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Scheinbar jeder in der Politik wollte die "Schlecker-Frauen" retten - aber wie sinnvoll ist das?
© dpa

Nach der Insolvenz: Nicht nur die Schlecker-Frauen brauchen Hilfe

SPD und CDU inszenieren sich beim Fall Schlecker als Retter der Frauen - und machen damit Symbolpolitik. Die strukturelle Benachteiligung der Frauen geht die Regierung aber weiter nicht an.

Für die Schlecker-Mitarbeiterinnen war es ein schwarzer Tag. Bis zur letzten Minute hatten die Bundesländer um Staatshilfe für die insolvente Drogeriekette gerungen, am Donnerstagnachmittag verkündete Baden-Württemberg das Scheitern der Verhandlungen. Eine Auffanggesellschaft für die vor der Kündigung stehenden Beschäftigten wird es wegen des Widerstands der FDP nicht geben. Mehr als 11 000 Schlecker-Frauen verlieren ihren Arbeitsplatz. Dabei hatten sich fast alle auf ihre Seite geschlagen. 13 Landesregierungen, unterstützt von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, wollten bürgen, damit den Mitarbeiterinnen über Transfergesellschaften der Übergang in einen neuen Job erleichtert wird.

Die Schlecker-Frauen, für die sich jahrelang kaum jemand interessiert hatte, sie standen plötzlich im Mittelpunkt. Abgesehen von ein paar Skandalen – heimliche Überwachung oder Lohndumping – hatten sie ihr Dasein in den engen Filialen weitgehend unbemerkt gefristet. Unter fahlem Neonlicht, meist allein, räumten sie Regale ein und aus, kassierten, Voll- oder Teilzeit, um ihre Familien zu ernähren. Schlecker, das war ein Job, der auch mit Kindern zu vereinbaren war oder mit geringer Qualifikation. Einer, den man auch im Alter noch schaffen konnte, der solide bezahlt war. Und einer, der keinerlei Aufstiegschancen bot.

Es hätte gute Gründe für die Politik gegeben, den Schlecker-Frauen zu helfen. Denn sie verlieren Jobs mit unbefristeten Verträgen und Tariflohn. Ihre Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt deuten in Richtung Leiharbeit und Minijob. Der Altersdurchschnitt bei Schlecker liegt bei Ende 40, viele der Frauen arbeiten Teilzeit.

Die Transfergesellschaften, die die Länder auf den Weg bringen wollten, wären sinnvoll gewesen. Die Frauen wären nicht sofort arbeitslos geworden, die intensive Betreuung hätte ihre Chancen auf eine neue Stelle erhöht. Auch den 14 000 Mitarbeitern, die zunächst ihren Job behalten, hätte dies geholfen. Denn noch sind auch ihre Arbeitsplätze nicht gerettet. Schlecker braucht einen Investor, und für diesen hätte die Transfergesellschaft Rechtssicherheit geschaffen, weil sie Kündigungsklagen verhindert.

Die Politik, allen voran Ursula von der Leyen, Ministerin und Mutter von sieben Kindern, wollte die Insolvenz von Schlecker nutzen, um sich als Retter der Frauen zu inszenieren. Doch solche Symbolpolitik kann nicht verschleiern, dass die Regierung es versäumt, strukturelle Probleme anzugehen. Immer noch verdienen Frauen in Deutschland trotz gleicher Arbeit weniger als ihre männlichen Kollegen, schaffen es seltener in Führungspositionen, obwohl sie an den Universitäten den Männern längst den Rang ablaufen, stehen deutlich häufiger in prekären Arbeitsverhältnissen und sind deshalb stärker von Altersarmut betroffen.

Der Fall Schlecker zeigt, dass die Probleme bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf mitnichten nur Frauen betreffen, die in Führungsetagen streben. Deshalb muss die Regierung endlich die Kinderbetreuung ausbauen, damit Mütter guten Gewissens arbeiten können und Frauen im Alter wegen gebrochener Erwerbsbiografien nicht abhängig werden von staatlicher Unterstützung. Und deshalb gehört das jüngst beschlossene Betreuungsgeld abgeschafft, das besonders Frauen mit geringem Einkommen motivieren könnte, ihren Job aufzugeben. Die Hilfe für die Schlecker-Beschäftigten wäre richtig gewesen. Die Lage der Frauen im Land verbessern punktuelle Rettungsaktionen aber nicht.

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