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Preisfrage: Wer nimmt einen Bären mit nach Hause?
© ddp/Alex Schmidt

Wettbewerb der Berlinale: Preisfrage: Wer kriegt die Bären?

Die Preisverleihung rückt näher, doch die Berlinale 2016 scheint ein Wettbewerb ohne Top-Favoriten zu sein. Aber dafür gibt es einen echten Geheimtipp - und unsere Kritiker zeigen, welche Filme sie favorisieren.

Als Meryl Streep, lange zehn Tage – und neun lange Nächte – ist es her, bei der Vorstellung ihrer Jury stolz darauf hinwies, vier der sieben Mitglieder seien Frauen, da hatte sie nur eine der beiden absoluten Mehrheiten im Sinn. Klar, da flankieren sie die Regisseurin Małgorzata Szumowska, die Fotografin Brigitte Lacombe und die Schauspielerin Alba Rohrbacher. Die andere 4:3-Binnenmehrheit aber stellen die Schauspieler: Neben Streep und Rohrbacher sind, männlicherseits sauber quotiert, Clive Owen sowie Lars Eidinger am Start. Hinzu kommt, womöglich das Argumentationszünglein an der Waage, der britische Filmkritiker Nick James.

Sollte sich das tolle Schauspielen als Top-Kriterium durchsetzen, dann könnten in einem Jahrgang ohne absoluten Top-Favoriten gleich fünf Konkurrenten um den Goldenen Bären rangeln: Mia Hansen-Løves „L’avenir“ mit Isabelle Huppert, Jeff Nichols’ „Midnight Special“ mit Michael Shannon und einem sehr homogenen Cast, ebenso André Téchinés Coming-out-Drama „Quand on a 17 ans“ mit Kacey Mottet Klein und Corentin Fila sowie Thomas Vinterbergs „Kollektivet“ mit Trine Dyrholm – und vielleicht sogar Michael Grandages „Genius“, in dem zumindest Colin Firth eine fabelhafte Figur macht.

Und wer hat nun die besten Chancen?

Aber da sind ja noch die Berlinale-typischen Politthemen, wichtige zumal. Hier hat Gianfranco Rosis Flüchtlings-Doku „Fuocoammare“ zumindest viele Kritiker weithin erschüttert, und der Film über den Alltag auf Lampedusa verfügt zudem über einen kleinen Jungen, der im Lauf der Langzeitbeobachtung gewisse schauspielerische Qualitäten entwickelt. Zumindest latent politisch relevant sind auch, im Festival-Kurzsprech, der Iraner, der Bosnier und der Tunesier ausgefallen. Und was ist mit „24 Wochen“, Anne Zohra Berracheds heftigem Spätabtreibungsdrama, dem einzigen deutschen Wettbewerbsbeitrag, noch dazu von einer RegisseurIN? Das dürfte die Jury intensiver beschäftigen, nicht zuletzt wegen des Protagonistenpaars Julia Jentsch und Bjarne Mädel.

So bewerten unsere Kritikerinnen und Kritiker die Filme der Berlinale.
So bewerten unsere Kritikerinnen und Kritiker die Filme der Berlinale.
© Tagesspiegel

Bevor hier nun aber, als chancenreich etwa für die Kategorie „Spielfilm, der neue Perspektiven eröffnet“, die noch unerwähnten acht Titel im Kaffeesatz landen, hier der Geheimtipp eines geschätzten „Stern“-Kollegen, dem ich mich vorbehaltlos anschließe: Goldener Bär für „A Lullaby to the Sorrowful Mystery“ von den Philippinen! Hübsch jedenfalls die Vorstellung, der Achtstünder wird dann als Preisträgerfilm gleich nach der Bärenverleihung vorgeführt – und die geladenen Gala-Gäste harren gebannt, kleine Pause inklusive, bis andernmorgens um sechs vor der Leinwand aus.

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