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Mehr Schüler brauchen mehr Schulen in Berlin. Jetzt soll die Howoge für den Senat bauen.
© Patrick Seeger/dpa

Schulbauoffensive in Berlin: Wohnungsbaugesellschaft baut für 1,5 Milliarden Euro Schulen

Der Senat bittet die Wohnungsbaugesellschaft Howoge um Hilfe beim Schulbau - zur Umgehung der Schuldenbremse. Pankow bleibt auf Großprojekten sitzen.

Erstmals seit fast 50 Jahren ist es soweit: Berlin bittet eine seiner landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften um Mithilfe beim Schulbau. Die Wahl fiel auf die Howoge. Sie gilt als so gut aufgestellt, dass man ihr zutraut, bis 2026 rund 30 Schulen und Großsanierungen im Umfang von bis zu 1,5 Milliarden Euro abzuwickeln. Weitere vier Milliarden Euro wird das Land selbst verbauen, damit letztlich rund 86.000 Schüler zusätzlich untergebracht werden können.

Um die Beteiligung der Howoge wurde seit fast zwei Jahren gestritten: Damals – kurz vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus – hatte die SPD ihr Schulbauprogramm vorgestellt. Die Herausforderung ist groß, weil nicht nur rund 60 neue Schulen gebaut werden müssen, sondern auch Dutzende Schulen baufällig sind – eine Folge des Sanierungsstaus. Da ab 2020 die von der EU vereinbarte Schuldenbremse greift, war bereits 2016 klar, dass das Land die benötigten Milliarden nicht komplett selbst über Kredite finanzieren kann.

Vor Schattenhaushalten wird gewarnt

So kam die SPD auf die Idee, eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft zu beauftragen – auch wenn die Rechnungshöfe von Bund und Ländern der Ansicht sind, dass durch eine derartige Konstruktion "Schattenhaushalte" entstehen. Für die Zurhilfenahme einer Wohnungsbaugesellschaft spricht nicht nur die Schuldenbremse, sondern auch die Tatsache, dass Senat und Bezirke nicht genug personelle Kapazitäten hätten, um alles selbst zu bauen.

Das Land behält die Grundstücke, die HoWoGe bebaut sie

Sehr schnell fiel die Wahl auf die Howoge. Sie soll die Schulgrundstücke in Erbbaurecht erhalten. Das bedeutet: Das Land behält diese Grundstücke, aber die HoWoGe bebaut sie – kreditfinanziert. Weiter ist geplant, dass die neu gebauten Schulgebäude von der Howoge an die Bezirke vermietet werden. „Basis dafür ist eine reine Kostenmiete, die den Kapitaldienst – Zins und Tilgung – abdeckt sowie geringe laufende Verwaltungskosten“, teilte die Senatsverwaltung für Finanzen mit. Nach Ablauf der Mietzeit von mindestens 25 und maximal 33 Jahren fallen die Schulen an den Bezirk zurück und das Erbbaurecht läuft automatisch aus.

Bei den Sanierungen ist es ähnlich. Auch hier erhält die Howoge Erbbaurechte an den Schulgrundstücken und erwirbt die Schulgebäude. Das entspricht laut Senat „dem üblichen Verfahren bei der Vergabe von Erbbaurechten“: Wenn Erbbaurecht vergeben wird, gehen die bestehenden Gebäude in das Eigentum des Erbbaurechtnehmers über. In diesem Fall werde der Kaufpreis aber gestundet. Die Howoge investiert in diese Schulen dann kreditfinanziert für grundlegende Sanierungen von mehr als zehn Millionen Euro.

Warnung vor einer "Privatisierung"

Über diese Konstruktion war lange diskutiert worden. Insbesondere die Initiative „Gemeingut in Bürgerinnenhand“ warnt davor, dass die Schulen im Fall einer Howoge-Insolvenz der öffentlichen Hand verloren gehen könnten. Von einer „Privatisierung“ der Schulen war die Rede. Bislang überzeugte „Gemeingut“ aber weder die Linke noch die Grünen im Senat, versucht aber durch Diskussionsveranstaltungen und eine Unterschriftenaktion weiterhin, ihre Kritik zu transportieren. Um die Bedenken, die es – auch in der Koalition – durchaus noch vereinzelt gibt, zu zerstreuen, sichert der Senat dem Parlament Transparenz zu. Der Hauptausschuss werde halbjährlich einen „schulscharfen Bericht“ über die Bau- und Sanierungsmaßnahmen erhalten. Zudem teilte der Senat mit, dass sich auch der „Landesbeirat Schulbau“ mit den Baumaßnahmen der Howoge werde „befassen“ können. Dies wurde vom Landeselternausschuss am Dienstag ausdrücklich begrüßt.

Das Land probierte Ähnliches schon einmal

Der Senat will auch die Befürchtung zerstreuen, dass die Howoge für etwaige Schlechtleistungen nicht haftbar gemacht werden könnte: Diese Gefahr wurde immer wieder beschworen, da Schulen in den siebziger und achtziger Jahren entsprechende Erfahrungen mit einer anderen Wohnungsbaugesellschaft gemacht hatten, die damals die Mittelstufenzentren baute. Daher betont der Senat nun: „Ist an der Schule etwas nicht ordentlich gemacht, ist die Howoge während der Gewährleistungsphase in der Pflicht, Abhilfe zu schaffen. Nicht anders kennen es auch diejenigen, die sich privat ein Haus bauen lassen.“

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sagte am Dienstag, die Aufteilung der Vorhaben zwischen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen sowie der Howoge seien "ein weiterer Meilenstein im Rahmen der Schulbauoffensive". Kommende Woche will Scheeres den seit langem erwarteten "Schulbaufahrplan" vorstellen. Dann werden die Schulen endlich erfahren, wann ihre Erweiterungs- und Sanierungsmaßnahmen zu erwarten sind.

Amtshilfe wurde verweigert

Der Senat veröffentlichte als ersten Schritt zwei Listen, aus denen hervorgeht, welche Projekte jeweils der Howoge und der Bauverwaltung zugeteilt wurden. Aus diesen Listen geht auch hervor, dass die Bauverwaltung nicht alle Schulen übernimmt, für deren Sanierung sie von den Bezirken um Amtshilfe gebeten wurde. So moniert Pankow, dass mehrere große Maßnahmen nicht in den Listen auftauchen. Für Pankow bedeutet das, dass es rund 300 Millionen Euro zusätzlich verbauen muss, ohne dass es dafür genügend Baufachleute hätte, wie Bildungsstadtrat Torsten Kühne (CDU) mahnt. Er fragt, wie er die zusätzlich benötigten Mitarbeiter finanzieren soll: Aus den Investitionsmitteln bezahlen darf er sie nicht, stellt der Senat klar. Möglicherweise wird dieses Problem noch im Rat der Bürgermeister angesprochen, der als Nächstes mit dem Senatsbeschluss befasst sein wird.

Die CDU ist skeptisch

Die CDU-Fraktion gab am Dienstag zu bedenken, dass die Howoge „leider nicht über die nötigen Schulbaukompetenzen verfügt“. Diese müsse sie erst aufbauen. Daher befürchtet ihr Schulbauexperte Mario Czaja „zeitliche Verzögerungen“. Es sei zudem nicht ausgeschlossen, dass durch die Vergütungsstruktur der Wohnungsbaugesellschaft Mitarbeiter aus den Bezirken abgeworben würden. Um Zeit zu sparen, plädiert Czaja dafür, Ausschreibungsfristen deutlich zu verkürzen, wie sich das bei den Schnellbauten für Flüchtlingsunterkünfte bewährt habe. Zudem müssten Ausschreibungsgrenzen bei der Auftragsvergabe von 200.000 auf 1,5 Millionen Euro erhöht und Auftragnehmern Sprinterprämien gezahlt werden.

Hier können Sie nachlesen, wo in Berlin Schulen neu gebaut werden.

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