Krach um Berliner Flughafenbau: Wer Mühlenfeld feuert, eröffnet den BER auch nicht eher
Der Aufsichtsrat wollte den Flughafenchef entlassen, hatte aber keine Alternative zum jetzigen BER-Geschäftsführer. Sollte man das nicht vorher bedenken? Ein Kommentar.
Es ist zum Heulen! Mit diesem resignativen Ausruf kommentierte ein Mitglied des Gremiums die nach vielen Stunden ergebnislos vertagte Sitzung des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft. Zusammengekommen war das Gremium auf Betreiben der Gesellschafter Berlin und Bund, um Flughafenchef Karsten Mühlenfeld gegen den Willen Brandenburgs zu feuern. Es endete ohne Beschluss, weil Berlin keinen Plan B hatte – keine vernünftige Alternative, was denn folgen sollte, wenn Mühlenfeld weg wäre. Die aber hatten die Brandenburger verlangt. Sie wollten die Entscheidung, hätten sich der Mehrheit gebeugt. Aber Michael Müller, der Vorsitzende des Aufsichtsrates, stand mit leeren Händen da.
Die Frage, ob der Regierende Bürgermeister in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender denn nun beschädigt sei, ist allenfalls amüsant. Ja, was ist das denn sonst, wenn jemand so sehr Angst vor der eigenen Courage hat? Da fordern zwei der drei Eigentümer eine Dringlichkeitssitzung, wollen schnelle Entscheidungen – und dann kommt erst einmal nichts. Denn klar war doch, dass die denkbaren Alternativen zu Mühlenfeld keine echten waren. Karsten Mühlenfelds Ruf als Fachmann ist unbestritten, als einfühlsam allerdings galt er nicht.
Gleiches trifft für den Berliner Flughafenkoordinator Engelbert Lütke Daldrup zu: Allgemein gerühmt als fachlich hochkompetent und durchsetzungsfähig, aber eher noch introvertierter als der jetzige Chef der Geschäftsführung. Auch Rainer Bomba, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, könnte rein fachlich Mühlenfelds Job übernehmen. Aber Bomba sei einfach zu nett, heißt es. Dass man keinen Berliner zum CEO machen kann, wenn auch der Vorsitzende des Aufsichtsrates aus Berlin kommt – das hätte vorher schon jeder erkannt haben können.
Mühlenfeld wollte wenigstens den Termin halten
Wer einen Plan hat, egal ob in der Wirtschaft oder in der Politik, sollte das Vorhaben vom Ende her betrachten. Bei der Absicht, in Schönefeld gemeinsam etwas Größeres zu bauen, hatten die Gesellschafter Bund, Berlin und Brandenburg 2006 wohl als Ziel im Auge: Es soll ein Flughafen werden. Aber seit nunmehr elf Jahren halten die Mitglieder des Aufsichtsrats und die verschiedenen Geschäftsführer den Weg dahin offenbar für so erschöpfend, dass sie nicht einmal mehr einen Wutanfall bekommen, wenn die eigentliche Eröffnung des Flughafens in immer weitere Ferne rückt.
Karsten Mühlenfeld aber war wenigstens noch zu einem Zornesausbruch fähig angesichts immer neuer Terminverschleppungen. Dass er den Technikchef entließ, war die Reaktion darauf. Die Art, in der er den Aufsichtsrat darüber in Kenntnis setzte, wirkte etwas, nun, nennen wir es einmal – selbstherrlich. Aber Mühlenfeld ist nicht der erste Maschinenbauingenieur, der in Schönefeld weniger durch seine Verbindlichkeit auffiel als durch sein Temperament. Am Mittwochabend entschuldigte er sich bei den Aufsichtsräten für seinen ruppigen Stil – offenbar erfolglos. Dort raste man und wollt’ ein Opfer sehen.
Ist es zur Gesichtswahrung der Gesellschafter Berlin und Bund wirklich nötig, ausgerechnet den Mann zu feuern, der unbestritten mit aller Kraft den Eröffnungstermin 2018 halten will? Der Verlauf der Nachtsitzung war peinlich genug, da muss nun nicht noch von den verschiedenen Portepeeträgern eins draufgesetzt werden. Sollten Michael Müller und die Vertreter des Bundes mit Rückzug aus dem Aufsichtsrat drohen, wenn Mühlenfeld nicht gekippt wird, fordern sie weiße Salbe für ihre gekränkten Egos. Dem Flughafenneubau dienen sie damit nicht. Mühlenfeld soll jetzt beweisen, dass er es packt. Und das Heulen, das vertagen wir bitte.
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