Mit 92 Prozent: FDP-Parteitag stimmt Ampel-Koalitionsvertrag zu
Nach der SPD hat nun auch die FDP grünes Licht gegeben für das erste Ampel-Bündnis auf Bundesebene. Parteichef Lindner verteidigte die Coronapolitik der FDP.
Nach der SPD hat nun auch die FDP den Weg freigemacht für das erste Ampel-Bündnis auf Bundesebene. Auf dem Parteitag der Liberalen stimmten 92 Prozent der Delegierten für den Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP.
Parteichef Christian Lindner hatte seine FDP zuvor auf die Regierungsverantwortung eingeschworen. „Es ist besser, diese Koalition zu wagen, als auf Gestaltungschancen zu verzichten“, sagte Lindner. Sicher kein Zufall war dabei die Ähnlichkeit zu seinem Satz „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“, mit dem er 2017 die Absage an die schwarz-grün-gelben Jamaika-Verhandlungen begründete.
Lindner warb für den Koalitionsvertrag mit SPD und Grünen. „Es ist ein Koalitionsvertrag für eine Politik der Mitte, der unser Land nicht nach links rückt, sondern nach vorne führen will.“ Wichtig seien ihm etwa Chancengleichheit, die Digitalisierung von Staat und Gesellschaft, die Einhaltung der Schuldenbremse und der Wandel hin zu einer sozialökologischen Marktwirtschaft.
Lindner stimmt die Partei auf Kompromisse ein
Lindner erklärte, dass nun deutlich mehr „liberale Politikinhalte“ möglich seien als bei Jamaika 2017. Lindner machte aber auch klar, dass die FDP in der Regierung Kompromisse schließen muss. Die Partei werde die Koalition und das Regierungshandeln prägen. „Aber lassen wir doch auch zu, dass das Regierungshandeln uns als Partei prägt.“ Die FDP werde in Zukunft womöglich weniger scharfkantig formulieren, in den Themen auch von den Koalitionspartnern lernen und eine neue Vielfalt an Persönlichkeiten zeigen.
Auch bei Lindner selbst ist zu beobachten, wie er als designierter Finanzminister versucht, stärker staatsmännisch aufzutreten. Er werde nicht Bundesminister der FDP oder der Ampel sondern „Bundesminister der Bundesrepublik Deutschland“, erklärte der 42-Jährige.
Legalisierung, Familienrecht, Einwanderung mit Punktesystem
FDP-Vize Johannes Vogel machte in seiner Rede die – aus seiner Sicht – historische Tragweite des Machtwechsels klar. „Was wir vorhaben, das ist nicht weniger als die größte gesellschaftliche Liberalisierung seit den 90er Jahren, vielleicht seit den 70er Jahren.“ Vogel nannte ein moderneres Familienrecht, die Legalisierung von Cannabis, eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechtes und ein Einwanderungsrecht mit Punktesystem nach kanadischem Vorbild.
Der Ampel-Koalitionsvertrag soll voraussichtlich am Dienstag unterschrieben werden. Am Montag wird zuvor das Ergebnis der Urabstimmung unter den Grünen-Mitgliedern erwartet. Vogel bezeichnete den Machtwechsel in Zeiten der Pandemie auch als „komplexeste Regierungsübernahme in der Geschichte der Bundesrepublik“.
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Der Start des Ampel-Bündnisses wird überschattet von der dramatischen Lage in der Coronakrise. Die FDP musste mehrere ihrer Positionen, die sie noch im Wahlkampf vertreten hatte, räumen. Mittlerweile sind FDP-Chef Christian Lindner und viele seiner Parteikollegen für eine allgemeine Impfpflicht.
Lindner sieht keine Kehrtwende
„Jeder hatte wohl gehofft und mit der Verfügbarkeit der Impfstoffe auch erwartet, dass dieser Winter ein anderer sein würde als der im vergangenen Jahr“, sagte Lindner. Diese Hoffnung habe sich nicht bestätigt. Die vierte Welle mit dramatischen Infektionszahlen stelle eine neue besondere Gefahr da. Es gehe nun um eine Strategie, „die konsequenter Risiken bekämpft, die aber zugleich mehr gesellschaftliches Leben erhält“.
Lindner bestritt, dass seine Partei in der Corona-Politik mit Blick auf den bevorstehenden Eintritt in die Bundesregierung ihren Kurs geändert habe. „Es gibt keine Kehrtwende der Freien Demokraten in der Pandemie-Politik.“
Ihn hätten verschiedene Argumente und die geringe Impfbereitschaft nachdenklich gemacht, sagte Lindner. „Diese Debatte ist empfindlich für unsere Gesellschaft, denn sie kann zu Spaltungen führen“, räumte er ein, „denn es handelt sich um eine höchst persönliche ethische Abwägung“. Deshalb sei eine gründliche Debatte nötig. Lindner unterstützte den Vorschlag, den Fraktionszwang im Bundestag für eine Abstimmung über die allgemeine Impfpflicht aufzuheben.
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