Personalmangel der Berliner Bezirksämter: Senat verspricht mehr als 1200 zusätzliche Stellen
Jahrelang wurde gespart, aber jetzt sollen auf Berlins Ämtern zahlreiche neue Stellen eingerichtet werden. Über die Verteilung dürfen die Bezirke größtenteils selbst entscheiden.
Nachdem das Personal in den Bezirksämtern lange Zeit weggespart wurde, soll es nun wieder aufwärtsgehen. Unter Rot-Schwarz wurde die Kehrtwende nur sehr zaghaft eingeleitet, als viele bezirkliche Behörden schon vor dem Zusammenbruch standen. Aber jetzt setzt sich doch die Erkenntnis durch, dass das wachsende Berlin nicht mit einem schrumpfenden öffentlichen Dienst gemanagt werden kann. Zu dieser Erkenntnis trug auch die hohe Zahl der Flüchtlinge bei, die seit Herbst 2015 nach Berlin kamen. Für das nächste Jahr wird zugunsten der zwölf Bezirke ein deutliches Zeichen gesetzt. Der neue Senat stellt zusätzlich 1254 Vollzeitstellen zur Verfügung.
Der Stellenplan ist ambitioniert
Wenn es gelingen sollte, diese Stellen zu besetzen, sind die Bezirke personell wieder so ausgestattet wie vor zehn Jahren. Ein Drittel der neuen Stellen wird fest zugeordnet. So müssen 120 Vollzeitstellen in den Bau- und Planungsämtern eingesetzt werden. Das ist so viel wie in den letzten fünf Jahren zusammen. Für die Flüchtlingsbetreuung entstehen 52 neue Stellen, davon 22 in den Sozial- und Jugendämtern. Die Zahl der angestellten Musikschullehrer wird im nächsten Jahr um 105 erhöht, 36 neue Stellen gibt es für die Jugendämter zur Bearbeitung von Unterhaltsvorschüssen und weitere 24 Stellen für Mitarbeiter, die die Digitalisierung der Bezirksverwaltung vorantreiben sollen.
Insgesamt sind es 435 Stellen, die zweckgebunden sind. Weitere 819 Stellen können die Bezirke „in eigener Verantwortung unter Beachtung der Richtlinien der Regierungspolitik“ verwenden. Es gibt nur eine Liste der Aufgaben, die personelle Verstärkung dringend benötigen: Schulsanierung, Jugendämter und Beratungsstellen, Einrichtung eines Mustergesundheitsamtes, Wohnhilfen und Grundsicherung, Altenhilfe, Lebensmittelaufsicht, Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs bei den Pflegehilfen, Jugendverkehrsschulen, Beauftragte für bürgerschaftliches Engagement und eine Stärkung der Frauenvertretungen.
Die Parole lautet "Ressourcensteuerung"
Geeinigt hat sich die Senatsverwaltung für Finanzen mit Vertretern der Bezirke in der Arbeitsgruppe „Ressourcensteuerung“. Die Verhandlungen waren hart, aber nun gibt es ein abschließendes Protokoll, auf das sich alle einigen konnten. Begründet wird der kräftige Stellenzuwachs mit dem Bevölkerungswachstum in Berlin und neuen Aufgaben der kommunalen Verwaltung, die sich aus dem rot-rot-grünen Regierungsprogramm ergeben. Preiswert ist das nicht zu haben. Die Personalausgaben im Landeshaushalt 2018 erhöhen sich dadurch um 60 Millionen Euro. Der Großteil der Stellen wird den Bezirken nach der Einwohnerzahl zugeordnet. der Rest folgt anderen Verteilungsschlüsseln. Insgesamt gesehen ist die Finanzierung der Bezirke durch den Senat immer noch eine schwer begreifbare Geheimwissenschaft.
Für die Bezirksämter ist die Verständigung mit dem Senat für 2018 nicht nur deshalb ein Schritt nach vorn, weil sich die Zahl der Vollzeitstellen um knapp sechs Prozent erhöht. „Es ist jetzt auch Schluss mit der Bevormundung und Erbsenzählerei durch den Senat“, sagt Spandaus Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD). Die Bezirke könnten nun ihr Personal weitgehend in eigener Verantwortung dort einsetzen, wo sie es für sinnvoll halten. Außerdem habe der Senat zugesagt, dass die Bezirke ab 2019 jährlich weitere 200 Stellen bekommen.
Nur ein Mitarbeiter für 151 Berliner
Trotzdem ist es zu früh für eine Entwarnung. Im nächsten Jahr muss sich, im Durchschnitt, jeder Mitarbeiter in den Bezirksbehörden um 151 Berliner kümmern. Damit wird, wie gesagt, das Niveau von 2008 wieder erreicht. Ob das genug ist, um den Kunden Bürger zufriedenzustellen, wird man sehen. Noch immer gibt es viele Defizite. Inzwischen weniger bei den Bürgerämtern, dafür in den Standesämtern, bei der Jugend-, Sozial- und Gesundheitsfürsorge oder in den kommunalen Planungsämtern, um nur einige Beispiele zu nennen.
Außerdem bluten die völlig überalterten Bezirksämter aus. Bis 2023 verlässt ein gutes Viertel der Beschäftigten aus Altersgründen die Verwaltung. In technischen Berufen, an den Schulen sowie im Gesundheits-, Jugend- und Sozialbereich gehen in einzelnen Bezirken fast die Hälfte der Mitarbeiter bis 2023 in Pension. Mit einer schnelleren Angleichung der Gehälter an das Niveau der anderen Länder und mit gezielter Werbung versucht der Senat, neue Mitarbeiter zu rekrutieren oder selbst auszubilden. Das ist schwierig, zumal Ausbilder fehlen. Von 1400 Lehrstellen, die die Bezirke derzeit anbieten, sind nicht einmal 900 besetzt.