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Die Fluggesellschaft Air Berlin möchte in Tegel bleiben.
© AFP

Berliner Flughäfen: Tegel und die Kapazitäten-Frage

Vor einem Weiterbetrieb Tegels gibt es viele offene Fragen. Sollte beispielsweise der Flughafen schrumpfen? Das hat es noch nie gegeben.

Man stelle sich vor, irgendwann wird der BER doch noch in Betrieb gehen – und keiner will hin. Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann hat bereits angekündigt, in Tegel zu bleiben, falls dort weiter geflogen werden sollte. Die Lufthansa geht nach Angaben ihres Berliner Sprechers Wolfgang Weber weiter davon aus, dass es nur den Standort BER geben wird. Über einen Weiterbetrieb von Tegel brauche man sich deshalb keine Gedanken zu machen. Sollte der Flughafen aber doch offen bleiben, glaubt man in der Branche nicht, dass die Kranich-Linie den Konkurrenten in Tegel so einfach den Platz überlassen würde. Zum Umzug zwingen kann man keine Gesellschaft.

Der überraschende Vorstoß von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), der am Freitag erklärt hatte, man könne über die Offenhaltung Tegels nachdenken, beflügelt die Befürworter des Weiterbetriebs. Dabei ist nach wie vor unklar, wie dieser erfolgen sollte: So wie bisher mit allen Provisorien oder doch nur in abgespeckter Form mit dem alten Terminal?

Tegel halbieren?

FDP-Generalsekretär Sebastian Czaja will – bisher – nur den Ursprungsbau weiter nutzen, die Ergänzungsbauten dagegen aufgeben. Damit ginge rund die Hälfte der Kapazitäten verloren. Gesellschaften, die weiter im Berlin-Verkehr mitmischen wollen, müssten dann wohl oder übel zum BER ziehen.

Welche es treffen würde, ist völlig offen. Die Lufthansa ist derzeit Hauptnutzer im alten Terminal. Schalterbereiche wurden extra für sie umgebaut und vergrößert. Sollte sie am Ende doch bleiben wollen, könnte sie daraus ein Bestandsrecht ableiten. Air Berlin dagegen fliegt vorwiegend vom Behelfsterminal C ab. Sollte dieses aufgegeben werden, müsste sich die Gesellschaft Plätze im Hauptterminal erkämpfen – zulasten anderer Linien.

Die Start- und Landerechte vergibt der Flugkoordinator in Frankfurt am Main. Dabei gelten in der Regel „Großvaterrechte“. Wer einen Slot zum Starten oder Landen hat, darf ihn behalten. Neue Erlaubnisse kommen nur hinzu, wenn es ausreichende Kapazitäten gibt. Die meisten Flughäfen bauen ihre Anlagen deshalb auch stetig aus. München etwa hat dem 1992 eröffneten Flughafen bereits ein zweites Terminal mit einem zusätzlichen „Satellitenbau“ verpasst. Allein im ersten Halbjahr 2017 fertigte man über 21 Millionen Passagiere ab; so viele wie im gesamten Jahr 1999.

Die Anlagen der Unzulänglichkeiten

Während Flughäfen weltweit auf Wachstum ausgelegt sind, was sie durch An-, Um- und Neubauten bewältigen, wäre ein Weiterbetrieb in Tegel mit verringerten Kapazitäten Neuland. Auch bei der Slot-Vergabe, um die sich die Gesellschaften, die bleiben wollen, streiten müssten. Nicht ausgeschlossen wären dann sogar Klagen vor Gericht.

Sollte der Flughafen aber unverändert weiter in Betrieb bleiben, würde Berlin auch künftig seine Gäste auf einer Anlage der Unzulänglichkeiten begrüßen. Die auf eine begrenzte Zeit angelegten Erweiterungsbauten haben einen eigenwilligen Charme. Sie sehen Lagerhallen ähnlicher als einem Flughafen.

Bei Nutzerbefragungen des Portals Edreams, bei der die allgemeine Qualität sowie die Kriterien Shopping, Restaurants und Wartebereiche bewertet wurden, landete Tegel im vergangenen Jahr weit hinten: Auf dem achten Platz der weltweit zehn schlechtesten Flughäfen. Noch schlimmer erging es dem alten Schönefeld: Der Flughafen wurde als schlechtester überhaupt „ausgezeichnet“. Die besten Bewertungen erhielten Helsinki, Glasgow und Zürich, gefolgt von München und Frankfurt. Gesammelt wurden über 65 000 Meinungen.

Unklar ist auch der finanzielle Aspekt eines Weiterbetriebs. Die Anlagen müssten auf Vordermann gebracht werden, und ein Betrieb von zwei Flughäfen würde zusätzliche Kosten verursachen – für Personal, Feuerwehr und auch die Flugsicherung, die sich bei ihrer Planung längst auf den BER als einzigem Flughafen konzentriert hat.

Sollte in Tegel alles beim Alten bleiben, könne man den BER zum Museum machen, sagte Air-Berlin-Chef Winkelmann vor Kurzem. Es wäre weltweit sicher das teuerste.

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