Impfplicht-Talk bei Anne Will: „Ich würde mich auch vom Tierarzt boostern lassen“
Sorgenvolle Mienen bei Anne Will: Das Coronavirus plagt weiter das Land, eine Impfpflicht soll Abhilfe schaffen. Die Ampel blinkt in Richtung Impfpflicht.
Gerade hatte Christian Lindner auf dem Parteitag der FDP eine neue Formel für die Freiheit gefunden. Freiheit, sagte er, werde „durch hohe Impfquote erst erreicht“. Weder Freiheit noch Gesundheitsschutz könnten „absolut gesetzt werden“. So nähern sich auch die Freien Demokraten tendenziell der Pflicht zur Impfung, über die der Bundestag vermutlich Anfang 2022 abstimmt.
Am Abend nach dem Parteitag lautete das Motto der ARD-Runde bei Anne Will: „Impfpflicht und Lockdown für Ungeimpfte – gewinnen Bund und Länder so die Kontrolle zurück?“ Somit ging es in der Talksendung einmal mehr um die Geimpften, die Ungeimpften und den Hauptakteur, das Coronavirus.
[Lesen Sie zudem: Die heimlichen Kollaborateure des Virus – fünf Gründe, warum manche Menschen an COVID-19 sterben - und andere nicht (T+)]
Für die FDP war Konstantin Kuhle eingeladen, Mitglied im Bundesvorstand. Sein Plädoyer für das Impfen ist zwar beherzt: „Ich würde mich auch vom Tierarzt boostern lassen.“ Doch Kuhle will vor allem „alles tun“, um einen Lockdown zu verhindern. Bloß nicht die Restaurants und Läden schließen, bloß nicht die Schulen, in denen Kinder untergebracht sind, während Eltern arbeiten.
Die Ampel blinkt in Richtung Impfpflicht. Anne Will fragte dazu auch Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder, der in der Impfpflicht - „so schwer das fällt“ - die „einzige Chance aus der Endlosschleife“ beim Bewältigen der Pandemie sieht. Söders Miene ist sorgenvoll.
Auch wenn er in Bayern erste Erfolge etwa durch das Schließen von Bars und Diskotheken sieht, erinnerte Söder daran, dass vor allem Ungeimpfte ihre Mitmenschen gefährden, und bedauerte die hohe Zahl an esoterischen und anderen Impfverweigerern in Süddeutschland. Teils behaupteten sie „Dinge, die echt Hardcore sind“.
Der Staat dürfe sich von Impfgegnern nicht alles gefallen lassen, sagte Söder auch mit Blick auf die querulantischen Querdenker, die mit Fackeln vor die Haustür einer Politikerin gezogen waren.
Angesichts der Virusvariante Omikron möchte der beharrlich warnende Epidemiologe Karl Lauterbach, was die Möglichkeit eines neuen umfassenden Lockdowns betrifft, „nichts versprechen“. Cerstin Gammelin von der „Süddeutschen Zeitung“ befürchtet, dass es bei einem solchen Lockdown „sehr knifflig“ werde, den Geimpften beizubringen, dass sie ebenso eingeschränkt werden wie Ungeimpfte. Zugleich erlaubte Lauterbach auch Hoffnung: Immerhin sei die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass Omikron „sich bei Geboosterten durchsetzen“ könne.
Lauterbach wehrt Frage nach Ministeramt ab
Eindringlich berichtete die Intensivmedizinerin Carola Holzner, bekannt als Bloggerin „Doc Caro“, von der Platznot auf den Stationen. Sie glaubt stärker an die Kraft der Aufklärung als an die Pflicht zur Spritze, um die man wohl dennoch nicht herumkommen werde.
Holzner fragt sich vor allem, wer das Einhalten der Maßnahmen kontrollieren wird, etwa bei Regeln zu Zusammenkünften in Haushalten. So richtig beantworten konnte das niemand. Dass bei den Kontrollen nachgebessert werden müsse, in Bahnen, Bussen, beim Einkauf, darin waren sich alle einig.
Karl Lauterbach ist das rote Tuch der Querdenker im Land, die teils leiser werden, während die Frage lauter wird, ob er als Chef ins Gesundheitsministerium einzieht. Diese Personalfrage sei noch nicht geklärt, wehrte Lauterbach ab. Es gebe ja viele geeignete Leute (am Montagvormittag hat sich diese Sache geklärt).
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Sie und andere in ihrem Fach würden sich freuen, versicherte ihm die Ärztin Holzner, wenn mit ihm ein Kollege das Ministerium leiten würde. „Herr Lauterbach kann das auf jeden Fall“, bekräftigte Söder – hoffend, dass Zustimmung aus der CSU dem SPD-Mann nicht schade.
Kuhle lehnt allgemeine Impfpflicht weiter ab – noch
Fast jedem ihrer Gäste führte Will nochmal deren frühere Beteuerungen vor, es werde „keine Impfpflicht“ geben. Markus Söder ist inzwischen überzeugt, dass eine allgemeine Impfpflicht für manche auch erleichternd sein wird, wenn sie „den Piks“ problemlos hinter sich haben.
Bedenken äußerte Konstantin Kuhle. Er wolle seine Stimme zunächst nur der Impfpflicht für Institutionen wie Kliniken oder Seniorenheime geben und wünscht sich ansonsten „mehr Zeit“. Zeit, so Holzner, die es auf den Intensivstationen schlicht nicht mehr gibt. Eindrucksvoll demonstrierte sie am Schluss ihre Dialogstrategien zum Überzeugen von Impfskeptikern.
Auf der Bund-Länder-Konferenz wurden Maßnahmen beschlossen, die erreichen wollen, was zum Wort des Jahres wurde: Den Wellenbrecher. Dafür sollen bis Ende Dezember 30 Millionen Booster verimpft werden, logistisch eine enorme Herausforderung.
Doch wie hatte Lindner am Sonntag verkündet: „Freiheit verliert an Wert, wenn sie nicht gelebt werden kann.“ Ungeschützt, darin sind sich auch Wills Gästerunden zunehmend einig, ist die Freiheit in der Pandemie nicht mehr zu haben.
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