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ARD-Journalist Georg Restle
© Tsp

Keine Reporter vor Ort?: ARD-Journalist irritiert mit Behauptung zu Butscha-Berichterstattung

„Ein halbes Dutzend Journalisten waren heute in diesen Städten.“ Eine Äußerung des ARD-Reporters Georg Restle in Kiew führt zu heftigem Widerspruch.

War es Journalisten möglich, sich ein eigenes Bild von der Lage, den Gräueltaten in Butscha zu machen? Es gibt Irritationen um eine Aussage von WDR-Korrespondent Georg Restle, der am Sonntag in der ARD-„Tagesschau“ behauptete, dies sei Journalisten nicht möglich gewesen.

Der Vorort von Kiew sei zur Sperrzone erklärt worden, nachdem die Russen die Stadt verlassen hatten, um die Orte von Sprengfallen und Minen zu säubern und um Beweise für ein mögliches Kriegsverbrechertribunal zu sichern.

Prompt gab es heftigen Widerspruch für Restle in Sozialen Medien. Auf Twitter wurde darauf hingewiesen, dass mehrere Kollegen für die „Bild“-Zeitung oder CNN in Butscha waren, darunter auch der erfahrene Berliner Kriegsreporter Enno Lenze.

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„Ein halbes Dutzend Journalisten aus dem Westen waren heute in diesen Städten. Nicht heimlich, sondern mit Wissen und Unterstützung der ukrainischen Armee“, so ein Tweet

Wenige Stunden später ruderte Restle auf Twitter zurück. „Die Orte sind zu Sperrzonen bis zum 05.04. erklärt worden. Journalisten dürfen diese Orte bis dahin nicht betreten, auch wir nicht.“ Richtig sei, dass einige es offensichtlich dennoch getan haben. „Daher verstehe ich, dass meine Darstellung missverstanden werden konnte.“

Die Irritationen passen zu dem Bild, dass die ARD vor allem zu Beginn des Ukraine-Krieges abgegeben hatte, als es offenbar zu wenig Korrespondenten im Land gab, während internationale Medien schon viel direkter vom Krieg berichteten. Auch das ZDF machte diesbezüglich einen präsenteren Eindruck.

Nach aufkommender Kritik sagte am 4. März – zehn Tage nach Kriegsbeginn – ein WDR-Sprecher dem Tagesspiegel, dass die ARD ihre Präsenz im Land verstärken werde. „Ab Anfang kommender Woche sollen mindestens zwei ARD-Korrespondent:innen mit Teams aus der Ukraine berichten.“ Dabei hätte die Sicherheit der Mitarbeiter:innen absolute Priorität.

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„Seit den ersten russischen Angriffen auf die Ukraine berichten Korrespondent:innen der ARD ausführlich über die neusten Entwicklungen. In den ersten Kriegstagen waren Korrespondent:innen aus Moskau mit ihren Teams vor Ort.“

Nach außen hin, gerade auch im Vergleich mit anderen Medien, macht es bei der ARD den Eindruck, dass dieses „Vor-Ort-Sein“ ein durchaus dehnbarer Begriff ist. Es waren jetzt sehr wohl Journalisten in Butscha.

Auf Tagesspiegel-Anfrage äußerte sich der WDR zu den Irritationen um die Aussagen seines Reporters in Kiew. „Georg Restle hat sich in seinem Aufsager für die ‚Tagesschau‘ am Sonntag um 20 Uhr auf Aussagen des ukrainischen Verteidigungsministeriums berufen.

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Demnach galt für Sonntag und gilt für den heutigen Montag eine Sperrzone („curfew“) für die befreiten Orte um Kiew. Für den morgigen Dienstag organisiert das Verteidigungsministerium einen Termin für alle Journalisten in Butscha, an dem das Team um Georg Restle plant teilzunehmen.“

Mit dem Wissen, dass für manche Journalisten bereits gestern ein Zugang möglich war, hätte Georg Restle in der gestrigen Tagesschau anders und präziser formuliert. Zum Inhalt des Aufsagers sagt Georg Restle: „Ich lege großen Wert darauf, so präzise und unmissverständlich wie möglich zu formulieren.

Insoweit ärgere ich mich selbst am meisten darüber, dass hier Missverständnisse entstanden sind. Dies war nicht meine Absicht. Für die Arbeit der Kollegen und Kolleginnen, die hier mit uns zum Teil seit Wochen vor Ort sind, habe ich größten Respekt.“

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