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All-Tag. Der deutsche Astronaut Alexander Gerst arbeitete schon 2014 an der Internationalen Raumstation ISS. 2018 darf er wieder dorthin zurückkehren.
© picture alliance / dpa

Bemannte Raumfahrt: Schwarz-Rot-Gold im All

2018 fliegt Alexander Gerst wieder zur Raumstation ISS. Bald darauf soll eine Frau aus Deutschland folgen. Die Kosten von 30 bis 40 Millionen Euro sollen Sponsoren aufbringen, etwa aus der Kosmetik- und Sportartikelindustrie.

In zwei Jahren fliegt der Astronaut Alexander Gerst wieder zur Internationalen Raumstation (ISS), das wurde vor wenigen Tagen bekannt. Sechs Monate wird er an Bord sein, drei davon als Kommandant. Der nächste Besuch aus Deutschland im himmlischen Außenposten könnte dann eine Astronautin sein. 2019 oder 2020 soll erstmals eine Frau mit schwarz-rot-goldenem Aufnäher auf dem Overall in die Station gelangen. Das hofft Claudia Kessler, Initiatorin des Projekts „Die Astronautin“, das mit Hilfe von Sponsoren endlich eine Frau auf außerirdische Mission schicken will. Dass bisher elf Männer auf der Liste der deutschen Raumfahrer stehen, aber noch keine Frau, sei „eine Schande“, sagt Kessler.

Nach ihrem Aufruf vom März haben sich 408 Bewerberinnen gemeldet. „Es gibt viele Frauen und es gibt gute Frauen, die für diesen Job geeignet sind“, sagt sie mit einem Seitenhieb auf die europäische Raumfahrtagentur Esa, bei der auch Gerst angestellt ist. Er hatte es bei der letzten Auswahlrunde im Jahr 2009 bis ins Finale geschafft – gemeinsam mit vier weiteren Männern aus Dänemark, Italien, Großbritannien, Frankreich sowie einer Italienerin. Von den 310 deutschen Bewerberinnen kam keine in die Endrunde.

Zwei Jahre Training - auch für Notlagen wie Feuer und Druckverlust

„Ganz tolle Frauen“, schwärmt Kessler von den aktuellen Bewerbungen. Medizinerinnen, Chemikerinnen, Ingenieurinnen seien dabei, ebenso Pilotinnen von Lufthansa und der Bundeswehr. Derzeit werden die Unterlagen gesichtet und nach einem Anforderungskatalog bewertet. Vorausgesetzt wird ein abgeschlossenes Studium sowie Berufs- und Lebenserfahrung. Die Ausbildung dauert zwei Jahre und erfolgt unter anderem in Houston, Köln und im Sternenstädtchen bei Moskau, in dem Nachbauten der ISS-Module stehen und Raumfahrer alle erdenklichen Situationen trainieren, auch Notlagen wie Feuer oder Druckverlust.

Anspruchsvolle Sportarten wie Fallschirmspringen oder Tauchen bringen den Bewerberinnen Extrapunkte, ebenso Präsentationsfähigkeiten – schließlich soll die Mission über Sponsoring finanziert werden, die Astronautin soll also einen möglichst positiven Eindruck vermitteln. Feste Werbepartner gebe es noch keine, sagt Kessler, die im Hauptberuf eine Personaldienstleistungsfirma für die Raumfahrtbranche leitet. „Ich führe erste Gespräche mit Vertretern der Kosmetikindustrie, aus der Luft- und Raumfahrtbranche, sowie Herstellern von Sportartikeln und Nahrungsmitteln.“ Die Werbung solle dezent platziert werden, der Overall der Astronautin werde nicht aussehen wie der eines Formel-1-Fahrers oder ein Fußballtrikot, sagt sie.

Charité-Mediziner Gunga plant bereits das Forschungsprogramm

Der Weltraummediziner Hanns-Christian Gunga von der Berliner Charité erarbeitet derzeit ein Forschungsprogramm für den sieben- bis zehntägigen Flug und dessen Wirkung auf den weiblichen Körper. Darin sind unter anderem Experimente zur Reaktion des Herz-Kreislauf-Systems, des Hormonsystems und psychologische Studien zum Verhalten in dem Mikrokosmos ISS vorgesehen.

Kessler hofft, dass die Experimente durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Esa unterstützt werden – beispielsweise bei der Vorbereitung und Koordination während des Fluges oder die Erlaubnis, dass die Raumfahrerin dafür das europäische Forschungsmodul „Columbus“ auf der ISS benutzen darf. Eine Zusage gibt es bisher nicht. Allerdings gibt es zurzeit Verhandlungen darüber, inwiefern die Weltraummediziner des DLR bei der Auswahl der Kandidatinnen beraten. Im Frühjahr 2017 soll das Training beginnen.

Flug mit "Sojus" oder "Dragon"

Die großen Posten – Ausbildung und Flug – müssen in jedem Fall selbst bezahlt werden. 30 bis 40 Millionen Euro veranschlagt Kessler dafür. Für den Transport kommt aus ihrer Sicht neben der russischen „Sojus“-Kapsel auch das „Dragon“-Raumschiff des US-Unternehmens SpaceX infrage, das in wenigen Jahren Flüge zur ISS anbieten will. Erfahrungsgemäß zu Kampfpreisen, das käme der Initiative „Die Astronautin“ sehr gelegen.

Ob Kessler das nötige Geld zusammenbekommt, muss sich zeigen. Die staatlich finanzierte Raumfahrt hat es da einfacher, ist aber auch mit dem Vorwurf der Verschwendung von Steuergeld konfrontiert. Insgesamt gibt die Bundesregierung 2016 rund 1,4 Milliarden Euro aus, auf die bemannte Raumfahrt entfallen 173 Millionen Euro. Der größte Teil davon geht in das ISS-Programm, in dem Experimente in Medizin, Biologie, Physik und Materialwissenschaften gemacht werden.

Ein weiterer deutscher Astronaut zur Esa? Offenbar doch nicht

Keiner behauptet ernsthaft, dass die durchaus nützlichen Ergebnisse der Versuche auf der Raumstation alleine die immensen Kosten rechtfertigen: Russland veröffentlicht keine Zahlen, allein der „westliche“ Teil der Station hat mehr als 100 Milliarden Dollar gekostet. Die bemannte Raumfahrt enthält stets eine kulturelle Komponente, den Drang des Menschen, Grenzen zu verschieben und Neues zu entdecken. „Wer war zuerst auf dem Mond?“, fragt Gerst manchmal, wenn er auf die hohen Kosten angesprochen wird. „Armstrong“, sagen dann viele. Nein, es sei die russische Sonde Lunik 2 gewesen, die bereits 1959 auf der Oberfläche aufsetzte, entgegnet der Astronaut dann. „Das zeigt, dass es einen großen Unterschied macht, ob wir ein Gerät irgendwo hinbringen oder doch einen Vetreter unserer Spezies.“

Für ihn beginnt bald das Training für den zweiten Raumflug. Für einen weiteren Kandidaten bedeutet die Entscheidung einen herben Rückschlag: Vor gut einem Jahr hatte der damalige Chef des DLR und heutige Esa-Generaldirektor Johann-Dietrich Wörner angekündigt, Deutschland wolle einen weiteren Astronauten ins Esa-Astronautenkorps bringen. Ein Name wurde nicht genannt, doch man hatte offenbar einen viel versprechenden Kandidaten aus Gersts Bewerbungsrunde im Blick. Die Chance, 2018 zur ISS zu fliegen, ist für ihn dahin.

Vielleicht fliegt bald ein Europäer mit Chinesen ins All

Allerdings ist die Raumstation nicht das einzige Ziel, das Europa im Blick hat. Die Chancen stehen gut, dass 2021 ein Esa-Astronaut beim ersten Flug des neuen US-Raumschiffs „Orion“ um den Mond dabei sein wird. Gerst, gerade 40 geworden, hat mehrfach klar gemacht, dass er mitfliegen will; Deutschland als wichtigster Beitagszahler in der Esa hätte auch eine gewichtige Stimme in der vorrangig politischen Entscheidung über das Mondticket. Ob das reicht – oder ob sich Gerst mit der „Kommandanten-Ehre“ zufrieden geben muss, wird man sehen.

Zum anderen gibt es seit Jahren Kooperationen zwischen der Esa und China, einige Astronauten lernen bereits Chinesisch. Es ist also gut möglich, dass demnächst ein Europäer auch bei einer chinesischen Mission mitfliegt.

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