Journalisten in der Ostukraine: „Die Russen machten Jagd auf uns“
AP-Reporter wollen als letzte Journalisten, die für internationale Medien arbeiten, Mariupol verlassen haben. Wie viele berichten überhaupt noch in der Ukraine?
Mit einer aufrüttelnden Reportage haben zwei ukrainische Journalisten der Nachrichtenagentur Associated Press die von russischen Truppen belagerte Stadt Mariupol am Dienstag verlassen. Ihren Angaben zufolge waren sie die letzten Journalisten, die für internationale Medien berichteten. Das macht es für diese nun noch schwieriger, die Kriegssituation möglichst objektiv wieder zu geben und einzuschätzen, nicht nur in der Ostukraine.
Ein Kommando der ukrainischen Armee habe sie zum Verlassen der Stadt aufgefordert, schreibt Mstyslav Chernov, der gemeinsam mit dem Fotografen Evgeniy Maloletka aus der Stadt berichtet hatte, in einem AP-Bericht.
„Die Russen machten Jagd auf uns. Sie hatten eine Liste mit Namen, darauf auch unsere, und sie kamen immer näher.“
Stellt sich die Frage: Wieviele Reporter sind überhaupt noch im Kriegsgebiet, wenn man sich nicht auf die Zählung von Tweets und Reporter-Namen auf Social Media aus der Ukraine verlassen will?
Medienpluralismus sei mit einem Schlag vernichtet worden
„Uns liegen keine Zahlen darüber vor, wie viele ausländische Journalistinnen und Journalisten derzeit noch aus der Ukraine berichten“, sagt Ulrike Gruska, Osteuropa-Referentin von Reporter ohne Grenzen (ROG). „Die Situation ändert sich gerade sehr schnell, und mir ist keine Stelle bekannt, die in der momentanen Lage da Listen führt oder Berichterstatterinnen zählt.“
Die Berichterstattung internationaler Medien sei in diesem Krieg ganz besonders wichtig, „sie sind diejenigen, die uns als die nicht unmittelbar Beteiligten ein ausgewogenes Bild von den Geschehnissen vor Ort liefern können.“
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Ob und wie sich, die Stichwörter Ausgewogenheit und Meinungsfreiheit, die von Präsident Selenskji am Montag angeordnete Zusammenlegung der ukrainischen Fernsehsender nachteilig auf die Berichterstattung und die Informationsbeschaffung in und aus der Ukraine auswirkt, das möchte die ROG-Sprecherin nicht beurteilen.
„Der Medienpluralismus, der bis vor kurzem in der Ukraine herrschte, ist durch den russischen Angriff mit einem Schlag vernichtet worden. Jetzt arbeiten Journalistinnen und Journalisten dort aus Kellern heraus. Sie kämpfen ums Überleben und wissen nicht, wie lange sie ihre Berichte überhaupt noch senden können.“
„Wir verbreiten ausschließlich verifizierte Informationen.“
Auch hiesige Informationssendungen wie die „Tagesschau“ sind sich der schwierigen Situation der Journalisten und der Medienberichterstattung in und aus der Ukraine bewusst.
„Wir überprüfen die Informationen über den Krieg in der Ukraine sehr sorgfältig. Dabei behandeln wir die Informationen, die von russischer und ukrainischer Seite verbreitet werden, gleichermaßen kritisch", sagt Marcus Bornheim, Erster Chefredakteur ARD aktuell.
„Wir verbreiten ausschließlich verifizierte Informationen. Sollten wir sie nicht unabhängig überprüfen können oder Zweifel bestehen, machen wir es in der Berichterstattung textlich entsprechend kenntlich.“
Die ARD sei derzeit mit drei Korrespondenten in der Ukraine vertreten. „Gleichzeitig unterstützen uns ukrainische Kolleginnen und Kollegen, mit denen wir regelmäßig zusammenarbeiten und in ständigem Kontakt stehen. In unseren Sendungen schalten wir auch zu anderen Gesprächspartner:innen im Land. Darunter sind Journalist:innen, die auch für andere Medien über den Krieg berichten.“
Weitere ARD Korrespondent:innen seien zum Beispiel in Moskau und in Warschau im Einsatz und beobachten die Entwicklungen in Russland und Polen, so Bornheim weiter.
„Wir haben Zugriff auf die wichtigsten internationalen Nachrichtenagenturen und können uns dadurch mit unterschiedlichsten Quellen ein Bild von der Lage machen. Außerdem nutzen wir Videos aus dem Netz, die bei uns ein aufwändiges Verifikationsverfahren durchlaufen, bevor wir sie verwenden."
So versuche die ARD eine bestmögliche Berichterstattung über die Situation in der Ukraine auch angesichts der herausfordernden Umstände sicherzustellen.
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