Tempelhofer Feld und mehr: Wahlen in Berlin: Wowereit: Bürgerwille gilt, Planungen sind einzustellen
Die Berliner haben am Tag der Europawahl auch über das Tempelhofer Feld entschieden - und gegen den Vorschlag des Abgeordnetenhauses gestimmt. Auch die Kleingärtner haben gesiegt. Unser Blog zum Nachlesen.
Unsere Reporter waren für Sie den ganzen Tag über in der Stadt unterwegs und berichten auch in der Wahlnacht über Freude, Enttäuschung und Unterhaltsames vom Rande. Außerdem können Sie in unserem Blog noch einmal nachlesen, wer beim Tempelhofer Feld was genau will, wie die Pläne des Senats aussehen und was in der Laubenkolonie Oeynhausen passiert. Für Sie berichten unter anderem die Tagesspiegel-Redakteure Frank Bachner, André Görke, Axel Gustke, Ulrich Zawatka-Gerlach, Markus Hesselmann, Sabine Beikler, Karin Christmann, Sidney Gennies, Werner van Bebber, Mohamed Amjahid und Tilmann Warnecke.
00.59 Uhr: Auch das Ergebnis für den Volksentscheid zur Bebauung des Tempelhofer Feldes steht nun fest, um kurz vor ein Uhr waren 99,9 Prozent der Stimmen ausgezählt.:
Insgesamt haben 64,3 Prozent für die Initiative "100 Prozent Tempelhofer Feld" gestimmt, 35,7 Prozent stimmten gegen einen Erhalt der Freifläche. Für den Entwurf des Abgeordnetenhauses stimmten 40,8 Prozent der Berliner, 59,2 Prozent hingehen lehnten die Randbebauung ab. Die Aufschlüsselung für die einzelnen Bezirke erfahren Sie hier. Die Wahlbeteiligung in Berlin betrug 46,1 Prozent.
00.25 Uhr: Die Landeswahlleiterin hat das amtliche Endergebnis für die Europawahl in Berlin bekanntgegeben. In Prozent erzielten die Parteien in der Hauptstadt folgende Werte:
CDU 20,0 (-4,3); Grüne 19,1 (-4,5); SPD 24,0 (+5,3); Linke 16,2 (+1,5); FDP 2,8 (-5,9); Piraten 3,2 (+1,8); AfD 7,9 (+7,9); Sonstige 6,8 (-1,7). Die genauen Zahlen für die einzelnen Bezirke können Sie hier einsehen.
23.51 Uhr: Beim Bürgerentscheid Oeynhausen wird es noch dauern, bis alle Stimmen ausgezählt sind. Aber so viel lasse sich jetzt feststellen, teilte der Sprecher des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf, Karl-Heinz Metzger, dem Tagesspiegel mit: "Das Bürgerbegehren zur Rettung der Kleingartenkolonie Oeynhausen war erfolgreich. Das erforderliche Quorum von mindestens 10 Prozent der Stimmberechtigten wurde erreicht. 77 Prozent haben mit "ja" gestimmt, 23 Prozent mit "nein"." Das endgültige Ergebnis können Sie später hier einsehen.
23.45 Uhr: Mit dem Volksentscheid ist das Thema für Sie noch nicht beendet? Dann diskutieren Sie mit! „Scheitert die Stadtentwicklung am Sparkurs des Senats?“, ist an diesem Montag das Thema einer gemeinsamen Veranstaltung von Architektenkammer Berlin, Urania und Tagesspiegel. Es diskutieren Andreas Geisel, Bürgermeister von Lichtenberg (SPD), Stefan Evers, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU im Abgeordnetenhaus, und Engelbert Lütke Daldrup, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Moderiert wird die Veranstaltung von Gerd Nowakowski, Leitender Redakteur des Tagesspiegels. Beginn: 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.
23.40 Uhr: In Brandenburg haben die Sozialdemokraten zumindest die Europawahl klar gewonnen – gegen den Bundestrend. Die von Ministerpräsident Dietmar Woidke geführte SPD kam auf 26,9 Prozent, nach Auszählung von 99,9 Prozent der Stimmen. Es folgt die CDU, die letzten Herbst Sieger bei der Bundestagswahl war, mit 25 Prozent. Die Linken, Sieger der Europawahl 2009, stürzten auf 19,6 Prozent ab. Auf Anhieb kam die eurokritische Alternative für Deutschland auf 8,5 Prozent, weit über dem Bundesdurchschnitt. Die Grünen holten 6,1 Prozent, die FDP fiel auf 2,1 Prozent. Bei den Kommunalwahlen lieferten sich CDU und SPD dagegen ein knappes Rennen, wobei nach Auszählung von 93 Prozent der Stimmen die Union mit 24,9 Prozent vor der SPD ( 24,5 Prozent) und den Linken (20,2 Prozent) lag. Das Endergebnis wurde erst nach Mitternacht erwartet.
In Potsdam, regiert von SPD-Oberbürgermeister Jann Jakobs, bleiben die Linken im Stadtparlament stärkste Kraft. Und zwar mit rund 26 Prozent, vor der SPD mit 23,5 Prozent und der CDU mit knapp 16 Prozent. Das Regieren wird nicht einfacher, sagte Jakobs. Er schloss auch ein rot-rotes Bündnis nicht aus. In Dahme-Spreewald, wo in Schönefeld der Flughafen BER gebaut wird, wurde die SPD stärkste Kraft, ebenso im Havelland und in Teltow-Fläming. In Potsdam-Mittelmark,der Prignitz und der Uckermark, in Brandenburg an der Havel und Cottbus siegte die CDU. Der Ausgang der Kommunal- und Europawahlen gilt als wichtiger Test für die Landtagswahl am 14.September.
23.30 Uhr: Betroffen vom Volksentscheid ist auch der geplante Neubau einer Zentral- und Landesbibliothek – ein vom Regierenden Bürgermeister Wowereit initiiertes und gefördertes Projekt. Wegen drohender Kostensteigerungen auf mehr als 300 Millionen Euro war der Neubau auch ohne Volksentscheid stark gefährdet.
23.22 Uhr: Die CDU sieht das Ergebnis nicht anders als Senator Müller und der Regierende Bürgermeister Wowereit: „Wir haben schon vor der Abstimmung gesagt, dass wir den Bürgerwillen respektieren. Das ist eine Selbstverständlichkeit, und das gilt unverändert“, sagte Henkel. Er habe sich „dennoch ein anderes Ergebnis gewünscht“. Es sei eine Chance vertan worden, Berlin eine Perspektive für neuen und bezahlbaren Wohnraum in der Innenstadt zu geben, sagte Henkel. Für die CDU sei es wichtig, dass die Berliner Mischung erhalten bleibe. Das heißt, dass sich auch Menschen mit geringerem Einkommen Wohnen in der Innenstadt leisten können sollten.
23.02 Uhr: Warten auf die Endergebnisse. In der Kleingarten-Kolonie Oeynhausen und im Südblock feiern die Sieger ausgelassen. Die endgültigen Zahlen sind da fast schon nebensächlich.
22.49 Uhr: Noch mehr gute Nachrichten in der Kleingarten-Kolonie Oeynhausen: Am späten Abend tritt Christian Otto auf, er ist Jurist am Institut für Stadt- und Regionalplanung der Technischen Universität (TU). Die Entschädigungssumme für die Investoren, die der Bezirk zuvor auf 25 Millionen beziffert hat, liege wesentlich niedriger, sagt er. Otto geht von einer Million aus, im Höchstfall vom 2,5 Millionen. Das ist ein Zehntel der Summe ursprünglich veranschlagten Summe. Die Gutachten seien überholt, als Stichtag dürfe man auch nicht von 2014 ausgehen. Als das Grundstück 2008 verkauft wurde, sei es noch kein Baugrundstück gewesen.
22.40 Uhr: Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte in einer ersten Reaktion, der „Volksentscheid zum Tempelhofer Feld hat ein klares Ergebnis, das akzeptiert werden muss“. Es sei bedauerlich, dass eine „moderate Randbebauung im Interesse des Wohnungsbaus“ nun nicht möglich ist. „Aber der Bürgerwille gilt, und dieses Votum darf nicht in Frage gestellt werden. Alle anderen Planungen sind einzustellen“, sagte Wowereit. Der Senat werde gleichwohl an anderen Orten weiter versuchen, Wohnungsneubau für alle Einkommensgruppen möglich zu machen und umzusetzen. Das bleibe eine der zentralen Aufgaben der Berliner Politik, sagte Wowereit.
22.30 Uhr: "Die Berlinerinnen und Berliner haben sich entschieden. Das nehme ich mit Respekt zur Kenntnis", gesteht der Senator für Stadtentwicklung, Michael Müller, die Niederlage des Abgeordnetenhauses ein. "Dennoch bedaure ich die vergebene Chance, 4.700 dringend in der Innenstadt benötigte städtische Wohnungen auch für kleine und mittlere Einkommen bauen zu können." Der Senat werde aber nicht nachlassen, neuen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. "Berlin wächst, unabhängig vom heutigen Ergebnis, auch weiterhin", sagte Müller. "Das kann man nicht wegbeschließen." Es bleibe das Potential von rund 3.800 Wohnungen, die innerhalb des Innenstadtrings noch auf landeseigenen Flächen von den Wohnungsbaugesellschaften gebaut werden könnten und werden.
22.10 Uhr: Auch in Charlottenburg-Wilmersdorf soll nicht gebaut werden: Die Bezirksstadträtin für Bürgerdienste, Dagmar König, bestätigt die Zahlen der Bürgerinitiative der Kleingarten-Kolonie Oeynhausen. "Es sind keine riesigen Veränderungen mehr zu erwarten", sagt König. "We are the Champions", stimmen die Kleingärtner gemeinsam an. Kleine ganz groß.
Initiative: Reiner Sachentscheid, kein Votum gegen Wowereit
22.02 Uhr: Auf das Live-Interview mit dem Senator für Stadtentwicklung, Michael Müller, im RBB-Fernsehen reagieren die Bebauungsgegner im Südblock sehr emotional. "Jetzt dürfen wir auf dem Feld nichts machen, das ist Gesetz", sagt Müller. Alle schreien und jubeln. "Die Zahlen der Initiative sind falsch, ich bedauere sehr, dass sich Berlin nicht entwickelt", schiebt Müller hinterher. "Buuuuuuuh, Lügner!", schlägt es der Leinwand entgegen. Den Senator kann man gar nicht mehr hören. "Hau ab!", schmettern die Anwesenden im Chor.
21.55 Uhr: In der Kleingarten-Kolonie Oeynhausen wird vor Freude ein Feuerwerk gezündet. Die Kleingärtner lachen, tanzen und stoßen an.
21.50 Uhr: Der Fraktionschefin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Ramona Pop ist die Erleichterung anzusehen, als klar wird, dass der Volksentscheid zu Tempelhof erfolgreich war. Gleichzeitig sieht sie im Votum für den Gesetzentwurf der Initiative "100 Prozent Tempelhof" ein Votum gegen den Senat. "Wie man weiter regieren will, wenn man so viele Menschen gegen sich hat, ist ab heute eine offene Frage für diesen Senat", sagte Pop dem Tagesspiegel. Gleichwohl sei mit dem erfolgreichen Volksentscheid das Kapitel Tempelhofer Feld noch nicht abgeschlossen. "Das Thema ist so wichtig für die Stadt, dass uns das noch auf Jahre beschäftigen wird", sagte Pop. Der aktuellen Regierung rate sie allerdings nicht an, das Gesetz noch zu ändern, um doch noch eine Bebauung zu ermöglichen.
21.45 Uhr: Eine Sache möchte der Sprecher der Initiative, Michael Schneidewind, unbedingt noch klarstellen: "Das war eine reine Sachabstimmung. Dies war kein Entscheid gegen den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit."
21.30 Uhr: Als die ersten Zahlen gegen 21 Uhr bekannt werden, flippt der gesamte Südblock aus. Die Mitglieder der Initiative "100 Prozent Tempelhofer Feld" hüpfen und umarmen sich. Doch kurz sind viele auch ratlos: "Haben wir damit gewonnen, oder nicht?", surrt es durch den Raum. "Wir haben in den letzten zwei Jahren 40.000 Euro ausgegeben, um eine landesweite Kampagne zu organisieren - und wir haben damit gegen die Profis des Senats gewonnen", sagt der Sprecher Michael Schneidewind. "Der Senat wird sich in Zukunft von Anfang an überlegen müssen, wie er die Bürger beteiligt." Im Südblock fließen Tränen, alle sind glücklich.
21.25 Uhr: Gegen 21.30 Uhr berichtet Alban Becker aus dem Vorstand des Vereins der Kleingarten-Kolonie Oeynhausen: 50 Prozent der Wahllokale seien ausgezählt, 77 Prozent der abgegebenen Stimmen seien für den Weiterbestand der Kleingartenkolonie. Das seien 40 400 Stimmen, also deutlich über der notwendigen Quorum-Marke. An mangelnder Wahlbeteiligung kann der Bürgerentscheid demnach nicht scheitern. Normalerweise ist das Dilemma bei ähnlichen Initiativen oft, dass zwar viele der Wähler mit "ja" stimmen, aber insgesamt zu wenige zur Wahl gehen. Offiziell sind die Ergebnisse allerdings nicht. Die Zahlen haben Kleingärtner zusammengetragen, die die Auszählung in den einzelnen Wahllokalen beobachtet haben.
21.19 Uhr: Ganz entspannt liegt er im Gras, rechts von ihm eine junge Frau, links von ihm sein Smartphone. Um zehn nach neun am Abend zeigt das Gerät vier Hochrechnungsbalken zum Volksentscheid über das Tempelhofer Feld. "Sieht gut aus, ja!", sagt der junge Mann. Ganz langsam verbreitet sich am Abend, während das Feld sich leert, auf der Tempelhofer Freiheit die Erkenntnis, dass das Feld einstweilen nicht bebaut werden wird. Eben ist die Sonne hinter einem Wohnblock am Tempelhofer Damm versunken. Schwarz schwebt im blauen Himmel über der südlichen Landebahn wie ein schwungvolles Komma ein Lenkdrachen. Eine Frau und ein Mann, beide mit Rad und Hund, haben schon von ihren Nachbarn gehört, dass der Volksentscheid aus ihrer Sicht gelungen ist. "Wir wohnen hier um die Ecke" sagt er, "gut so".
Angefühlt hat sich diese Mehrheit so seit langem auf dem Tempelhofer Feld. Nur ausnahmsweise waren heute Befürworter einer Bebbauung zu finden.
21.10 Uhr: Gegen 21 Uhr schmettert ein Megafon den Sieg über das Feld. Der Jubel weht über die unbebaute Freiheit. Ein paar 100 Menschen versammeln sich auf der Neuköllner Seite des Rollfeldes um einige Mitglieder der Initiative. Sie verlesen das Ergebnis, erneut brandet Jubel auf. Von mehreren Stellen aus steigen Silvesterraketen in den Himmel auf, es herrscht ausgelassene Stimmung. "Das ist ein Sieg gegen die Politik des Ausverkaufs von Berlin", schallt es durch das Megafon über das Feld. Die Siegreichen wollen feiern: "Holt alle eure Freunde, wir bleiben bis die Polizei kommt!" Immer mehr Menschen strömen zur tanzenden Menge.
21.00 Uhr: Die ersten Hochrechnungen zum Tempelhofer Feld sind da: 64,5 Prozent der Berliner stimmten demnach für die Initiative "100 Prozent Tempelhofer Feld", 35,5 Prozent dagegen. 40,5 Prozent der Bürger machten ihr Kreuz für den Vorschlag des Abgeordnetenhauses, 59,5 Prozent lehnten diesen ab. Das ergab die Auszählung von über 75 Prozent der Stimmen. Die Abstimmungsbeteiligung lag bei 46,5 Prozent. Diesen Hochrechnungen zufolge haben mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigen für den Volksentscheid gestimmt - Voraussetzung für einen erfolgreichen Entscheid wäre ein Quorum von 25 Prozent gewesen.
20.58 Uhr: Auch in Charlottenburg-Wilmersdorfer Wahllokalen fehlten offenbar zeitweilig Wahlzettel für den Bürgerentscheid über die Kleingartenkolonie Oeynhausen und den Volksentscheid zum Tempelhofer Feld. An der Cunostraße 1 in Schmargendorf seien um 17.25 Uhr die Zettel für den Bürgerentscheid vergriffen gewesen, Ersatz sei erst um 17.55 Uhr eingetroffen, sagte die Anwohnerin Erika Sägebrecht. Das habe zu langen Warteschlangen geführt. Ein Leser berichtet von fehlenden Stimmzetteln im Wahllokal in der Dillenburger Straße. Wie berichtet gab es auch am Maikäferpfad in Westend eine Stunde lang keine Papiere für den Volksentscheid.
Henkel enttäuscht über Berliner Ergebnis der CDU bei Europawahl
20.45 Uhr: Filmemacher David Groenewold und Ex-Sprecher des Ex-Bundespräsident Christian Wulff, Olaf Glaeseker betraten bei der Wahlparty von Zeit und Tagesspiegel erstmals wieder die politische Bühne. Beide waren einer breiten Öffentlichkeit durch ihre angeblichen Verstrickungen in der sogenannten Wulff-Affäre bekannt geworden.
Gut eineinhalb Jahre nach der Affäre sagt Groenewold nun: "Ich war immer ein politischer Mensch und werde auch immer einer bleiben." Im Zuge der Affäre um Christian Wulff war Groenewold aus der CDU ausgetreten. "Nun überlege ich, wieder in eine Partei einzutreten", sagte Groenewold dem Tagesspiegel. Welche das sei, wolle er aber noch nicht sagen.
Er betonte, Demokratie brauche ein aktives Bürgertum. Er wolle gerne dazu beitragen. "Je mehr Lebenserfahrung man hat, desto lauter sollte man das kundtun. Und ich glaube, ich habe in den vergangenen anderthalb Jahren viel Erfahrung sammeln können. Auf politischer Ebene gebe es keinerlei Berührungsängste: "Meine Gesprächspartner nehmen die Vergangenheit mit der gleichen Portion Humor wie ich. Heute kann ich über meine Erfahrungen schmunzeln.
Auch der Ex-Präsidentensprecher Glaeseker genoss die Rückkehr auf die politische Bühne sichtlich. Gab sich aber ganz als Privatier: "Bitte haben Sie Verständnis, dass ich keinen Kommentar abgebe. Ich bin kein Funktionsträger mehr, für wen sollte ich sprechen?" Er sei nur zum Spaß hier. Er war bester Laune und tauschte sich mit Kollegen amüsiert über alte Zeiten aus. Zeiten vor der Wulff-Affäre.
20.30 Uhr: Vorhin war er über das bundesweite Ergebnis noch begeistert, jetzt zeigt sich der Berliner Landeschef der CDU, Frank Henkel, enttäuscht: "Wir hätten uns gewünscht, in Berlin den ersten Platz zu verteidigen, vor allem weil wir als Landesverband für unsere Politik mit konstant guten Umfrageergebnissen belohnt werden. Unser Abschneiden in Berlin ist enttäuschend und hat uns überrascht." Bei der Europawahl sei es jedoch nicht um Berliner Themen gegangen. Angesichts der bisherigen Hochrechnungen habe die CDU aber erahnen können, dass es eng werden könnte. "Joachim Zeller und die vielen Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer haben um jede Stimme gerungen", sagt Henkel. "Er hätte aus meiner Sicht ein besseres Ergebnis verdient."
20.10 Uhr: Die Hochrechnungen für die einzelnen Bezirke in Prozent (Veränderungen im Vergleich zur Europawahl 2009), Stand 19.52 Uhr
Mitte
CDU: 14,9 (-4,7); Grüne: 24,8 (-4,3); SPD: 22,2 (+3,1); Linke: 18,2 (+3,8); Piraten: 4,6 (+2,7); AfD: 5,7 (+5,7); FDP: 3,1 (-5,1)
Friedrichshain-Kreuzberg
CDU: 7,7 (-1,3); Grüne: 35,6 (-7,5); SPD: 18,2 (+2,8); Linke: 20,2 (+2,2); Piraten: 5,4 (+2,0); AfD: 3,9 (+3,9); FDP: 1,4 (-3,0)
Pankow
CDU: 13,0 (-1,3); Grüne: 22,4 (-7,0); SPD: 21,6 (+4,4); Linke: 23,1 (+0,3); Piraten: 3,6 (+1,8); AfD: 7,5 (+7,5); FDP: 2,1 (- 4,0)
Charlottenburg-Wilmersdorf
CDU: 23,0 - (5,3); Grüne: 20,8 (-6,1); SPD: 27,5 (+7,7); Linke: 8,4 (+3,4); Piraten: 2,6 (+1,6); AfD: 7,7 (+7,7); FDP: 5,1 (-7,3)
Spandau
CDU: 29,3 (-5,7); Grüne: 11,2 (-3,8); SPD: 29,6 (+6,1); Linke: 7,5 (+2,6); Piraten: 2,7 (+1,9); AfD: 9,9 (+9,9); FDP: 3,1 (-7,8)
Steglitz-Zehlendorf
CDU: 28,2 (-5,9); Grüne: 19,1 (-4,9); SPD: 25,9 +(7,7); Linke: 6,4 (+2,6); Piraten: 2,5 (+1,7); AfD: 8,4 (+8,4); FDP: 4,9 (-7,7)
Tempelhof-Schöneberg
CDU: 23,0 (-6,3); Grüne: 22,4 (-4,9); SPD: 25,7 (+6,5); Linke: 9,6 (+4,5); Piraten: 3,1 (+2,0); AfD: 7,2 (+7,2); FDP: 3,1 (-6,8)
Neukölln
CDU: 20,8 (-8,9); Grüne: 20,1 (-2,8); SPD: 23,9 (+3,9); Linke: 13,4 (+6,1); Piraten: 3,5 (+1,8); AfD: 8,4 (+8,4); FDP: 1,5 (-7,0)
Treptow-Köpenick
CDU: 15,4 (-1,5); Grüne: 11,7 (-3,2); SPD: 21,7 (+2,1); Linke: 27,4 (+4,3); Piraten: 3,6 (+2,4); AfD: 10,4 (+10,4); FDP: 1,2 (-4,4)
Marzahn-Hellersdorf
CDU: 17,2 (+0,5); Grüne: 6,5 (-3,3); SPD: 20,1 (+3,1); Linke: 31,6 (-6,5); Piraten: 3,7 (+1,5); AfD: 11,5 (+11,5); FDP: 1,4 (-4,1)
Lichtenberg
CDU: 13,9 (+0,2); Grüne: 10,1 (-1,8); SPD: 19,7 (+2,3); Linke: 33,5 (-6,9); Piraten: 3,3 (+1,8); AfD: 9,9 (+9,9); FDP: 1,3 (-3,4)
Reinickendorf
CDU: 31,1 (-6,6); Grüne: 13,2 (-3,5); SPD: 27,4 (+7,0); Linke: 6,3 (+2,1); Piraten: 2,1 (+1,3); AfD: 10,3 (+10,3); FDP: 3,5 (-7,4)
19.55 Uhr: Unserem Kolumnisten Mark Espiner, dem britischen Wahlberliner, liegt zum Wahlsonntag Folgendes am Herzen: "Europawahlen - es war schwer, sie ernst zu nehmen, oder? Jedenfalls habe ich das immer gedacht, als ich auf einer Insel gelebt habe. Dieser ganze Brüssel-Kram kam einem doch sehr weit weg vor. Aber jetzt, bei dem alles ein bisschen auseinanderzufallen scheint, wird mir bewusst, wie wichtig ein vereintes Europa ist. Also war es wichtig für mich zu wählen, auch in Deutschland. Wenn ich ehrlich bin, ist mir aber das Tempelhofer Feld noch wichtiger – und ich hätte so gern meine Stimme dafür gegeben, dass es nicht bebaut wird. Zu sagen, dass ich enttäuscht war, in dieser Frage nicht wählen zu dürfen, ist noch eine Untertreibung. Wie kann es sein, dass ich hier wählen und mich von Deutschen in Brüssel repräsentieren lassen darf, aber mein Votum zu einem derart wichtigen Thema in meiner Wahlheimat nicht gefragt ist? Deshalb hier ein kleiner Hinweis für Klaus Wowereit, falls er das hier lesen sollte: Könnten Sie bitte meine Ja-Stimme für „100 Prozent Tempelhofer Feld“ einfach hinzurechnen? Ich denke, das wäre fair. Cheers!"
19.45 Uhr: In Brandenburg stand die Kommunalwahl an, die Stimmabgabe dauerte manchmal mehrere Minuten. Ministerpräsident Dietmar Woidke faltet (SPD) seine großen Stimmzettel in Forst, CDU-Chef Michael Schierack wird in einer Kneipe in der Lausitz angepöbelt. Unseren Bericht vom Tag lesen Sie hier.
19.40 Uhr: Langsam füllt sich der Südblock am Kottbusser Tor wieder, alle fiebern der ersten Prognose in Sachen Volksentscheid entgegen. Zum Zeitvertreib gibt es ein Tippspiel, auf wie viele Ja-Stimmen der Entscheid kommt.
Erste Hochrechnungen um 19.30 Uhr: SPD vorn, CDU verliert, AfD stark
19.30 Uhr: Die ersten Hochrechnungen für Berlin liegen vor. Das Ergebnis zur Europawahl ist deutlich anders als im Bund. Ganz vorn liegt mit 22, 9 Prozent die SPD. Die CDU kommt nur noch auf 19,7 Prozent und liegt damit hinter den Grünen, die 20 Prozent der Stimmen geholt haben. Die Linke hat den Hochrechnungen zufolge 14,9 Prozent, die FDP bleibt unter drei Prozent. Nur 2,9 Prozent der Wähler haben für sie gestimmt. Die Piraten holten 3,3 Prozent. Überraschend stark ist die AfD: 9,1 Prozent hat sie laut Hochrechnungen geholt. Die Wahlbeteiligung lag bei 46 Prozent.
19.20 Uhr: Die Hochrechnungen zur Europawahl werden in Dauerschleife im Fernsehen wiederholt. Langsam verlagern sich die Gesprächsthemen auf der Wahlparty von Zeit und Tagesspiegel im Borchardt am Gendarmenmarkt auf den Volksentscheid zum Tempelhofer Feld. "Wann kommt denn da endlich ein Ergebnis?", fragt eine Teilnehmerin. Hans-Werner Sinn, Chef des Ifo-Wirtschaftsinstituts ist derweil bereits sicher: "Natürlich gewinnen die die Abstimmung. Von den Wohnungen, die dort gebaut werden, profitieren doch direkt viel weniger Menschen", sagte Sinn.
19.08 Uhr: Im Südblock am Kottbusser Tor jubeln die Aktivisten der Initiative "100 Prozent Tempelhofer Feld": Die Liveschalte auf das Tempelhofer Feld funktioniert - nach mehreren Anläufen. Auch kleine Erfolge machen Freude. Immer wenn es nichts Interessantes auf der Leinwand zu sehen gibt - zum Beispiel die Prognosen für die Europawahl - gehen die meisten nach draußen, in die Sonne. Sie lieben das Freie.
18.45 Uhr: "Es ist erfreulich zum achten Mal hintereinander die stärkste politische Kraft zu sei", sagt Frank Henkel, Innensenator und Vorsitzender der Berliner CDU. Trotz aller EU-Skepsis habe sich die Wahlbeteiligung verbessert. "Auch auch wenn AfD, NPD und andere kleine Parteien einen Platz im Parlament bekommen sollten, hat Deutschland klug gewählt: pro-europäische Kräfte und Parteien der Mitte". Besonders im Vergleich zu europäischen Nachbarn.
18.27 Uhr: Die Initiative "100 Prozent Tempelhofer Feld" kann sich Chancen ausrechnen, das erforderliche Quorum zu erreichen – zumindest legen das die Zahlen nahe, die bis 18 Uhr bekannt waren. Ob sie auch die Mehrheit der Stimmen bekommen, ist derzeit jedoch noch unklar. Das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg schätzt die Wahlbeteiligung bei der Europawahl und beim Volksentscheid in Berlin auf 46 Prozent. Beim Volksentscheid müssten demnach rund 54 Prozent der Teilnehmer mit Ja stimmen, damit ein zur Abstimmung stehender Gesetzentwurf angenommen ist. Ein Volksentscheid in Berlin ist nämlich erfolgreich, wenn die Mehrheit, aber mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten dafür stimmen. Besonders hoch war die Wahlbeteiligung in Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg.
Hier die genaue Auflistung der Beteiligung an der Europawahl 2014 im Vergleich zur Europawahl 2009; Stand 16 Uhr:
Mitte: 35,2 % (2014) - 23,9 % (2009)
Friedrichshain-Kreuzberg: 41,1 % - 24,9 %
Pankow: 35,8 % - 23,4 %
Charlottenburg-Wilmersdorf: 42,0 % - 30,1 %
Spandau: 31,6 % - 24,2 %
Steglitz-Zehlendorf: 44,0 % - 33,3 %
Tempelhof-Schöneberg: 41,6 % - 29,6 %
Neukölln: 36,1 % - 22,6 %
Treptow-Köpenick: 34,4 % - 23,1 %
Marzahn-Hellersdorf: 26,5 % - 18,3 %
Lichtenberg: 29,3 % - 19,9 %
Reinickendorf: 34,7 % - 26,8 %
18.18 Uhr: Bei Mett, Zwiebeln, Gurke und Brezeln warteten seit halb sechs etwa 100 CDU-Mitglieder in ihrer Landesgeschäftsstelle in Berlin. Auf den Bildschirmen laufen die Prognosen des ZDF. Als erste Zahlen genannt werden, bleibt es still. Keine Jubelstürme, keine Begeisterung. Erst als die 6,5 Prozent für die Alternative für Deutschland (AfD) bekannt gegeben werden, geht ein Raunen durch den Raum. Ob der Berliner Spitzenkandidat der CDU, Joachim Zeller, erneut in das Europaparlament einziehen wird, ist noch unklar. Für ihn heißt es zittern. Das Ergebnis wird erst spätnachts feststehen. Aufgrund eines äußerst komplizierten Auszählverfahrens wird er erst zwischen drei und fünf Uhr nachts erfahren, ob er es geschafft hat.
18.15 Uhr: Im Südblock am Kottbusser Tor versammeln sich die Mitglieder und Unterstützer der Initiative "100 Prozent Tempelhofer Feld". Noch sind nicht allzu viele von ihnen erschienen. Einige hatten gehofft, dass es um 18 Uhr bereits eine Prognose zum Volksentscheid geben würde. Sie waren enttäuscht, dass sie noch warten müssen, bis erste Ergebnisse vorliegen.
18.10 Uhr: Im Restaurant Borchardt am Gendarmenmarkt in Berlin verfolgen hunderte Vertreter aus Politik und Wirtschaft die Wahlergebnisse der Europawahl - bei der Wahlparty von Tagesspiegel und Zeit.
18.00 Uhr: Punkt 18 Uhr, die Kirchenglocken läuten, die Wahllokale schließen. Alle lassen die Stifte fallen. Nicht ganz: Die, die bis 18 Uhr das Wahllokal betreten haben und in Schlagen warten müssen, dürfen noch ihr Kreuz machen. Hinter den Letzten stellt sich zur Stichzeit ein Wahlhelfer. Wer später kommt, hat Pech. Auch in den Wahllokalen, in denen kurzzeitig die Wahlzettel ausgegangen waren, gibt es keine Verlängerung. Jetzt wird gezählt.
17.50 Uhr: In "Fränky's Gasthaus", dem Vereinsheim der Kleingarten-Kolonie Oeynhausen, beginnt die Wahlparty. Der Biergarten ist voll, die Mitglieder sind gespannt, ein Fernseh-Team des RBB ist auch da, Reporter Ulli Zelle hatte schon eine Schalte und bereitet sich auf seinen nächsten Einsatz vor. Der Vereinsvorsitzende Alban Becker sagt: "Wir werden hier so lange feiern, bis das Ergebnis feststeht." Ob die Kleingärtner danach immer noch Lust zum Feiern haben, ist eine andere Frage. Nette Note am Rande: Der Zweite Vorsitzende des Vereins, Peter Schömbs, durfte nicht über die Zukunft der Kolonie abstimme - er wohnt nicht in Wilmersdorf-Charlottenburg.
17.45 Uhr: Zweiter Versuch im Wahllokal 303 in der Gneisenaustraße in Kreuzberg, wo es um halb vier keine Wahlzettel für die Europawahl mehr gab. Jetzt sind Wahlzettel wieder vorhanden, die Wahlhelferin sagt leicht mitfühlend: "Ach, Sie mussten also auch ein zweites Mal kommen." Dafür hält dieses Mal ein Mann den Betrieb auf, dem seine Freundin in der Wahlkabine über die Schulter schaut. "Das geht aber gar nicht!", ruft ein Wahlhelfer. Der Mann ruft zurück: "Wo steht das denn geschrieben?! Ich erzähl ihr doch sowieso, was ich gewählt habe!" Kurze Diskussionen, bis die Freundin freiwillig geht. Zwei Wähler in der Schlange nutzen die Zeit um sich ein letztes Mal lautstark darüber auszutauschen, ob man bei Tempelhof auch bei beiden Fragen mit Ja stimmen darf.
Unser Redakteur Tilmann Warnecke hatte etwas das Gefühl, im Irrenhaus gelandet zu sein. "Oder positiv gedeutet: gelebte Demokratie!"
Landeswahlleitung bestätigt Stimmzettel-Engpass in einigen Wahllokalen
17.40 Uhr: Die Wahlbeteiligung an der Europawahl in Berlin war bis 16 Uhr deutlich höher als 2009. 36,2 Prozent der stimmberechtigten Berliner haben bis zum Nachmittag ihr Kreuz gesetzt - das waren 11,1 Prozent mehr als bei der vorangegangenen Europawahl. Damals hatten 25,1 Prozent bis 16 Uhr ihre Stimme abgegeben. Besonders hoch war die Wahlbeteiligung in Steglitz-Zehlendorf: 44 Prozent gingen dort bis 16 Uhr zur Wahl. Ob in Spandau mehr Langschläfer oder Nichtwähler leben, wird sich erst nach Schluss der Wahllokale zeigen. Bis 16 Uhr haben nur 31,6 Prozent der Bürger gewählt - mit Abstand die Wenigsten in Berlin.
17.20 Uhr: Die Sprecherin der Landeswahlleitung, Stefanie Dobs, bestätigt auch den Engpass in einem Wahllokal in Charlottenburg: "In der Reinfelder Schule, Wahllokal 224, gab es eine gute Stunde lang keine Wahlzettel." Sowohl die Zettel für die Europawahl, als auch die für den Volksentscheid waren aus. Ein Kurier sorgte auch dort für Nachschub. Die Bürger könnten ihre Stimme also noch abgeben. "Ob sie Lust und Zeit haben, noch einmal wiederzukommen, um ihr Kreuz zu machen, ist aber unklar", sagt Dobs. "Viele müssen ja auch am Sonntag arbeiten." In Berlin seien in "einigen" Wahllokalen die Stimmzettel ausgegangen. Wo und in wie vielen genau, kann sie noch nicht sagen.
17.06 Uhr: Noch knapp eine Stunde und die Wahllokale schließen. Gekämpft wird aber bis zu letzten Minute. Über die Landsberger Allee in Friedrichshain rollt ein roter Kleinwagen. Aus dem weit geöffneten Beifahrerfenster reckt sich ein Frauenarm, das Megafon fest von der Hand umklammert. Die Stimme aus dem Lautsprecher krächzt gegen den Straßenlärm an. Außer "gegen Wohnungen für viel Schotter" ist kaum etwas zu verstehen, aber die Fußgänger verstehen auch so, worum es geht. Das Auto ist übersät mit Aufklebern der Tempelhof-Bebauungsgegner. "Nutzt euer Recht, geht in die Wahllokale", weht noch herüber. So funktioniert Demokratie im Vorüberfahren...
17.05 Uhr: Prenzlauer Berg, Heinrich-Schliemann-Oberschule, Wahllokal 713. Vor dem Wahllokal steht eine Schlage, die Wahlhelfer halten sich mit Erdbeeren und Keksen bei Laune. Langweilig wird ihnen nicht. "Wir haben hier echt wahnsinnig viel Beteiligung, hätten wir überhaupt nicht mit gerechnet", sagt eine der Helferinnen. Nur eine halbe Stunde sei es zwischendurch etwas ruhiger gewesen. Der wunderschöne Sonnenschein, die bisher etwas vernachlässigte Europawahl - eigentlich hätte alles dagegen gesprochen.
16.55 Uhr: Am Wahlsonntag fand in Berlin-Westend, in der ehemaligen Militärkirche der britischen Armee, ein ganz besonderer Gottesdienst statt. Dort wurde gebetet für "die Völker Europas, die heute zur Wahl des Europäischen Parlaments gehen" und für "alle, die heute gewählt werden und Politik in der EU-Kommission machen". Lesen Sie hier den Bericht "Sonntags um zehn" aus dem Gottesdienst.
16.44 Uhr: Die Landeswahlleitung bestätigt den Engpass in Kreuzberg. "Zwischen 14.45 und 15.15 Uhr gab es kurzzeitig keine Wahlzettel für die Europawahl", sagt eine Sprecherin. Die Wahlleitung habe dann einen Kurier losgeschickt, der Nachschub in die Gneisenaustraße brachte. Auch in Charlottenburg scheint es einen Engpass zu geben, sagt die Sprecherin. Das werde aber zur Zeit noch geprüft.
Wie es dazu kommen konnte, erklärt sie sich so: "Für jeden Wähler wird ein Wahlzettel gedruckt. Aber vielleicht haben sich die Bezirke teilweise nicht gut genug eingedeckt - die Wahlbeteiligung zur Europawahl war in der Vergangenheit ja eher niedrig." Außerdem setzten Wähler ab und an ihr Kreuz aus Versehen an der falschen Stelle. Die brauchen dann einen neuen Wahlzettel.
16.38 Uhr: Bizarre Sache am Nachmittag im Wahllokal 303 in der Gneisenaustraße in Kreuzberg. Kleine Schlange bereits, da sagen die Wahlhelfer: "Wir müssen sie vertrösten. Wir haben keine Wahlzettel für die Europawahl mehr." Allgemeine Aufregung, die Wahlhelfer sind selber ratlos: "Das haben wir auch noch nie erlebt." Nachschub sei bestellt, ein Kraftfahrer unterwegs. Wann er ankommt, sei unklar, am besten später nochmal wiederkommen. Gut, dass noch bis 18 Uhr offen ist.
16.24 Uhr: In unserem Blog noch etwas vernachlässigt, aber auch im Nachbarland Brandenburg wird es heute spannend - besonders in der Landeshauptstadt Potsdam. Warum, lesen Sie hier.
16.05 Uhr: Jan Stöß, kürzlich wiedergewählter Berliner SPD-Chef, gibt sich schon am frühen Nachmittag siegessicher in Sachen Europawahl. Seinen Chat mit den Tagesspiegel-Lesern zum Volksentscheid Tempelhofer Feld können Sie hier nachlesen.
15.49 Uhr: Auch die Stammwählerschaft der Piraten definiert sich etwas anders als bei anderen Parteien. Martin Delius, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses BER, rechnet sich - wohl zu recht - dazu:
15.38 Uhr: Die Freiheit genießen: Sie auf ihrem Longboard, er auf seinem Longboard, die kleine Tochter lernt gerade das Inlineskaterfahren. So wie sie die Landebahn befahren, kann man sich kaum vorstellen, dass sie sich große Veränderungen für das Feld wünschen. Aber sie verneinen die Frage, ob sie am Volksentscheid teilgenommen haben. Sie kommen nicht aus Berlin, sondern aus Potsdam. Weil sie das Feld so wunderbar finden.
15.29 Uhr: So läuft das also bei den Politikern. Oder nur bei den Piraten? Christopher Lauer, Vorsitzender des Berliner Landesverbandes der Piratenpartei, wirkt jedenfalls etwas ratlos.
15.18 Uhr: Nachmittags auf dem Tempelhofer Feld. Die beiden stehen mit ihren Rädern genau vor dem großen Transparent, auf dem die Grobplanung des Senats für das Tempelhofer Feld zu sehen ist, er mit sauber gestutzem Vollbart und weißer Jeans, sie mit zeitgemäßer Ray Ban Sonnenbrille. Sie gucken, sagen nichts - aber es ist, als hätte er nur darauf gewartet, nach seiner Meinung zu den Senatsplänen gefragt zu werden. "Aber ultra!!" sei er für die Bebauung, ultra, schießt er los. Er habe nämlich viele Jahre in Neukölln gewohnt, er wisse, wie sich die Gegend am östlichen Flughafenrand entwickelt habe - alles andere als positiv, besagt sein Gesichtsausdruck, und deshalb sei er dafür, dass hier neue Wohnungen hinkämen und neue Leute und Schulen, in denen die Kinder aus der Gegend zusammen lernten, die deutschen mit den Kinder mit Migrationshintergrund, damit auf diese Weise "das Niveau des Stadtteils angehoben" werde. Diese Gegend, die brauche "Aufwertung", "extreme Aufwertung". Na, und sie, die Gattin? Sehe sie das auch so? "Nee!", sagt sie, "wir haben uns gestritten zuhaus, mehrmals."
Drei Herrchen vom Grill, ihre Europa-Philosophie, und Wahlfreude
14.56 Uhr: Für alle, die sich immer noch nicht entschieden haben, wie sie abstimmen wollen - oder vielleicht in den vergangenen Wochen keine Zeitung lesen konnten und nicht genau wissen, worum es beim Volksentscheid und den anderen Wahlen heute geht: Uli Zawatka-Gerlach erklärt, über was die Berliner abstimmen dürfen, und Mohamed Amjahid erläutert die vier Abstimmungsszenarien, und was sie bedeuten würden.
14.48 Uhr: Sonntagnachmittag, Sonne im Bötzowkiez, eine Schlange im Wahllokal. Ein gutes Zeichen, klar. Zwei Kabinen stehen zur Verfügung, in einer davon herrscht Kommen und Gehen. In der zweiten aber tut sich nichts. Besetzt ist sie, unter dem Tisch sind zwei Beine zu erkennen. Aber was tut die Dame - dass es eine Dame ist, legen die Beine nahe - da nur so lange? Rechts geht's voran, links herrscht Stillstand. Fast wie auf dem Tempelhofer Feld, wenn denn der Gesetzentwurf der Initiative... aber lassen wir das. Nun kommt die Wählerin auch heraus, mit einem verschmitzten Lächeln auf dem Gesicht. Sie schreitet zur Urne und wirft ihren Zettel ein, sichtlich gut gelaunt. Schön, wenn das Wählen so viel Freude bereitet.
14.35 Uhr: In Berlin lag die Wahlbeteiligung bis zum Mittag deutlich höher als bei der Europawahl im Jahr 2009. Deutschland- und EU-weit dagegen wird mit einer niedrigen Wahlbeteiligung gerechnet, was kleineren Protestparteien zugute kommen würde. Insgesamt waren seit Donnerstag fast 400 Millionen Menschen in der ganzen EU zur Wahl der 751 EU-Abgeordneten aufgerufen, Deutschland stellt mit 96 die meisten von ihnen. Erste Hochrechnungen werden ab 22 Uhr veröffentlicht, erste Ergebnisse dürfen erst nach Schließung der letzten Wahllokale in Italien um 23 Uhr bekanntgegeben werden. Alles wichtige zur Europa-Wahl lesen Sie hier in unserem Europa-Blog.
14.14 Uhr: Drei Herrchen vom Grill und ihre Europa-Philosophie, Mittagsbierchen auf dem Tisch, vor dem Dönerladen in der Berliner Straße dösen ihre Hunde in der Sonne: "Alles wird teurer, der Euro hat uns kaputtgemacht", sagt einer, der einen beigefarbenen Trenchcoat trägt, aus dem unten etwas herausragt, das stark nach Schlafanzughose aussieht. "Ick war ja immer dajejen", sagt ein anderer. Der Rest ist Schweigen - und Picheln.
14.04 Uhr: Bis 13.30 Uhr registrierte Geert Baasen, Leiter der Geschäftsstelle der Landeswahlleiterin "keine besonderen Vorkommnisse" in den 1709 Wahllokalen. "Einige wenige" der 18.000 Wahlhelfer hätten sich krank gemeldet, doch in jedem Wahllokal habe es "Reserven" gegeben. Sollte ein Wahlhelfer aus Versehen wie in Neukölln passiert, statt der Unterlagen zum Volksentscheid zweimal die Unterlagen zur Europawahl ausgereicht haben, sei das "auch nur menschlich". So ein Fehler könne schnell korrigiert werden. Zu Engpässen bei den Wahlunterlagen könne es eigentlich nicht kommen. Die Landeswahlleitung habe so viele Unterlagen drucken lassen, dass tatsächlich eine Wahlbeteiligung von theoretisch 100 Prozent erreicht werden könnte. "Im unwahrscheinlichen Fall, dass Unterlagen in einem Wahllokal fehlen sollten, haben wir noch jede Menge Nachschub", sagte Baasen. In Berlin sind 2,51 Millionen für die EU-Wahl stimmberechtigt, beim Volksentscheid dürfen 2,49 Millionen wählen.
13.55 Uhr: Auf dem Tempelhofer Feld zieht einem entlang des Grillplatzes an Oderstraße leichter Grillgeruch in die Nase. Dabei wird es nicht bleiben; bald werden dort dichte Rauchschwaden hängen. Immer mehr Familien und Freundesgruppen rücken mit schwerem Gepäck an: Sie schleppen große und kleine Grills, Kühltaschen, Tischchen, Stühle und Sonnenschirmen, Shishas und Getränkekisten. Aber das Feld ist ja groß. Auf den Rollbahnen gleiten Inline-, Wind- und Kite-Skater dahin. Ob die Menschen vorher schon darüber abgestimmt haben, was mit ihrer Tempelhofer Freiheit werden soll? Am Eingang steht eine Drei-Generationen-Familie mit Fahrrädern. Der Großvater ist zum ersten Mal dort. Die Tochter erklärt ihm: "Papa, das ist das Tempelhofer Feld, über das wir heute auch abgestimmt haben." Wie? - sagt sie aber nicht.
13.51 Uhr: Die Wahlhelferin im Wahllokal 317 der Herman-Nohl-Schule in Britz wirkt etwas überrascht über die "große Resonanz" vor allem was den Volksentscheid angeht: "Wir haben hier in Südneukölln genügend Grünflächen und Wohnungen, aber die Leute interessiert das Thema brennend."
13.47 Uhr: Vor dem Wahllokal 605 in der Schätzelberg-Grundschule in Mariendorf bildet sich eine kleine Schlange. Eine ältere Frau hat Schwierigkeiten mit dem Wahlzettel für den Volksentscheid. Sie ruft nach ihrem Ehemann, der ihr schon zu Hilfe eilt. Er wird aber vom Wahlhelfer zurückgerufen: "Sie dürfen nicht mit in die Kabine." Die Wahlhelfer sind sehr zufrieden mit der Beteiligung. Es herrscht die einhellige Meinung: "Das liegt am Tempelhofer Feld!" Denn das ist von hier aus in zweieinhalb Kilometer zu erreichen. An dieser Einschätzung mag was dran sein: Zur selben Zeit haben gerade erst einmal 85 Person ein Wahllokal im entfernten Gesundbrunnen aufgesucht.
Ob das der Tempelhof-Effekt ist? Viele Stimmen für Europawahl in Berlin
13.40 Uhr: Noch etwas verschlafen schreitet Julius Dahms von der Initiative "100 Prozent Tempelhofer Feld" in das Wahllokal. Am Samstag wurde die Feier immer länger und länger: "Da war es irgendwann vier Uhr in der Früh". Mit Freunden wollte er den Endspurt feiern. Und dann hat er erst heute morgen auf seine Wahlmitteilung geschaut. Sein Wahllokal liegt in Britz, nicht wie gedacht in Nordneukölln. Also schnell in die U-Bahn gehüpft und ab zum Kreuzchen machen. Immerhin hat er seit Monaten fast Vollzeit für sein "Freies Feld" gekämpft, der Akt des Wählens ist da "nur" das Tüpfelchen auf dem i. Der Ingenieur verteilt auf dem Weg zum Wahllokal noch den Rest an Flyern die für eine Nicht-Bebauung werben: "Jede Stimme zählt".
Ab 18 Uhr werden die Aktivisten von "100 Prozent" an verschiedenen Orten in der Stadt feiern oder trauern, je nach Wahlergebnis. Die Landeswahlleiterin verkündete am Freitag offiziell das Quorum bei diesem Volksentscheid: 622.785 Ja-Stimmen müssen auf einen Gesetzentwurf versammelt sein damit er in Kraft treten kann. Sie werden also lange fiebern bis in die Nacht, auf den Wahlpartys der Parteien, aber auch bei der Bürgerinitiative. Es kann spät werden bis ein verlässliches Ergebnis feststeht. Der Tagesspiegel berichtet auf jeden Fall live im Ticker und morgen in der Druckausgabe über alle Reaktionen ausführlich.
13.35 Uhr: Ob das der Tempelhof-Effekt ist? In Berlin deutet sich eine viel höhere Wahlbeteiligung ab als bei der letzten Europawahl 2009. Bis 12 Uhr gaben 17,5 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Vor fünf Jahren waren es zum selben Zeitpunkt nur 10,2 Prozent. Die höchste Wahlbeteiligung wurde bis 12 Uhr aus Steglitz-Zehlendorf (21 Prozent) gemeldet, gefolgt von Tempelhof-Schöneberg (19,6 Prozent). Marzahn-Hellersdorf bildet mit 14,2 Prozent das Schlusslicht. Die Wahllokale schließen um 18 Uhr.
13.31 Uhr: Klaus Wowereit hält sich fern. Der Regierende Bürgermeister werde voraussichtlich nicht an der Wahlparty der Berliner SPD oder einem vergleichbaren Event teilnehmen, bestätigte am Sonntag Senatssprecher Richard Meng. Die Sozialdemokraten treffen sich ab 17.30 Uhr im Büro des SPD-Kreisverbands Friedrichshain-Kreuzberg, der Landeschef Jan Stöß, die Europa-Kandidatin Sylvia-Yvonne Kaufmann und Stadtentwicklungssenator Michael Müller sind mit dabei, um die Ergebnisse der EU-Wahl und des Volksentscheids zu Tempelhof zu feiern oder zu betrauern. Wo Wowereit an diesem Abend ist? Seine Genossen wissen es nicht oder wollen es nicht sagen.
13.22: Auch der Tagesspiegel macht sich nicht überall Freunde - zumindest nicht mit dem heutigen Kommentar unseres Autoren Bernd Matthies zur Kleingartenkolonie Oeynhausen. Der schreibt, "dass der Staat nicht einfach dort Wohnungen bauen lassen kann, wo der Widerstand zufällig am geringsten ist, sondern dass alle einigermaßen baureifen Flächen auch bebaut werden müssen". In Oeynhausen hat jetzt ein Anwohner den Text gelesen und zeigt ihn mehreren Mitstreitern im Kampf gegen die Bebauung. "Das ist für uns aber keine gute Werbung", sagt er.
13.08 Uhr: Wichtige Frage im Wahllokal: Dürfen die Kinder mit in die Wahlkabine? - "So lange sie noch nicht lesen können", sagt die freundliche Wahlhelferin. Sohn 1 und Sohn 2 könnten ja kundtun, was Papa gewählt hat. Ein Leser von uns hat das dann bezweifelt und geschrieben, jeder dürfe sich bei der Wahl begleiten lassen. Geert Baasen, Leiter der Geschäftsstelle der Landeswahlleiterin, sagt dazu: Kinder dürfen nur dann mit in die Wahlkabine, "wenn sichergestellt ist, dass sie das Wahlgeheimnis nicht verraten". Eine Altersbestimmung gibt es genauso wenig wie eine gesetzliche Vorschrift. Es ist also eine Ermessensspielsache des Wahlvorstands.
13.01 Uhr: Bodybuilder wie frisch aus dem McFit, Großmütter am Rollator und Anzugträger in Zeitnot - im Wahllokal 222 im Schillerkiez in Neukölln herrscht bunt gemischter Andrang. Das Tempelhofer Feld ist von der Schule aus in Sichtweite. Nur Stimmzettel gibt es nicht. Der Wahlhelfer hat aus Versehen zweimal Europawahl ausgehändigt. So wird's natürlich nichts mit dem Volksentscheid. Ehrensache, dass die Anwohner so nah am Feld den Fehler sofort bemerkt und korrigiert haben. Kein Wunder allerdings, dass die Wahlhelfer so verwirrt sind. Sie müssen ihre Augen überall haben. Wie eine Wahlhelferin erzählt, sind schon etliche Kulis aus der Kabine geklaut worden. Dabei sind sie doch festgebunden...
12.55 Uhr: "Zehn Prozent haben erst abgestimmt", sagt die freundliche Dame, die im Landgericht in Charlottenburg die Urne des Wahllokals 115 bewacht. Das war nach elf Uhr. Die Lage dort ist sommerlich entspannt, der Andrang gering, allerdings muss man vor der Wahlkabine etwas warten, denn drei Stimmzettel sind in Charlottenburg auszufüllen: Europawahl, Volksentscheid, Bürgerentscheid. Die Wahlvorständlerin rechnet hoch: "Zehn Prozent bis elf Uhr, das sind gut 30 Prozent bis 18 Uhr." Rechnen wir noch schnell die Briefwähler dazu, könnten es 40 Prozent werden. Das wären immerhin mehr als bei der Europawahl 2009.
12.46 Uhr: Das Ehepaar Marie-Lusie und Michael von Lengerken ist unmittelbar betroffen von den Bebauungsplänen für die Kleingartenkolonie Oeynhausen. Ihre Parzelle "Tulpe 35" würde dem neuen Wohnraum weichen müssen. Der Garten gehört schon seit rund 40 Jahren zur Familie Lengerken, sie sind ziemlich ratlos, was sie jetzt machen werden. Auch, weil sie aufgrund der unklaren Situation jetzt auch nicht weiter investieren wollen. Und weil sie dem Senat misstrauen. Brigitte Olschock hat dem Gespräch im Vereinshaus zugehört. Sie hat ebenfalls eine Laube in der Kleingartenkolonie und würde jetzt gerne abstimmen. Kann sie aber nicht. Sie wohnt in Tempelhof und ist deshalb nicht abstimmungsberechtigt. "Sehen Sie", sagt Frau von Lengerken, "und solche Leute gibt es hier viele".
12.38 Uhr: Ein Mann ruft bei seiner Frau im Büro an, die heute arbeiten muss, und möchte wissen, ob er jetzt richtig abgestimmt hat: "Bei der ersten Frage ,Nein' und bei der zweiten ,Ja' - war das jetzt in Ordnung?" Die Antwort: "Kommt darauf an, was Du wolltest." Tatsächlich wollte er gegen den Senatsentwurf stimmen. Und fragt jetzt leicht verzweifelt: "Warum stehen die nicht einfach gegeneinander?"
12.23 Uhr: Im Schmargendorfer Stimmbezirk 518 war die Wahlbeteiligung heute Vormittag sehr gering. Bis 11.45 Uhr gaben 133 Wähler im Wahllokal im "Grauen Kloster" in der Salzbrunner Straße ihre Stimmen ab - von 1084 Wahlberechtigten für die Europawahl, 1067 für den Volksentscheid und 1231 für den Bürgerentscheid. Wahlvorstand Ursula Patzelt sagte, dass die Wahlbeteiligung wegen der im Bezirk lebenden vielen älteren Menschen vermutlich niedrig bleibe. "Für viele ist Europa weit weg, die kommen auch mit der langen Stimmliste nicht klar." Sie persönlich hoffe, dass die "tolle Oase" Oeynhausen und das Tempelhofer Feld für die Bürger erhalten bleibe.
Hohe Wahlbeteiligung in Wilmersdorf: "Wir sind ganz entsetzt."
12.20 Uhr: In einem Wahllokal an der Bundesallee in Wilmersdorf dagegen stehen die Wähler Schlange. Die Wahlbeteiligung sei ziemlich gut, sagt einer der Wahlhelfer und beißt in seine Stulle: "Wir sind ganz entsetzt."
11.52 Uhr: Petra und Walter Kisow wohnen schon seit 30 Jahren ganz in der Nähe der Kleingartenkolonie Oeynhausen. Einen Garten haben die beiden Rentner dort zwar nicht, aber trotzdem sind sie strikt gegen eine Bebauung des Geländes - auch wenn es nur um einen Teil der Kolonie geht. Einmal glauben sie einfach nicht, dass es dann nicht doch weiter geht mit der Bebauung. Das Misstrauen gegenüber der Politik sitzt bei ihnen tief, wie überhaupt bei den meisten, die heute schon zur Wahl gegangen sind und sich haben befragen lassen.
Das Ehepaar Kisow hat aber noch weitere Sorgen: Sie befürchten, dass das geplante Bauprojekt die Lebenshaltungskosten im Bezirk insgesamt ansteigen lassen wird. In dem Haus, in dem sie zur Miete wohnen, habe sich letzter in den vergangenen 15 Jahren schon jetzt verdreifacht. "Außerdem", sagt Petra Kisow, "gerade den alten Menschen würde es das Herz herausreißen, wenn sie ihre Gärten aufgeben müssten."
11.43 Uhr: Das Wetter ist gut, die Sonne scheint, und ganz Friedrichshain geht wählen. So fühlt es sich zumindest an. Im Bezirksamt Friedrichshain warten Familien und viele junge Leute geduldig, bis sie ihre Stimme abgeben können, die Wahlhelfer sind gut gelaunt und freuen sich, dass sie so viel zu tun haben.
11. 35 Uhr: Langsam wird es auch in Charlottenburg etwas lebhafter. Hans Jürgen Wegener, ein Herr um die 60, ist im bordeaux-farbenen Vereinsheim der Kleingartenkolonie Oeynhausen eingetroffen und bestellt sich einen Weißwein. Er ist strikt gegen die Bebauungspläne eines Investors, der auf einem Teil des Kolonie-Geländes 700 Wohnungen errichten lassen will. Und warum? Weil er nicht daran glaubt, dass es dabei bleiben wird. Der Mann befürchtet einen Domino-Effekt. Deshalb hat Hans Joachim Wegener auch gegen die Bebauungspläne des Senats für das Tempelhofer Feld und für die Initiative 100 Prozent Tempelhofer Feld gestimmt.
11.15 Uhr: In der Kleingartenkolonie Oeynhausen ist es noch ziemlich ruhig. Das Vereinsheim "Fränky's Gasthaus" hat schon geöffnet und wirbt mit Sonntags-Brunch. Nur ist eben noch keiner da, der etwas essen würde. Wahrscheinlich sind alle beim Wählen.
11.11 Uhr: Diese Frage zur Kolonie Oeynhausen macht leicht ratlos: "Sind Sie dafür, dass das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf aufgefordert wird, das Gebiet des Kleingärtnervereins Oeynhausen e.V. durch zügige Fortsetzung des Bebauungsplanverfahrens bis zur Planfestsetzung des bereits aufgestellten Bebauungsplans IX-205a dauerhaft zu sichern, um die geplante Bebauung durch die Eigentümerin zu verhindern?“
Tja. Da sitzt man nun in der Kabine des Wilmersdorfer Wahllokals 605 in der UdK und hat, leider, die Qual bei der Wahl. Eine Hilfestellung ist dem Wahlzettel nicht beigegeben. Mit der Lesebrille wird die Frage noch einmal gelesen, und noch einmal. Gedanklich werden die vermutlich unwichtigen Einschachtelsätze in der Mitte weggelassen. Eine Entscheidung wird gefällt, ein Kreuz gesetzt. Es bleibt eine Restunsicherheit, ob das Kreuz da landete, wo man es haben wollte.
10.35 Uhr: Zum ersten Mal seit Jahren sind am frühen Sonntagmorgen mehr Junge als Senioren an der Urne, jedenfalls in Wahllokal 407 an der Dudenstraße. Auch die Tätowierten wollen sich der Stimme nicht enthalten. Die Schlange ist kurz, die Gespräche drehen sich ums Tempelhofer Feld, Europa ist kein Thema.
10.28 Uhr: Jeder nur ein Kreuz? Von wegen! Es werden immer mehr - auch für die Wahlhelfer. "Haben Sie an beiden Wahlen teilgenommen - Europa und Tempelhof", fragt die Frau neben der Urne im Wahllokal. Äh, warum wollen Sie das wissen? "Statistik", sagt sie und lächelt erschöpft, "ich muss hier auf meiner Liste Kreuze machen, damit wir die Wahlbeteiligung bei den beiden unterschiedlichen Abstimmungen später leichter errechnen können. Bürokratie ...."
10.00 Uhr: Gerade aufgestanden? Na dann: Guten Morgen. Wer sich später aufmacht ins Wahllokal, sollte den Ausweis nicht vergessen - und eine Sonnebrille. Draußen ist's wunderbar sonnig, und es wird noch wärmer, bis zu 25 Grad. Wer sich abkühlen will, kann ja um 15 Uhr zum Lustgarten gehen, da ist eine fulminante Wasserschlacht geplant. Und wer einen Ausflug plant, kann ja mal in den gedruckten Tagesspiegel gucken - heute beginnt unsere neue Ausflugsserie.
9.50 Uhr: Immer wieder taucht diese "Oeynhausen" auf? Ist das nicht dieses Städtchen an der Autobahn A 2, kurz vor Bielefeld, liebevoll "Bad O" genannt - ja, richtig, so heißt aber auch eine Kleingartenkolonie in Berlin. Und darüber wird ebenfalls an diesem Sonntag abgestimmt, aber nur in einem Bezirk. In Charlottenburg-Wilmersdorf - 242.000 Wahlberechtigte - geht es um die Frage, ob die Kleingartenkolonie Oeynhausen dauerhaft gesichert werden soll. Ein privater Investor will das Gelände mit 700 Wohnungen bebauen. An ein positives Votum der Bürger müsste sich das Bezirksamt aber nicht halten – ebenso wie ein BVV-Beschluss hat es nur „empfehlenden Charakter“. Wer muss was tun? Die Frage ist klar formuliert: Sollen die Kleingärten dauerhaft gesichert und die Wohnungsbaupläne verhindert werden? Ja oder Nein kann angekreuzt werden. Die Initiative ist erfolgreich, wenn mindestens zehn Prozent der Wahlberechtigten teilnehmen und davon die Hälfte mit Ja stimmt.
Ein Wahllokal in Tempelhof: Vor der Tür warten sie schon
9.36 Uhr: Diese Paar weiß aber ganz bestimmt, dass heute in Berlin nicht nur über das Tempelhofer Feld abgestimmt wird: Am Vormittag sind Bundespräsident Joachim Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt in der Erich-Kästner-Grundschule eingetroffen, um dort ihre Stimme abzugeben. Und zwar auch für die Europa-Wahl.
9.20 Uhr: Die Frage, wie weiter mit dem Tempelhofer Feld spaltet nicht nur die Stadt, sondern sogar Beziehungen. Henriette Schmidt und ihr Lebensgefährt zum Beispiel sind unterschiedlicher Ansicht, wie es mit dem ehemaligen Flughafengelände weitergehen soll. Henriette ist gegen die Bebauung, ihr Mann dafür, erzählen die beiden vor dem Wahllokal in der Stollbergstraße in Alt-Tempelhof. Diskutiert haben sie viel über das Thema, den anderen überzeugen ist keinem von beiden geglückt. Sport haben sie heute morgen trotzdem noch zusammen gemacht - auch ein Grund, warum Henriette Schmidt die große Freifläche mitten in der Stadt genießt.
Ein älterer Herr um die 70 dagegen ist zwar zum Wahllokal gekommen, aber nur, um seine Frau zu begleiten, nicht, um selbst abzustimmen. Er ist ziemlich frustriert über die Berliner Politik und glaubt nicht daran, dass es bei der Abstimmung überhaupt mit rechten Dingen zugehen wird. Er hat bei früheren Tempelhof-Initiativen mit und dort offenbar ziemlich schlechte Erfahrungen gemacht.
8.56 Uhr: Wolfgang, der stellvertretende Wahlleiter im Wahllokal 412/413 in Alt-Tempelhof trägt dafür Sorge, dass im Umkreis von etwa 20 Metern rund um das Wahllokal "keine Beeinflussung der Wähler" stattfindet. Also keine Wahlplakate, aber auch keine Reporter, die zu viele Fragen stellen. Gut, wir haben verstanden.
8.35 Uhr: Tief im Süden des Berliner Bezirks Spandau. Hier befand sich bis 1995 auch mal ein Flugplatz, hier war die "Royal Air Force" stationiert, die britische Luftwaffe. Wo früher die Queen landete, entstand ein neues Wohnviertel mit auf den beiden Landebahnen. Bebauung auf dem Flugplatz? Damit kennen sich die Menschen hier aus; viele Alt-Anwohner genossen Jahrzehnte den Blick auf den grünen Landeplatz. "Viele Leute, die mit ihren Familien hierher gezogen sind, kommen aus der Stadt", sagt eine Frau, die hier ein Miet-Reihenhaus bezogen hat. "120 Quadratmeter für die Familie: in der Innenstadt schwer zu bezahlen." Was sie wählt, will sie nicht sagen. Vor dem Wahllokal an der Straße "Am Flugplatz Gatow" ist's noch ruhig. Die einen joggen mit Brötchentüten in der Hand, andere haben es noch eiliger. "Die Kinder warten im Auto", ruft ein Vater, "herrliches Ausflugswetter".
8.25 Uhr: So kann es auch gehen: Ein Dame, so um die 60 Jahre, hat ihren Hund ausgeführt und nutzt die Gelegenheit, in ihrem Wahllokal in der Nähe des Tempelhofer Feldes auch gleich abstimmen zu gehen. Nur worüber, das ist ihr offenbar noch nicht ganz klar. Dass es um das Tempelhofer Feld geht, ja, das wisse sie. Aber da sei doch noch etwas... Ein fragender Blick: Bitte helfen Sie mir, worum geht es heute noch?
Damit Ihnen das nicht passiert, alles rund um die heutige Europa-Wahl und das Europäische Parlament finden Sie hier auf unserer Sonderseite.
8.09 Uhr: Die Berliner zieht es an die Wahlurnen, zumindest in Alt-Tempelhof. Ein Wahlhelfer, der seinen Namen nicht nennen möchte, dämpft allerdings die Aufregung: Bei dem schönen Wetter sei das völlig normal, dass viele Leute gleich in der Früh zum Wählen gingen: "Bei Regen sieht das anders aus. Da lassen sich die Menschen mehr Zeit".
7.55 Uhr: Das Wahllokal 412/413 in der Werner-Stephan-Schule in Alt-Tempelhof hat noch gar nicht geöffnet, aber es stehen schon sieben Berliner vor der Tür und warten, um ihre Stimme abgeben zu können. Das Ehepaar Johannes und Helga Winskowski hat sich deshalb schon so früh aufgemacht, weil sie später auf der Autobahn "nicht hetzen wollen". Und - das ist Johannes Winskowski mindestens genau so wichtig - weil sie unbedingt gegen die Bebauung des Tempelhofer Feldes stimmen wollen.
Denn Johannes Winskowski glaubt nicht daran, dass angepeilte Mieten von fünf bis sechs Euro dann auch wirklich so kommen werden. Ein "Wunschtraum" sei das. Und die weitere drängende Frage für ihn: Wo sollen denn die Mieter der neuen Wohnungen überhaupt ihre Autos abstellen? Schon jetzt seien Parkplätze rund um das Tempelhofer Feld Mangelware.
7.50 Uhr: Gleich öffnen die Wahllokale, dann haben rund 2,5 Millionen Berliner die Wahl. Einen Überblick, über was Sie alles entscheiden können, finden Sie hier.
Sara Schurmann, Ruth Ciesinger