Hauptstadtflughafen: Die Krisensitzung hat die Lage am BER noch verschlimmert
Wie geht es weiter nach der mörderischen Nacht im Aufsichtsrat? Nicht gut. Michael Müller ist beschädigt - und der Flughafen wird auch 2018 kaum eröffnet. Ein Kommentar.
Am BER, dem Flughafenbauversuch in der deutschen Hauptstadt, streiten sie wie die Kesselflicker, mal wieder. Und zwar, auch das ist so alt wie die Baustelle, um das Führungspersonal: Jetzt soll mit Karsten Mühlenfeld der nächste Manager den Abflug machen, bei diesem kollabierten Milliardenprojekt der Länder Berlin, Brandenburg und des Bundes. Mühlenfeld wurde erst vor zwei Jahren geholt, eine Millionenabfindung ist garantiert. Spielt ja eh keine Rolle mehr, bei den vielen Milliarden?
Die BER-Aufsichtsratssitzung wurde zur Krisensitzung mit stundenlangem Zoff
Der Aufsichtsrat mit dem Berliner Regierenden Michael Müller (SPD) als Chef hat sich darüber in einer Krisensitzung stundenlang gezofft, dann noch mal alles vertagt, Fortsetzung in ein paar Tagen. Der Grund für den verschobenen Rausschmiss? Bis auf die widerspenstigen Brandenburger sind sich alle einig darin, dass Mühlenfeld gehen soll, aber - blöd gelaufen - niemand hat einen richtigen Plan, wie es danach eigentlich weitergehen soll. Versteht einer, was da gerade läuft am BER?
Um die Zerrüttungen und Erschütterungen um Mühlenfeld nachvollziehen zu können, muss man mit einem Missverständnis aufräumen: Es geht dabei um eins nämlich nicht - um den Flughafen selbst, der auch 2017 nicht eröffnen kann, weil man nach elfjähriger Bauzeit immer noch nicht fertig wird, weil jetzt erst einmal zwei Kilometer Sprinklerrohre ausgetauscht werden sollen und 800 Automatiktüren, schön langsam, eine nach der anderen. Die Bauleitung hat alles zu spät bemerkt, kann ja mal passieren. Mal sehen, was als Nächstes kommt. Es geht nicht um den BER, dessen vermurkstes Krisenmanagement seit der geplatzten Eröffnung 2012 mehr kostet als einst für den Bau kalkuliert war. Dass 2017 gerissen wurde, 2018 wackelt, aktuell kein seriöser Eröffnungstermin in Sicht ist, wird Mühlenfeld nicht vorgeworfen, das ist auch nicht der Grund, weshalb ihn Berlins Regierender Müller, der Bund, und auch die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat loswerden wollen.
Im Fall Mühlenfeld geht es nicht um den BER, sondern um verletzte Eitelkeiten und Kommunikationsstörungen
Nein, bei der Causa Mühlenfeld geht es allein um verletzte Eitelkeiten, um Kommunikationsstörungen, um das nach wie vor kranke Organisationsgefüge dieses öffentlichen Milliardenprojektes, um das fragile Verhältnis zwischen Politik, Aufsichtsrat und Geschäftsführung, das schon Hartmut Mehdorn das Handtuch werfen ließ. Da fühlt sich ein Aufsichtsrat von einem Manager erpresst, weil der den Bauleiter feuert. Und die Politik ist nicht etwa auf den Barrikaden, weil er es tut, sondern, weil er es wagt, es ohne ihren Segen durchzuziehen. Mühlenfeld ist vorgegangen wie ein Elefant im Porzellanladen und hat es geschafft, fast alle gegen sich aufzubringen.
Nach der Krisensitzung ist die Lage am BER dramatischer als vorher
Und nun? Wie weiter nach der mörderischen Nacht im Aufsichtsrat, die „nach ergebnisoffener Diskussion“ (Pressemitteilung der Flughafengesellschaft) für ein paar Tage unterbrochen wurde? Die Lage am BER ist dramatischer als vorher. Man hat zum Tribunal geblasen, ohne die Nachfolge geklärt zu haben. Das ist typische Berliner Wurschtigkeit. Man hat in der allgemeinen Ratlosigkeit allen Ernstes versucht, den Berliner Flughafen-Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup, Müllers „Mister BER“, als Notkommissar-Geschäftsführer einzusetzen, was sich bei einem Aufsichtsratsvorsitzenden Müller schon aus Compliance-Gründen verbietet. Aber Aufsicht im Sinne echter Kontrolle war der Politik bei diesem Milliardenprojekt ja ohnehin nie wichtig, sonst wäre der Flughafen längst fertig.
Nebenbei darf man daran erinnern, dass Schönefeld nicht in Berlin, sondern in Brandenburg liegt, sich eine Berliner Doppelspitze am BER für den Mit-Haupteigner Brandenburg verbietet. Dann bliebe dem Land nur der Fluglärm. Ganz abgesehen davon, dass man erst einmal erklären müsste, warum es gut sein soll, einen Nicht-Diplomaten wie Mühlenfeld durch einen Nicht-Diplomaten wie Lütke Daldrup zu ersetzen. Was bleibt, bis zum nächsten Akt dieses Trauerspiels? Eigentlich gibt es schon jetzt nur Verlierer: Der Manager Mühlenfeld ist beschädigt. Michael Müller als Aufsichtsratsvorsitzender hat mit zur Eskalation beigetragen und das BER-Projekt damit noch mehr in die Krise gesteuert. Vielleicht wird jetzt ja Bundesstaatssekretär Rainer Bomba (CDU), lange im Aufsichtsrat, doch noch Flughafenchef. Alles ist möglich. Eins kann man schon prophezeien: Der neue Berliner Flughafen wird selbst 2018 nicht eröffnet werden können.