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Matthias Kollatz (SPD), Berliner Finanzsenator, mit modischem Mund-Nase-Schutz.
© dpa/Britta Pedersen

„Engagiertes Konjunkturprogramm“ für Berlin: Senat setzt sechs Milliarden Euro für Corona-Bekämpfung ein

Mehr Personal und Tablets für die Verwaltung, dazu ein Budget für den Impfstoff – wohin Berlins sechs Milliarden Euro Corona-Kredit fließen.

Der Senat ist fest entschlossen, den vor der Sommerpause beschlossenen Kreditrahmen von sechs Milliarden Euro zur Bekämpfung der Coronakrise voll auszuschöpfen. Auch wenn sich die wirtschaftliche und gesundheitspolitische Lage in Berlin inzwischen besser darstellt als noch im Frühjahr auf dem Höhepunkt der Pandemie befürchtet. „Wir wollen dieses Geld aufnehmen“, sagte Finanzsenator Matthias Kollatz am Dienstag nach der Sitzung des Senats.

Kollatz rechnete vor: In diesem Jahr fehlten laut jüngster Steuerschätzung etwa 2,4 Milliarden Euro bei den Steuereinnahmen. Im nächsten Jahr kämen voraussichtlich 2,1 Milliarden Euro Steuerausfälle dazu. Mit dem restlichen Geld aus der geplanten Kreditaufnahme und zusätzlichen Hilfen des Bundes könne der Senat ein „engagiertes Konjunkturprogramm“ auflegen, das „zu gewissen Teilen“ auch noch ins Jahr 2022 hineinwirke. „Das ist auch gut so.“

Die angekündigte Finanzplanung bis 2024 wurde am Dienstag aber aus Zeitgründen auf die nächste Woche verschoben. Berlin werde zwar bei den Steuereinnahmen bald wieder „die alte Wachstumsgeschwindigkeit“ erreichen, allergings gingen zwei Jahre verloren, so der Finanzsenator. Erst im Jahr 2022 würden die Einnahmen laut aktueller Prognose das Niveau erreichen, das vor der Coronakrise für 2020 eingeplant war. Es fände eine „Parallelverschiebung“ bei den Steuereinnahmen statt, die nicht aufholbar sei.

Insofern werde es in den nächsten Jahren aus öffentlichen Geldern „etwas weniger an Neuem und Schönem“ geben, sagte Kollatz. An welcher Stelle dann gespart werden muss, wird aber erst der nächste Doppelhaushalt für 2022/23 zeigen, dessen parlamentarische Beratung in den Berliner Wahlkampf im Herbst nächsten Jahres fällt.

Für 2020 und das nächste Jahr sollen zwei Nachtragshaushalte finanzielle Vorsorge treffen. Die erste Korrektur des Etats wurde bereits Anfang Juni beschlossen, am Dienstag legte der Senat zusätzliche Programme und Projekte für einen zweiten Nachtragshaushalt vor, den das Landesparlament demnächst beraten wird. „Wir sind gut beraten, darin schon einzuplanen, was für 2021 absehbar ist“, sagte der Finanzsenator.

Neuer Förderfonds für öffentliche Investitionen

Für Sofort- und Überbrückungshilfen, um die Folgen der Pandemie zu bewältigen, wurden schon im ersten Nachtragsetat 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Außerdem soll jetzt ein „Innovationsförderfonds“ mit einem Volumen von 450 Millionen Euro eingerichtet werden.

Der Fonds dient der Kofianzierung von Bundesprogrammen aus landesmitteln, außerdem sollen daraus „herausgehobene Einzelinvestitionen“ bezahlt werden. Der Fonds soll zusätzlich aus Mitteln des Konjunkturpakets des Bundes aufgefüllt werden, die an anderer Stelle im Landeshaushalt nicht verbraucht wurden.

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Weitere 5,7 Millionen Euro stellt der Senat den Bezirken für 100 befristete Stellen zur Verfügung. Und zwar für „unterstützendes Servicepersonal“, um den „pandemiebedingten Rückstau bezirklicher Dienstleistungen abzubauen. Weitere 4,5 Millionen Euro sind für Covid-19-Teststellen und für eine wissenschaftliche Teststudie der Charité eingeplant.

Für die Beschaffung von Impfzubehör sollen bis Ende nächsten Jahres 22,6 Millionen Euro bereitgestellt werden. Um das mobile Arbeiten im öffentlichen Dienst zu erleichtern, sind zusätzlich 14 Millionen Euro für die Anschaffung von Tablets und anderer IT-Technik vorgesehen.

Messe, Kliniken und Flughafen brauchen frisches Geld

Ein dicker Brocken sind weitere Kapitalhilfen in Höhe von 320 Millionen für die Landesunternehmen, die durch Corona in Bedrängnis geraten sind. Als „Kandidaten“ nannte Kollatz die Messe GmbH, Vivantes und Charité, Kultureinrichtungen und natürlich die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB). In diesem Jahr werden der FBB von den Gesellschaftern Bund, Berlin und Brandenburg voraussichtlich 100 Millionen Euro als Kapitalzuschuss für nachweisbar coronabedingte Ausfälle überwiesen.

Außerdem soll die FBB noch 2020 ein Gesellschafterdarlehen von 200 Millionen Euro erhalten. Das sind insgesamt die 300 Millionen Euro, die vom Flughafen als Hilfen gegen den Absturz der Fluggastzahlen eingefordert wurden. Für 2021 gebe es ein „Management-Szenario“, das weitere coronabedingte Verluste in der Größenordnung von 150 Millionen Euro prognostiziere, teilte der Finanzsenator mit.

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