Nach der Wahl in Berlin: SPD sondiert, Linke fordert, CDU hofft
Drei Tage nach der Abgeordnetenhauswahl hat die SPD erste Sondierungsgespräche geführt. Zwischen seiner Partei und der Linken gebe es "keine unüberwindlichen Hindernisse", sagt Michael Müller.
Drei Tage nach der Abgeordnetenhauswahl haben am Mittwoch die ersten Sondierungsgespräche im Roten Rathaus begonnen. Am Mittag trafen sich CDU- und SPD-Spitzen im Arbeitszimmer des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD). Am Nachmittag kamen SPD und Linke zusammen. Nach gut zwei Stunden erschienen Müller und Linkenchef Klaus Lederer sichtlich entspannt im Säulensaal des Rathauses. Beide betonten, dass es ein „offenes Gespräch“ gewesen sei, und es „keine unüberwindlichen Hindernisse“ gebe, so Müller.
SPD und Linke sprachen in dem ersten Sondierungsgespräch über eine künftige Kommunikation in einer Koalition. Müller nannte als Möglichkeit einen Koalitionsausschuss, der regelmäßig tagen solle „und nicht erst in Konfliktfällen“. Solche Koalitionsrunden gibt es bereits im rot-rot-grün regierten Thüringen.
Die Linke will die direkte Demokratie erleichtern. „Eine Bürgerbeteiligung ist nicht bedrohlich“, sagte Lederer. Müller ergänzte, in Bebauungsplänen könne man die Bürgerbeteiligung besser verankern. „Da kann man noch mehr machen.“
Ein schwieriger Punkt dürfte die künftige Finanzpolitik sein. „Kein harakirimäßiges neues Verschulden von Berlin“, forderte Lederer. Müller pochte wiederum auf die Beibehaltung des Konsolidierungskurses. Am Abend debattierten SPD und Linke noch die Themen Bildung, innere Sicherheit, Mieten und sozialer Zusammenhalt.
In der RBB-Abendschau äußerte sich Lederer zuversichtlich. Natürlich gebe es noch viel zu klären, wenn man sich für eine Koalition entscheiden sollte, man sei aber "viereinhalb Stunden durch die Themen durchgegangen". Dabei sei es vor allem um Mieten, Armutsbekämpfung, Bildung und Bürgerbeteiligung gegangen. Das Wahlergebnis habe gezeigt, "wie groß die Erwartung ist, dass etwas Vernünftiges bei rauskommt", sagte Lederer. Deshalb müsse man jetzt die Karten auf den Tisch legen und die Probleme benennen, um nicht später in eine "irre Situation" reinzurennen und zu bemerken, dass man sich nicht genügend Gedanken gemacht hat.
Henkel: "Wir müssen uns bewegen"
Auch mit der CDU führte die SPD am Vormittag ein zweistündiges Gespräch, das in einer „sehr angenehmen Atmosphäre, offen und konstruktiv“ stattgefunden habe, wie Müller sagte. CDU-Chef Frank Henkel sprach von „sehr sachlichen Gesprächen“. Es gebe keinen Punkt, der „fundamental“ geeignet sei, keine Koalition miteinander einzugehen. Die Union sei jedoch realistisch genug, „ihre Chancen einschätzen zu können, was eine Regierungsverantwortung betrifft“. Die Weiterführung einer großen Koalition ist nach der Wahl ausgeschlossen. Eine „Deutschland-Koalition“ mit SPD, CDU und FDP wäre rechnerisch möglich.
Selbstkritisch beschrieb Henkel, dass sich die große Koalition in den Bereichen Wirtschaft und Energie „verhakt“ habe. Er nannte als Beispiel die Ausstattung und die Aufgaben eines landeseigenen Stadtwerks. Es sei ein Fehler gewesen, in den Koalitionsverhandlungen 2011 „viele Dinge offengelassen“ zu haben. Auch die „Kommunikationsstrukturen“ müsste man bei einer erneuten Regierungsbildung mit der CDU verbessern. Henkel betonte, die CDU bestimme derzeit nicht die gesellschaftspolitische Debatte etwa bei der Homo-Ehe. „Wir müssen uns bewegen. Das macht die Notwendigkeit einer Volkspartei aus.“ Die Berliner CDU hatte sich gegen die Homo-Ehe ausgesprochen.
Am Donnerstag sind Gespräche zwischen der SPD und den Grünen anberaumt.
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