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Am Freitag haben sich Gegner des Militärregimes in Burkina Faso trotz eines Demonstrationsverbots immer wieder gesammelt, um ihren Widerstand gegen den Militärputsch zu zeigen. Im Hintergrund brennen Barrikaden.
© Joe Penney/REUTERS

Neue Krise in Westafrika: Militärputsch in Burkina Faso

Kurz vor der Wahl übernehmen Vertraute des gestürzten Präsidenten die Macht. Die Folge sind Unruhen. Der Coup wird international einhellig verurteilt.

Ein knappes Jahr nach dem Sturz von Blaise Compaoré als Präsident in Burkina Faso hat das Militär die Macht in dem westafrikanischen Land übernommen. Am Donnerstag hat die etwa 1200 Mann starke Präsidentengarde Compaoré ehemalige „rechte Hand“, Gilbert Diendéré, zum Chef eines Übergangs-Militärregimes gemacht. Schon am Mittwoch hatte die Präsidentengarde eine Kabinettssitzung gestürmt und den Übergangspräsidenten Michel Kafondo sowie seinen Premierminister Isaac Zida und zwei weitere Minister festgesetzt.

Trotz einer Ausgangssperre kam es zu Demonstrationen gegen das Militärregime, bei denen mindestens drei Menschen getötet und eine unbekannte Zahl von Protestierenden verletzt wurden. Unklar ist, wie viele Demonstranten festgenommen worden sind. Die Bürgerrechtsorganisation Balai Citoyen, die vor einem Jahr die Proteste gegen Compaoré angeführt hatte, hatte zum Widerstand gegen den gewaltsamen Machtwechsel aufgerufen. Sie berichtete von mindestens zehn toten Demonstranten.

Am Freitag meldeten zwei Radios in Burkina Faso, dass die Politiker freigelassen werden sollten. Allerdings war nur die Rede von Michel Kafondo, und es gab bis zum Mittag keine Bestätigung dafür, dass die "Geiseln", wie die Vereinten Nationen die Politiker genannt hatte, wirklich frei gelassen worden sind. Imad Mesdoua, Analytiker bei Africa Matters, einem Unternehmen, das Risikoanalysen für Investoren in Afrika macht, war in seiner Einschätzung deshalb auch weiterhin vorsichtig. Es verdichteten sich aber die Anzeichen, dass zumindest Kafondo freigelassen wurde, um die Gespräche mit den Vermittlern von Ecowas und Afrikanischer Union in einem besseren Klima führen zu können. Isaac Zida dagegen soll unter Hausarrest stehen, meldete ein örtlicher Radiosender.

Am Freitag reisten der aktuelle Chef des westafrikanischen Staatenbunds Ecowas, Senegals Präsident Macky Sall, und sein Kollege aus Benin, Boni Yayi, nach Burkina Faso, um zwischen den neuen Machthabern, der Übergangsregierung und der Zivilgesellschaft Vermittlungsgespräche zu führen. International ist der Putsch scharf verurteilt worden. Der UN-Sicherheitsrat verurteilte den Coup. Außenminister Frank- Walter Steinmeier (SPD) verurteilte die Absetzung der Übergangsregierung ebenso wie die Afrikanische Union und die westafrikanische Regionalorganisation Ecowas. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte am Donnerstag die „unverzügliche Freilassung der Geiseln“. Am Nachmittag sagte der neue starke Mann Diendéré dem Magazin „Jeune Afrique“, die Politiker seien bei „guter Gesundheit“ und „würden bald freigelassen“.

Der neue starke Mann in Burkina Faso, General Gilbert Diendéré, war die rechte Hand des gestürzten Langzeitpräsidenten Blaise Compaoré. Das Foto zeigt ihn im Präsidentenpalast am Tag nach der Machtübernahme.
Der neue starke Mann in Burkina Faso, General Gilbert Diendéré, war die rechte Hand des gestürzten Langzeitpräsidenten Blaise Compaoré. Das Foto zeigt ihn im Präsidentenpalast am Tag nach der Machtübernahme.
© Ahmed Ouoba/AFP

Die Präsidentengarde, die Compaoré nach seiner Machtübernahme 1987 aufgebaut hatte, blieb dem ehemaligen Präsidenten über seinen Sturz hinaus loyal. Am Donnerstag hatte ein Sprecher der Präsidentengarde angekündigt, die „politische Ordnung wiederherzustellen“. Am Donnerstagnachmittag erklärte sich Parlamentssprecher Cherif Sy selbst zum Präsidenten. Er hatte zuvor erklärt: „Das Volk wird den Coup nicht akzeptieren.“
Vor einem knappen Jahr hatte ein Volksaufstand – rund eine Million der 17 Millionen Einwohner Burkina Fasos waren auf den Straßen – Compaoré, der 1987 durch einen Coup an die Macht gekommen war, aus dem Amt gejagt, weil er das Parlament dazu zwingen wollte, ihm eine verfassungswidrige dritte Amtszeit zu genehmigen. Compaoré lebt in der Elfenbeinküste im Exil.

Die Übergangsregierung hatte nach Compaoré Sturz innerhalb eines Jahres versprochen. Sie hätten am 11. Oktober stattfinden sollen. Allerdings hatte das Parlament – mit großer öffentlicher Unterstützung – ein Wahlgesetz verabschiedet, das Anhänger von Compaoré von der Wahl ausgeschlossen hätte. Am Montag veröffentlichte die Versöhnungskommission zudem einen Bericht, in dem die Auflösung der teilweise in den USA ausgebildeten Präsidentengarde gefordert wird. Das war wohl der Auslöser für den Putsch.

Burkina Faso ist 1960 unabhängig geworden. Davor war das Land eine französische Kolonie. Bis zur Machtübernahme durch Thomas Sankara hieß das Land Obervolta. Sankara, der in Afrika und anderswo als "afrikanischer Che Guevara" verehrt wird, hat dem Land seinen heutigen Namen gegeben: Burkina Faso, das "Land der aufrechten Männer". Trotz seiner Goldressourcen gehört Burkina Faso weiter zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt. Die Vereinten Nationen führen Burkina Faso auf Platz 181 im Index der menschlichen Entwicklung.

In Deutschland ist Burkina Faso vor allem deshalb ein Begriff, weil der verstorbene Theaterregisseur Christoph Schlingensief in der Nähe der Hauptstadt Ouagadougou ein "Operndorf" errichten wollte, was seine Frau nun umzusetzen versucht. Das ist wohl auch der Grund dafür, warum Burkina Faso schon lange auf der Besuchsliste des Bundespräsidialamtes stand. Schon Horst Köhler wollte hinfliegen - trat aber vor dem Besuchstermin von seinem Amt zurück. Das gleiche wiederholte sich mit Christian Wulff. Erst Joachim Gauck hat Ouagadougou schließlich seine Aufwartung gemacht. Außerdem hat Peer Steinbrück (SPD), damals noch Finanzminister der ersten großen Koalition, Ouagadougou zu Unrecht mit Steueroasen in Verbindung gebracht.

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