Senatskonzept zum Schulbau: Berlins Bezirke sollen künftig Schulen mieten
Die Rolle der Berliner Wohnungsbaugesellschaft Howoge beim Schulbau wird klarer. Nun sind die Bürgermeister gefragt. Die CDU spricht von "Knebelverträgen".
Der Senat wirbt bei den Bezirken um Zustimmung zum Engagement der landeseigenen Howoge beim Schulbau. „Die Bauverpflichtung durch die Howoge stellt die Bezirke nicht schlechter, als wenn die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Maßnahmen vergeben oder übernommen hätte“, heißt es in der Modellkonzeption des Senats, die dem Tagesspiegel vorliegt, und die den Bezirksbürgermeistern zur Prüfung übergeben wurde.
Die Howoge selbst - keine Tochter
Demnach bleibt der Senat dabei, dass das landeseigene Wohnungsbauunternehmen eine Hauptrolle bei der 5,5 Milliarden Euro umfassenden "Berliner Schulbauoffensive" (BSO), also beim Neubau und der Sanierung von Schulen, übernehmen soll. Auf diese Weise soll die gesetzliche Schuldenbremse umgangen werden. Der Senat betont dabei aber, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Howoge „nicht durch unverhältnismäßige Risikoübernahme eingeschränkt werden darf“.
Um das Unternehmen nicht über Gebühr durch Sonderwünsche der einzelnen Bezirke zu belasten, soll eine Vorgehensweise „einheitlich für alle Bezirke festgelegt“ werden. Dies gelte „insbesondere für Qualitätsstandards und für die Instandhaltung während der Mietvertragslaufzeit“. Anders als zunächst geplant, soll aber keine Howoge-Tochter die Aufgabe übernehmen, sondern sie selbst.
Die Schulnutzung steht im Erbbauvertrag
Zu den Fragen des Erbbaurechts wurde den Bezirken mitgeteilt, dass die Festlegungen sowohl für Neubau als auch für Sanierung gelten: Die Schulnutzung muss als Zweckbindung im Erbbaurechtsvertrag festgelegt und im Grundbuch gesichert werden. Der Erbbauzins soll drei Prozent des Bodenwertes pro Jahr betragen.
Außerdem wurde den Bezirken in der Konzeption dargelegt, dass es notwendig sei, die Schulen dem wirtschaftlichen Eigentum der Howoge für die anvisierte Zeit von 25 Jahren - plus gegebenenfalls Verlängerung um sieben Jahre - zuzurechnen, „um die Abschreibung der Investitionen bei der Howoge bilanzieren zu können“. Dies werde aber „noch überprüft“, heißt es einschränkend in dem Papier.
Die Kritiker verstummen nicht
Die vorsichtige Ausdrucksweise des Senats ist möglicherweise eine Reaktion auf die vielen kritischen Stimmen, die zu hören waren, seitdem die SPD vor der Wahl im Herbst 2016 die beabsichtigte Einbeziehung der Howoge verkündet hatte. Allen voran äußerte die Initiative „Gemeingut in Bürgerinnenhand“ (GiB) Kritik, weil sie um die Sicherheit der Immobilien bangt, in dem Fall, dass die Howoge in eine wirtschaftliche Schieflage geriete. Dann, so die Befürchtung von GiB, wären auch die Wohnungen der Howoge gefährdet - und die Schulen sowieso. Darüber hinaus gibt es noch ungute Erinnerungen an das Schulbau-Engagement der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Degewo in den sechziger Jahren, als Schulen jahrelang über Baumängel klagten.
Die Bezirke prüfen das Konzept jetzt
Spandaus Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD) wollte sich am Dienstag nicht zum Konzept äußern: „Die Bezirke prüfen das Modell jetzt unter verschiedenen Aspekten“, sagte Kleebank auf Anfrage. Mit Ergebnissen aus Spandau sei nicht vor Ende der Woche zu rechnen.
CDU-Schulbauexperte Mario Czaja sieht in der vorgesehenen nur eingeschränkten Gewährleistungspflicht einen „Freifahrtschein für die Howoge“. Wenn ein Mangel nicht einer Firma zugeordnet werden könne, so sei er „nicht weiterbelastbar - ergo: muss ihn die Howoge nicht beheben“, kritisiert Czaja, und er fügt an: „Vor solchen Knebelverträgen warnen Verbraucherschützer bei Einfamilienhaus-Errichtern“.
Die CDU will keine Einbeziehung der Howoge
Der Senat will den etwaigen bezirklichen Kritikern auch in diesem Punkt den Wind aus den Segeln nehmen, indem er abermals darauf verweist, dass auch diese Regelung „vergleichbar“ mit dem sei, was bei Baumaßnahmen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung“ gelte: Die Howoge übernehme nur die Risiken, die versicherbar seien oder „weitergabefähig“ an den Generalunternehmer sowie die Risiken, die durch die Howoge „selbst verursacht“ seien. Risiken wie Baugrund, Altlasten oder die Änderung rechtlicher Grundlagen muss die Howoge ebensowenig die die Baubehörde von Kartin Lompscher tragen.
Die CDU-Fraktion hatte vor einigen Wochen zusammen mit Pankows Bildungsstadtrat Torsten Kühne (CDU) ein eigenes Schulbaukonzept vorgestellt. Die Umgehung der Schuldenbremse war dort nicht vorgesehen, weil die Christdemokraten davon ausgehen, dass es künftig genug Landeseinnahmen geben werde. Schon jetzt könne das Geld aus dem Sondervermögen nicht ausgegeben werden.
"Ein 25-Jahres-Vertrag ganz ohne Kündigungsrecht ist aus meiner Sicht nicht zulässig und ist eine bedingungslose Privatisierung von Schulbauten an die Howoge“, beharrt Czaja. Seine Fraktion will ihr Konzept am 27. Februar bei einer öffentlichen Veranstaltung zur Diskussion stellen.
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