall überhaupt zur Verfügung steht. Ein Teil der Partei liebäugelt offen mit Schwarz-Grün. Eine verlässliche Machtperspektive sieht anders aus.
Am Ende könnten die Sozialdemokraten in einem Parlament mit sechs Fraktionen also nur eine Wahl haben, wenn sie regieren wollen: wieder Juniorpartner der Union unter Angela Merkel zu werden. Diese Aussicht aber ist Gift für den Wahlkampf. SPD-Vize Ralf Stegner warnt, dann könne die SPD im Wahljahr gleich Schlaftabletten verteilen.
Die K-Frage der SPD: Was macht Sigmar Gabriel?
Sigmar Gabriel, Martin Schulz oder Olaf Scholz? Die SPD macht es spannend. Wer die Partei als Herausforderer von Angela Merkel in den Bundestagswahlkampf führen wird, will die SPD erst auf ihrer Vorstandsklausur Ende Januar klären. Bis dahin sollen auch die wichtigsten Forderungen für den Wahlkampf feststehen. Das bekräftigten die SPD-Spitzengremien am Montag. Auf diese Weise will die Partei den Eindruck vermeiden, sie lasse sich bei der Kandidatenkür von Union und Medien den Zeitplan diktieren. Es solle nicht heißen, die SPD werde „getrieben – von wem auch immer“, erklärte Generalsekretärin Katarina Barley nach der Sitzung des Parteivorstands fast schon trotzig.
Abwarten und cool bleiben – so versucht die SPD dem Druck zu begegnen, der seit der Erklärung von Angela Merkel noch gestiegen ist. Vielen in der Parteiführung ist jedoch bewusst, dass das langwierige Verfahren hohe Risiken birgt. Denn solange die Kanzlerkandidatur nicht geklärt ist, besteht die Gefahr, dass die Personaldebatte alle Inhalte überlagert. Der SPD droht ein Wintertheater, bei dem jeder Hinterbänkler Schlagzeilen macht, der sich zur K-Frage äußert.
Auch für die möglichen Kandidaten selbst ist das Verfahren riskant. Gabriel, dem als Vorsitzendem niemand in der SPD das Recht des ersten Zugriffs abspricht, muss achtgeben, dass er nicht als Zauderer abgestempelt wird. Als einer, der nicht weiß, was er will. Der sich die Belastungen des Amtes am Ende vielleicht gar nicht zutraut, weil er um die Vorbehalte der Wähler weiß. Dazu kommt: Kann die SPD den jetzt vielfach beschworenen Zeitplan doch nicht halten, dürfte dies auch auf den Vorsitzenden zurückfallen. Sollte er den Zeitplan selbst über den Haufen schmeißen, bestätigte er damit das ohnehin verbreitete Bild vom sprunghaften Parteichef. Das wiederum würde der Union allen Anlass liefern, Gabriel als unsicheren Kantonisten hinzustellen nach dem Motto: Wer seine eigenen Regeln nicht achtet, nimmt sich nicht ernst – und die Wähler dann erst recht nicht.
Für den Fall, dass Gabriel auf die Kandidatur verzichtet, gilt Martin Schulz als aussichtsreicher Aspirant. Doch je länger die K-Frage offen bleibt, umso mehr muss der 60-Jährige fürchten, in seiner Glaubwürdigkeit beschädigt zu werden. Denn Schulz tanzt derzeit auf mindestens zwei Hochzeiten, ist nicht nur als Kanzlerkandidat, sondern auch als Nachfolger von Frank-Walter Steinmeier als Außenminister im Gespräch und hält sich zudem die Option offen, als Präsident des Europaparlaments (EP) weiterzumachen. Zwar müsste der Sozialdemokrat laut dem Vertrag mit den Europäischen Volksparteien (EVP) seinen Stuhl eigentlich Mitte Januar für einen Konservativen räumen. Auch beharrt die EVP bisher auf Erfüllung der Abmachung. Doch sie kann bislang keinen überzeugenden Kandidaten präsentieren. Und Schulz hat in EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker einen mächtigen Fürsprecher. Deshalb ist offen, ob der Deutsche doch weiter die Geschicke Europas als Parlamentspräsident in Brüssel und Straßburg mitgestalten kann. Nicht allen in der SPD gefällt es, dass Schulz sich die Kanzlerkandidatur gleichsam als Ersatz für seinen EU-Job warmhält. Vor allem in der mächtigen NRW-SPD wächst Unmut, von „Kasperletheater“ ist die Rede. Auf der anderen Seite darf der Europapolitiker die Kandidatur nicht ausschließen – sonst stünden nur noch zwei Sozialdemokraten zur Auswahl: Gabriel und Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz. Sollte Gabriel nicht antreten und sich vom SPD-Vorsitz zurückziehen, dürfte auch er seinen Hut in den Ring werfen.
Andere Mehrheit: Was dürfen Union und SPD von den Grünen erwarten?
Die Grünen halten sich ihre Koalitionsoptionen nach der nächsten Bundestagswahl offen – auch mit der CDU unter Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Wir schließen diese Option nicht aus, aber wir schließen auch andere nicht aus“, sagte Parteichef Cem Özdemir am Montag. Die CDU habe in der Frage, mit wem sie in den Wahlkampf ziehe, damit der SPD etwas voraus. Die grüne Europa-Politikerin Rebecca Harms lobte: „Merkel hat ihre Partei mehr als jeder vor ihr in die Mitte geführt und hat die CDU modernisiert.“ In der Europapolitik, der Flüchtlingspolitik, der Klima- und Energiepolitik biete sie Anknüpfungspunkte.
Grünen-Chefin Simone Peter wirbt für einen „echten Politikwechsel“ und dafür zu „kämpfen, dass die Merkel’sche Kaputtsparpolitik in Europa, ihre verhängnisvolle Mutlosigkeit beim Klimaschutz und die wachsende Ungleichheit beendet werden.“
„Wir schließen auch Rot-Rot-Grün nicht aus, wir schließen auch nicht aus, dass es möglicherweise zu ganz anderen Dingen kommen wird oder eben dass wir in der Opposition landen“, sagte Özdemir weiter. Primäres Ziel seiner Partei sei es, bei der Wahl im kommenden Herbst stark zu werden. Die Grünen wollten keinen Lagerwahlkampf führen, sondern einen inhaltlichen, und freuten sich auf eine in der Sache harte Auseinandersetzung. Als Schwerpunktthema nannte er den Klimaschutz, dessen Ziele nicht verhandelbar seien. Die Partei setze sich zudem für den Tierschutz und eine artgerechte Landwirtschaft ein – und für den Abschied vom Verbrennungsmotor hin zum Elektromotor. Zudem dürfe in Europa nicht ausschließlich auf Sparpolitik gesetzt werden.
Investitionen seien notwendig, um nicht mehr Futter für rechtsextreme Parteien zu bieten.
Die Linke: Regierungswille oder Fundamentalopposition?
Angela Merkel erwartet, dass es zu einer rot-rot-grünen Koalition kommt, wenn es dazu rechnerisch reicht – die CSU warnt vor einer „Linksfront“. Bei den Linken bringt man sich für Rot-Rot-Grün zumindest schon mal in Stellung, unabhängig davon, ob das 2017 eine echte Option wird.
Thüringens Linken-Chef und Ministerpräsident Bodo Ramelow wünscht sich einen polarisierenden Wahlkampf: „Ich würde mich sehr freuen, wenn das Konservativ-Bürgerlich-Soziale und das Linksliberale wieder deutlicher als Alternativen erkennbar werden.“ Denn nach Ansicht der Linken hat Merkel den richtigen Zeitpunkt fürs Aufhören verpasst. Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte, auf Merkel treffe vielleicht der Satz zu: „Wer zu spät geht, den bestraft das Leben.“ Merkel habe mit ihrer Politik zwar große Verdienste erworben, aber sie sei auch verantwortlich für die soziale Spaltung in Deutschland.
Doch auch jenseits der rechnerischen Mehrheit gibt es unter Linkspolitikern auch inhaltliche Zweifel an einer Koalition mit SPD und Grünen – trotz der ersten Erfahrungen damit auf Landesebene in Thüringen und in Berlin.
Linken-Chef Bernd Riexinger hat ein Alleinstellungsmerkmal seiner Partei ausgemacht: „Die Linke ist die einzige demokratische Partei, die der dunklen Seite der Macht nicht verfallen ist und Merkels und Seehofers Herrschaft nicht verlängern wird.“ Damit wirft Riexinger Grünen und SPD vor, mit der Union regieren zu wollen – wenn sie nicht mit seiner Partei koalieren.
Die AfD: Was kommt von rechts?
In der AfD wird eine erneute Kanzlerkandidatur Angela Merkels als willkommenes Geschenk begrüßt. Parteichefin Frauke Petry sagte am Montag, als Bürgerin empfinde sie zwar „tiefes Unbehagen“ über diese Kandidatur. Als politische Konkurrentin gehe sie aber davon aus, dass diese ihrer eigenen Partei nutzen werde. Petry allerdings hat selbst mit Problemen zu kämpfen: Nach dem Willen des Parteivorstands soll sie nicht alleinige Spitzenkandidatin werden, sondern von einem „Spitzenteam“ eingerahmt werden.
... und die FDP: Schaffen's die Liberalen?
Ihre Chancen stehen nicht schlecht. Parteichef Christian Lindner und sein wichtigster Helfer Wolfgang Kubicki setzen auf Abstand zu Merkel, auch in der Flüchtlingspolitik. Sie wollen unzufriedene bürgerliche Wähler einsammeln, denen die AfD als Alternative dann doch zu degoutant erscheint.
Allerdings schwebt die FDP stets in Gefahr, in einem polarisierten Wahlkampf unterzugehen. Und anders als in den Ländern sind exotische Dreier-Farbenbündnisse wie „Jamaika“ auf Bundesebene nur schwer vorstellbar.
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