Demokratie im Aufwind: Afrika lehnt sich gegen seine ewigen Präsidenten auf
Vier Wahlen in Afrika im letzten Jahr geben Anlass zu Optimismus fürs neue. Und auch der Kampf gegen die ewigen Präsidenten auf dem Kontinent ist ein Zeichen für demokratischen Fortschritt.
Eigentlich könnte Blaise Compaoré ein warnendes Beispiel sein. Sein Versuch, Ende 2014 die Verfassung von Burkina Faso so zu ändern, dass er noch ein fünftes Mal Präsident hätte werden können, fegte ihn schließlich aus dem Amt und dem Land. Ein halbes Dutzend afrikanischer Präsidenten hat das wenig beeindruckt. Aber das Beispiel Burkina Faso erzählt viel darüber, wie Ernst es der Mehrheit der Afrikaner mit der Demokratie ist.
Zur Erinnerung: Nachdem Blaise Compaoré von Demonstranten im ganzen Land verjagt worden war, hatte das Militär versucht, die Macht an sich zu reißen. Aber die Demonstrationen hörten nicht auf. Erst als ein ziviler Übergangspräsident eingesetzt war, der die Anführer der Demonstranten mit in die Vorbereitungen für die Wahl in diesem Jahr einbezog, gaben sie sich vorerst zufrieden.
Die Armee gab aber noch nicht auf. Kurz vor dem geplanten Wahltermin in diesem Herbst putschte die Präsidentengarde in dem westafrikanischen Land erneut. Und wieder waren Tausende Menschen auf der Straße. Die Burkiner ließen sich ihre Demokratie nicht mehr nehmen. Am 29. November wurde aus einem Feld von 14 Kandidaten Roch Marc Kabaré zum Präsidenten gewählt.
Und noch drei Wahlen geben Anlass zu Optimismus. Anfang des Jahres sah es gar nicht so aus, als würde die Wahl in Nigeria eine Erfolgsgeschichte werden. Die islamistische Terrororganisation Boko Haram vergrößerte ihr Machtgebiet immer weiter, und dann erzwang die Armee die Verschiebung der Wahl. Das Misstrauen war groß.
Doch dann gewann der Oppositionskandidat Muhammadu Buhari gegen den amtierenden Goodluck Jonathan – und dieser akzeptierte die Niederlage. Die Wahlkommission hatte fast Unmenschliches geleistet, die daraus resultierende Glaubwürdigkeit der Wahl und das vernünftige Verhalten des Amtierenden haben Nigeria in diesem Jahr einen großen Schritt weiter gebracht.
Demokratischer Machtwechsel in Tansania
In Tansania hat zum dritten Mal in Folge ein friedlicher Machtwechsel stattgefunden. John Magufuli löst Jakaya Kikwete ab. Magufuli gehört zwar zur seit Jahrzehnten regierenden Mehrheitspartei, hat aber in den ersten Wochen seiner Präsidentschaft mit dem Verzicht auf Prunk und einem beachtlichen Feldzug gegen Korruption regelrechte Begeisterung im Land ausgelöst. Und das, obwohl die Wahl auf Sansibar für ungültig erklärt worden ist, weil es massive Unregelmäßigkeiten gab. Die Insel genießt weitgehende Autonomie, will aber ganz unabhängig werden - und ist inzwischen stark durch islamistische Gruppen radikalisiert.
Wahl in der Elfenbeinküste war sauber und eindeutig
Die Wahlen in der Elfenbeinküste, die vor fünf Jahren einen monatelangen Bürgerkrieg ausgelöst hatten, sind in diesem Jahr ebenfalls sauber und eindeutig verlaufen. Präsident Alassane Ouattara hat gewonnen und kann sich noch für eine zweite Amtszeit bewähren. Selbst die Proteste gegen die verfassungswidrige dritte Amtszeit für den burundischen Präsidenten Paul Nkurunziza sind ein Zeichen für den Kampf um die Demokratie. Umso bitterer, dass Nkurunziza nun die Opposition mit seinem Geheimdienst und Gewalt zum Schweigen bringt.
Nkurunziza hat alle Tricks genutzt, um an der Macht zu bleiben. Schon im Frühjahr 2014 hatte er angekündigt, dass er noch einmal antreten wolle. Er versuchte über das Parlament eine Änderung der Verfassung durchzusetzen, also die Vorgabe, nur zwei Amtszeiten zu regieren, streichen zu lassen. Obwohl seine Partei eine große Mehrheit im Parlament hat, gelang ihm das nicht. Daraufhin zog er sich auf die Argumentation zurück, dass er beim ersten Mal vom Parlament und nicht vom Volk gewählt worden sei.
Dieser Argumentation folgte das Oberste Gericht, nachdem der Vize-Präsident mit Todesdrohungen zur Flucht aus dem Land getrieben worden war. Im Juli ließ sich Nkurunziza zum dritten Mal wählen, die Opposition hatte die Wahl boykottiert, und die Welt hat die Wahl als nicht akzeptabel kritisiert. Derzeit verhandelt Nkurunzizas Regierungspartei mit einigen Vertretern der Opposition im benachbarten Uganda über ein Ende der politischen Morde an Oppositionellen - oder auch Menschen, die einfach nur in der Nähe von Menschen wohnen, die im Frühjahr gegen Nkurunzizas Verfassungsbruch auf die Straße gegangen waren.
Der in Kenia lebende Karikaturist Gado hat die Friedensbemühungen von Ugandas Präsident Yoweri Museveni ironisch so kommentiert: Er lässt Museveni sagen: "Du Nkurunziza darfst nicht ein drittes Mal antreten; das ist mein Job" und weiter: "Und Ihr Rebellen, Ihr könnt nicht in den Busch zurückkehren. Das war mein Job." und schließlich: "Und jetzt: Lächelt und schüttelt Euch die Hände."
Damit spielt Gado darauf an, dass Museveni, der seit 1986 regiert im Jahr 2005 eine Verfassungsänderung durchsetzte, um die Amtszeitbegrenzung abzuschaffen. Mittlerweile genießt der ehemalige Rebellenführer seine vierte gewählte Amtszeit - und ein Ende ist nicht in Sicht. In diesem Jahr tritt der nimmermüde Museveni wieder an. Übrigens war es Museveni, der 1986 den Satz gesagt hat, der in den 1990er Jahren in vielen afrikanischen Verfassungen zu Amtszeitbegrenzungen geführt hat: "Das Problem Afrikas sind nicht die Leute sondern die Anführer, die viel zu lange an der Macht bleiben wollen."
Am Freitag hat der ruandische Präsident Paul Kagame angekündigt, 2017 zum dritten Mal als Präsident zu kandidieren. Die Probleme von Nkurunziza hatte er nicht. Schon seit Monaten hatte seine Partei massenhaft Petitionen von Ruanders mobilisiert, die forderten, dass Kagame im Amt bleiben möge. Schon im Sommer hat das Parlament die Amtszeitbegrenzung in der Verfassung abgeschafft.
Vor wenigen Tagen haben die Ruander in einem Referendum, das keine zwei Wochen nach seiner Verkündung abgehalten wurde, mit überwältigender Mehrheit beschlossen, dass Kagame noch bis 2034 regieren darf, wenn er dazu Lust hat. Damit kokettiert der faktisch seit 1994 regierende Kagame immer mal wieder, dass er womöglich auch noch mal etwas anderes machen könnte.
In Zentralafrika ist der Kampf um die Amtszeiten in vollem Gang
Zwei weitere Länder in Zentralafrika streiten über das gleiche Thema, wobei der Präsident der Republik Kongo, Denis Sassou N'Guesso, bereits am Ziel ist. In einem Referendum haben die Kongolesen akzeptiert, dass der nun auch schon seit 31 Jahren regiert - dazwischen war er mal fünf Jahre weg vom Fenster - in diesem Jahr erneut zum Präsidenten gewählt werden wird.
Sein Nachbar, Joseph Kabila, hat den Kampf in der Demokratischen Republik Kongo noch nicht gewonnen. Schon seit einem Jahr gehen immer wieder Tausende gegen eine dritte Amtszeit für Kabila auf die Straße. Dass er verzichten könnte, ist allerdings trotzdem nicht zu erwarten.
Das von sechs Universitäten und Forschungsinstituten gemeinsam betriebene Umfrageinstitut Afro-Barometer hat im Frühjahr 2015 eine Studie darüber vorlegt, wie die Einwohner in mehr als 30 afrikanischen Staaten zu Amtszeitbegrenzungen stehen. Das Ergebnis, mehr als 75 Prozent halten eine Amtszeitbegrenzung für richtig. Nur eine kleine Minderheit ist der Meinung, dass aus Gründen der Stabilität längere Amtszeiten von Vorteil wären.
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