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Der Warnstreik wurde mit so viel Vorlauf angekündigt, dass alle Eltern sich schon Gedanken gemacht haben dürften, wie sie ihre Kinder am besten unterbringen. Manche betreuen bei sich daheim gleich noch ein paar Knirpse mehr, um Familien aus dem Freundes- und Bekanntenkreis zu entlasten.
© Kitty Kleist-Heinrich

Öffentlicher Dienst in Berlin: Kitas, Schulen, Ämter: Zehntausende im Warnstreik

Eltern müssen heute kreative Lösungen finden – erneut streiken viele Erzieher. Aber auch Lehrer und Behördenmitarbeiter legen die Arbeit nieder. Freuen können sich nur Falschparker.

Kitas bleiben geschlossen, an Schulen fällt Unterricht aus und bei Behörden steigt die Wartezeit: Der Warnstreik im öffentlichen Dienst führt heute und morgen wohl zu erheblichen Einschränkungen. Die Gewerkschaften Erziehung und Wissenschaft (GEW), Verdi, IG Bau und die Gewerkschaft der Polizei in Berlin haben mehr als 100.000 Beschäftigte aufgerufen, die Arbeit niederzulegen – davon rund 30.000 Lehrer, Erzieher und Sozialpädagogen. Es wird mit einer größeren Beteiligung als beim letzten Mal am 26. Januar gerechnet, als rund 4000 Erzieher und Sozialpädagogen streikten.

Kitas

Besonders betroffen sind bei diesem Warnstreik Eltern von Kitakindern, die eine Einrichtung der Eigenbetriebe besuchen. Schätzungsweise die Hälfte der öffentlichen Kitas bleiben geschlossen. Allein bei den Eigenbetrieben Nordost, die Kitas in Pankow, Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg betreiben, nehmen 61 von 76 Einrichtungen teil, davon bieten rund ein Drittel allerdings zumindest eine Notbetreuung an. Bei den Kindertagesstätten Süd-West (Steglitz-Zehlendorf und Tempelhof-Schöneberg) bleibe ein Drittel der 37 Kitas geschlossen, ein Drittel biete Notbetreuung an, der Rest habe normal geöffnet, sagte eine Sprecherin.

Schulen

An vielen Schulen kommt es am Dienstag und Mittwoch zu Unterrichtsausfällen, ganz geschlossen wird aber wohl keine Schule. Weil auch die Erzieher streiken, ist teilweise nicht einmal eine Notbetreuung möglich. Die Schulen informierten die Eltern schon vor einigen Tagen über die Situation. Manche bitten, ihre Kinder zu Hause zu lassen oder früher abzuholen. Beim letzten Mal streikten 1378 Erzieher an 222 Schulen.

Das wollen die Streikenden

Die Gewerkschaften fordern sechs Prozent mehr Lohn. Zudem wollen sie, dass in den Tarifvertrag der Länder (TV-L) eine zusätzliche, sechste Gehaltsstufe aufgenommen wird. Die bisherige Abstufung führt dazu, dass Erzieher in Berlin nach vier Berufsjahren rund 400 Euro weniger als in Brandenburg verdienen. Die nächsten Verhandlungstage sind am 16. und 17. Februar in Potsdam.

Wie Eltern reagieren

Weil der Streik lange angekündigt war, erwartet Katrin Molkentin, Vorsitzende des Landeselternausschusses für den Bereich Kitas, dass die meisten Eltern eine alternative Betreuung organisiert haben. Einige würden von zu Hause aus arbeiten, sich die Arbeitszeit mit dem Partner aufteilen oder die Kinder mit ins Büro nehmen. Viele Eltern würden sich gegenseitig helfen und mehrere Kinder zu Hause betreuen. Der Landeselternausschuss wirbt um Verständnis für den Streik und unterstützt die Forderungen der GEW: „Die finanzielle Situation der Erzieher muss sich dringend verbessern, sonst stehen wir bald vor einem viel größeren Kitaproblem, weil die Fachkräfte fehlen“, sagt Molkentin.

Anspruch auf Bezahlung, wenn sie wegen eines Streiks nicht zur Arbeit können, haben Eltern laut Gesetz nur, wenn sie wegen unvorhergesehener Ereignisse verhindert sind. Landeselternsprecher Norman Heise verweist hier auf einen Paragraphen im Bürgerlichen Gesetzbuch, §616 BGB. „Weil der Streik schon länger angekündigt war, kann man sich aber nicht auf diesen Anspruch verlassen“, sagt Heise.

Demos und Verkehr

Am Dienstag treffen sich die Streikenden um 9.45 Uhr am Alexanderplatz und ziehen zur Kundgebung an den Pariser Platz. Am Mittwoch verläuft die Demonstration ebenfalls ab 9.45 Uhr vom Wittenbergplatz zum Rathaus Schöneberg. Mit Verkehrsbehinderungen ist zu rechnen.

Öffentlicher Dienst

Für Falschparker kann der heutige Streiktag allerdings etwas Positives bedeuten, denn auch die Ordnungsämter streiken mit. Daher werden wohl weniger Knöllchen verteilt als an normalen Tagen, wie Dieter Großhans, Gewerkschaftsvertreter der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sagt.

Außerdem legen Tarifbedienstete des Zentralen Objektschutzes und der Feuerwehr die Arbeit nieder. Bei der Feuerwehr sind vor allem im Bereich des Rettungsdienstes, in den Leitstellen und Werkstätten Tarifbeschäftigte tätig. Die Sicherheit der Bürger sei allerdings nicht gefährdet, erklärte Großhans.

Verdi hat auch Beschäftigte der Senatsverwaltung und der Bezirksämter zum Streik aufgerufen. Die Erfahrung zeigt, dass hier neben dem Ordnungsamt vor allem Bürgerämter betroffen sein werden. Wie viele Mitarbeiter streiken werden, könne man allerdings nicht abschätzen, heißt es auf Nachfrage bei den Bezirken. Allerdings: In den letzten Jahren hätten sich bei Streiks zwar die Wartezeiten etwa beim Bürgeramt erhöht, dass Termine ganz ausfallen sieht man aber als unwahrscheinlich an. Dort, wo Bürger auch ohne Termin vorbeikommen können, wie etwa in Neukölln, könnte es allerdings zu Problemen kommen. Das Bezirksamt teilte mit, dass nur „gebuchte Termine“ bearbeitet würden.

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