Rechtextremistische Neuköllner Anschlagsserie: So verteidigt Berlins Generalstaatsanwältin ihr Vorgehen
Margarete Koppers verteidigt die Versetzungen zweier Staatsanwälte – in der Anwaltschaft wächst die Kritik an ihrem Vorgehen. Wollte Sie Kritiker loswerden?
Den Zugriff auf das Verfahren zur rechtsextremistischen Anschlagsserie von Neukölln vergleicht Berlins Generalstaatsanwältin mit einem Befreiungsschlag. Er sei notwendig gewesen, um der neuen Abteilung gegen Hasskriminalität einen unbeschwerteren Start zu ermöglichen, sagte Chefermittlerin Margarete Koppers am Freitag dem Tagesspiegel. „Und so die Staatsanwaltschaft insgesamt nicht mit dem politisch-medialen Vorwurf von Korpsgeist konfrontiert zu sehen.“
Doch auch zwei Tage später reißt die Kritik aus der eigenen Behörde nicht ab. Die Vereinigung der Berliner Staatsanwälte spricht von „Erschütterungen der Berliner Justiz“ und „verheerenden Auswirkungen“ für die betroffenen Kollegen. „Wir werden uns in der kommenden Woche ausführlich äußern“, sagte der Vorsitzende Ralph Knispel.
Deutliche Hinweise, dass die Moabiter Behördenleitung über die Versetzungen und die Abgabe des Verfahrens an die Generalstaatsanwaltschaft alles andere als erfreut war, weist Koppers zurück. „Der Behördenleiter der Staatsanwaltschaft, der Leitende Oberstaatsanwalt Raupach, und ich sind uns einig, dass damit ungeachtet des Wahrheitsgehalts der Behauptung ein Befangenheitsverdacht im Raum steht, der einen – weiteren – Schatten auf die Neutralität der Ermittler in diesem Verfahrenskomplex wirft.“
Mit ihrer Entscheidung hat Koppers die Staatsanwaltschaft gegen sich aufgebracht. Etliche Ankläger kritisieren, dass die Dienstherrin zwei Kollegen ohne stichhaltige Beweise zu haben, öffentlich in die rechte Ecke gestellt und mit den Umsetzungen degradiert habe.
Nach Angaben der Generalin hat der betroffene Oberstaatsanwalt, immerhin Leiter der Staatsschutzabteilung, den Vorwurf bestritten, aber seinerseits die Konsequenz gezogen und „zum Schutz der Behörde wie der eigenen Person seine Umsetzung beantragt“.
Versetzung soll im Einverständnis erfolgt sein
Die Versetzung des zweiten, mit den Ermittlungen betrauten Anklägers sei beschlossene Sache gewesen und nun „mit seinem Einverständnis“ vorverlegt worden. Aus dem Umfeld der beiden Staatsanwälte wird hingegen bestritten, dass der Versetzung am 10. August aus freiem Willen zugestimmt wurde.
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Am Mittwoch hatte Koppers entschieden, dass sie die Ermittlungen zur Anschlagsserie, insgesamt mehr als 70 Fälle, der Staatsanwaltschaft entzieht und neu aufrollt. Auslöser war die Beschwerde einer Opferanwältin im Juli. Sie hatte den Auswertungsbericht zu einer Abhörmaßnahmen vom Landeskriminalamt gelesen und Einsicht in die Abhörprotokolle verlangt, was ihr verwehrt worden war. Die Generalstaatsanwaltschaft prüften die Akten und zog nun die Konsequenzen.
Konkret geht es um die Aussage des beschuldigten Ex-AfD-Politikers Tilo P. Er war nach einer Attacke auf einen AfD-Stand in Neukölln als Zeuge vom Staatsschutzchef der Anklagebehörde befragt worden. In einer danach vom LKA abgefangenen Chatnachricht schrieb P. einem Vertrauten, die Staatsanwalt sei auf ihrer Seite und AfD-Wähler.
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Darauf soll auch in einem Vermerk des LKA an die Staatsanwaltschaft hingewiesen worden sein. Der ermittelnde Staatsanwalt, ein erfahrener Beamter, seit 20 Jahren im Staatsschutz, kannte Überwachungsprotokoll und Vermerk, sah aber keinen Anlass einzuschreiten. Für Ermittler ist es nicht ungewöhnlich, dass verdächtige Kriminelle mit ihren Kontakten zur Polizei und Staatsanwaltschaft prahlen.
Bislang gibt es keinerlei Beweis dafür, dass der Oberstaatsanwalt befangen oder nachsichtiger mit Rechtsextremisten sei als mit Linksextremisten. Zwar gilt der Beamte als rechtskonservativ, aber als unbescholten und gewissenhaft. In der Behörde geht daher der Vorwurf um, ein politisch unliebsamer Beamter sollte aus der prestigeträchtigen Abteilung, die zur Hauptabteilung für Hasskriminalität ausgebaut wird, entfernt werden.
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