Flug zur ISS: Deutscher Astronaut Gerst freut sich auf die Quarantäne
Die Ausbildung ist bestanden, die Koffer sind gepackt. Der deutsche Astronaut Alexander Gerst beendet das Training für seine Mission auf der Raumstation ISS in blendender Laune.
Nach intensivem Training für seine zweite Weltraummission hofft der deutsche Astronaut Alexander Gerst auf ein paar ruhige Tage vor dem Start zur Internationalen Raumstation (ISS). „Ehrlich gesagt freue ich mich auf die Quarantäne“, sagte er am Montag im Kosmonautenausbildungszentrum bei Moskau.
„Wir hatten in den letzten drei Wochen sieben Prüfungen. Da ist einiges liegen geblieben.“ In Baikonur könne er - abgeschirmt von der Umwelt - sicher noch Dinge abarbeiten. Routinemäßig verbringen Raumfahrer die letzten Tage vor dem Start zur ISS in Quarantäne, damit sie keine Infektionen mit auf die Station nehmen.
Der erste Deutsche, der auch Kommandeur wird
Gerst fliegt am 6. Juni vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan aus zur ISS. Bis Dezember soll der 42-jährige Astronaut der Europäischen Raumfahrtagentur Esa auf dem Außenposten der Menschheit rund 400 Kilometer über der Erde arbeiten. Für einige Monate soll er zudem als erster Deutscher das Kommando übernehmen. Dafür habe er einiges nebenher zu organisieren, erklärte Gerst.
Seiner Aufgabe als Kommandant sehe er mit großem Respekt entgegen, betonte Gerst. „Wenn ich es hinbekomme, dass wir unser Programm durchführen und dass wir als Freunde zurückkommen, dann ist das für mich eine großartige Mission geworden“, sagte er. Mit seinen Kollegen, dem Russen Sergej Prokopjew und der US-Amerikanerin Serena Auñón-Chancellor, sei er auf dem besten Weg, dass das gelingt. „Es ist eine große Ehre, dass die internationalen Partner uns als Esa die Verantwortung für die Raumstation geben“, sagte Gerst. Die größten Geldgeber für das fliegende Labor sind die USA und Russland.
2014 gab er spannende Einblicke über Twitter
Der Geophysiker aus Künzelsau in Baden-Württemberg war bereits 2014 für ein halbes Jahr auf der Raumstation. Damals war er der elfte deutsche Raumfahrer und der dritte Deutsche auf der ISS. Bei seiner damaligen Mission „Blue Dot“ wurde er zum Popstar, weil er unterhaltsam über den Astronautenalltag twitterte. Auch bei seiner neuen Mission „Horizons“ dürfte „Astro_Alex“ - so sein zum Spitznamen gewordener Twittername - wieder lebhafte Einblicke gewähren.
In den kommenden Tagen fliegen Gerst, Prokopjew und Auñón-Chancellor von Moskau nach Baikonur. Die Stimmung nach dem harten Training und den Prüfungen war gelöst im Sternenstädtchen außerhalb von Moskau. Im dunklen Anzug mit hellblauer Krawatte, weißem Einstecktuch und einem goldenen Raumfahrer am Revers beantwortete Gerst in fließendem Russisch Fragen der Presse. Später fuhr die Crew zum Roten Platz, um am Grab des Raumfahrtpioniers Juri Gagarin Blumen niederzulegen - ein Pflichttermin für Raumfahrer in Russland.
Tierwanderungen sollen aus dem All beobachtet werden
Gerst schloss nicht aus, in seinen gut sechs Monaten im All selbst in den Raumanzug zu schlüpfen und einen Außeneinsatz zu absolvieren - allerdings nicht bei dem für August geplanten Einsatz. Dann soll die Ausrüstung für das deutsch-russische Projekt „Icarus“ an der Außenwand der ISS angebracht werden. Es soll Forscher helfen, Wanderungen von Tieren weltweit zu beobachten. Der Einsatz werde von den russischen Kollegen übernommen, sagte Gerst. „Ich werde sie unterstützen, aber ich werde nicht in den Raumanzug steigen.“
Auch von US-Seite seien Einsätze zu erwarten. „Meine Erfahrung aus dem letzten Flug ist: Du weißt erst, dass du einen Außeneinsatz machst, wenn du die Luke (hinter dir) schließt.“ Es könnten immer technische Dinge dazwischen kommen, erklärt er. „Wir warten ab. Wir sind bereit“, sagte Gerst mit Blick zu seiner US-Kollegin.
WM-Spiele wird er in der Aufzeichnung sehen
Außeneinsätze, Wartung der Station und Hunderte Experimente in der Schwerelosigkeit stehen für Gerst und seine Kollegen auf der Agenda. Daneben wartet auch ein völlig irdisches Highlight: Die Fußball-Weltmeisterschaft vom 14. Juni bis 15. Juli in Russland. Bei der WM 2014, als Gerst zum ersten Mal auf der ISS war, habe er einige Spiele live gesehen, weil sie erst nach seinem Feierabend liefen, erinnert er sich. „Jetzt wird das etwas schwieriger, weil vieles in unserer Arbeitszeit sein wird.“ Aber er könne sich sicher abends Aufzeichnungen ansehen. „Wir verfolgen das ganz bestimmt und freuen uns sehr drauf.“ Thomas Körbel/dpa