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Aufschwung West. An der Stelle der heruntergekommenen Passage zwischen Bahnhof Zoo und Kantstraße plant Investor Hines ein neues Geschäftshaus.
© Mike Wolff
Exklusiv

Stadtentwicklung in der Berliner City West: Schmuddelecke am Zoo soll einem Neubau weichen

Investor Hines will die ungeliebte Passage an der Joachimstaler Straße abreißen. Das Eckhaus mit dem Beate-Uhse-Erotikmuseum gehört den Amerikanern schon.

Eigentlich ist die Joachimstaler Straße am Bahnhof Zoo eine Toplage. Viele Berliner und Touristen durchqueren die dortige Einkaufspassage in Richtung Kantstraße und Kurfürstendamm. Aber wenn Bürger, Stadtplaner oder Politiker über den heruntergekommenen Straßenblock mit Sexshops, Imbissbuden und einem Spielcasino sprechen, fallen Worte wie „Schmuddelecke“ und „Schandfleck der City West“. Nun scheinen die Tage der 70er-Jahre-Bauten gezählt: Nach Tagesspiegel-Informationen plant der US-Investor und Projektentwickler Hines einen Neubau.

In voraussichtlich sechs Etagen sollen Büros und unten Läden entstehen. Hines hat einen Kaufvertrag geschlossen für das Eckhaus an der Kantstraße mit dem Erotikmuseum und Sexshop von Beate Uhse, früher bekannt als Modehandlung Leineweber.

Das bestätigte auf Nachfrage unter anderem der Geschäftsführende Gesellschafter der Makler- und Verwaltungsgesellschaft Rohrer Immobilien, Corvin Tolle. Allerdings enthalte der Vertrag „aufschiebende Bedingungen“ und trete erst nach deren Erfüllung in Kraft.

Sex in the City. Der bekannteste Mieter in der Passage ist bisher das Erotikmuseum. Die Eigentümer haben das Eckhaus verkauft.
Sex in the City. Der bekannteste Mieter in der Passage ist bisher das Erotikmuseum. Die Eigentümer haben das Eckhaus verkauft.
© Vincent Schlenner

Bisheriger Eigentümer ist eine Erbengemeinschaft. Zum Verkaufspreis sagt Tolle lediglich, er liege im „zweistelligen Millionenbereich“. In einem Exposé sollen zu Jahresbeginn 20 Millionen Euro als Preisvorstellung genannt worden sein. Der Mietvertrag des Erotikmuseums läuft bis Ende 2015, könnte aber wohl gegen Entschädigungszahlungen früher beendet werden.

Hines will auch die benachbarten Gebäude erwerben. Zum einen geht es um den Rest der Passage mit allen übrigen Mietern – darunter ein zweiter Sexshop, Burger King, ein Leihhaus, eine Wechselstube, Imbissbuden, ein asiatisches Restaurant sowie ein Mode- und ein Blumenladen. Außerdem soll der eingeschossige Flachbau an der Kantstraße 6 mit dem Second-Hand-Laden Humana weichen.

Die AG City „freut sich über das Vorhaben und unterstützt es“, sagt Vorstandsmitglied Gottfried Kupsch.

Hines äußert sich noch nicht, Niederlassungschef Christoph Reschke ließ Anfragen unbeantwortet. Seine Firma ist bekannt als Bauherr des Geschäftshauses „Die Mitte“ auf dem Alexanderplatz, wo sie außerdem ein 150-Meter-Hochhaus mit Wohnungen oder gemischter Nutzung plant. Zu den bisher sechs Projekten in Berlin zählen auch das Gebäude der DZ Bank am Pariser Platz und das Geschäftshaus „Upper Eastside“ an der Friedrichstraße, Ecke Unter den Linden.

Dem Vernehmen nach steht Hines in Kontakt zum Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf. Baustadtrat Marc Schulte (SPD) schweigt jedoch, er sieht sich zur Vertraulichkeit verpflichtet.

Nur sehr vorsichtig äußert sich Rechtsanwalt Alexander Schneehain, der die luxemburgische Eigentümerfirma des nördlichen Passagenteils vertritt. Noch habe sich „weder an der Eigentümerin noch an deren Gesellschaftsanteilen etwas geändert“. Informationen aus verschiedener Quelle, wonach es Absichtserklärungen oder Vorverträge geben soll, kommentiert der Anwalt nicht.

Mitarbeiter der Läden reagieren verunsichert

Schön ist anders. Ein Blick in den nördlichen Passagenteil mit einem Spielcasino, Imbissbuden und einer Burger-King-Filiale.
Schön ist anders. Ein Blick in den nördlichen Passagenteil mit einem Spielcasino, Imbissbuden und einer Burger-King-Filiale.
© Cay Dobberke

Dass die Luxemburger etwas ändern wollen, ist aber längst bekannt. 2010 musste die Sportkneipe „Hanne am Zoo“ schließen, zwei Jahre später kam nach einem Mietrechtsstreit das Aus für das Hostel „A & O“. Damit sei der „Weg frei für die Neuausrichtung“, hieß es damals.

Manche Nutzer sind davon wenig begeistert. Eine Verkäuferin im Modeladen sagt, man wisse nichts Genaues. Mitarbeiter der Blumenhandlung zeigen sich besorgt und betonen den guten Ruf ihres Geschäfts: Es bestehe seit 50 Jahren und beliefere auch Hotels. Widerstand gegen die Räumung kam Gerüchten zufolge vom Leihhaus, dessen Betreiber nicht zu sprechen war.

Auch die Tage des „Humana“-Ladens in der Kantstraße scheinen gezählt. Rechts hinten: der neue „Zoofenster“-Turm mit dem Hotel Waldorf-Astoria.
Auch die Tage des „Humana“-Ladens in der Kantstraße scheinen gezählt. Rechts hinten: der neue „Zoofenster“-Turm mit dem Hotel Waldorf-Astoria.
© Vincent Schlenner

Anwalt Schneehain sagt, es gebe „eine kleine, für die weitere Entwicklung nur am Rande interessierende Fläche“, die „zu Anfang 2014 gekündigt“ sei.

An der Kantstraße bedauert die Humana-Ladenchefin das wahrscheinliche Aus: „Es ist ein sehr guter Standort.“ In welchem Stadium die Verkaufsgespräche für dieses Haus sind, ist unklar. Es gehört der Leineweber-Gruppe, der Verwalter soll gerade verreist sein.

In der Umgebung tut sich viel: Nebenan wurde das Luxushotel Waldorf-Astoria im Zoofenster-Turm eröffnet, zwischen Ku’damm und Kantstraße entsteht bis 2016 das zweite Hotelhochhaus „Upper West“, und im November soll das Kino Zoo-Palast als Teil des bald fertigen Bauprojekts „Bikini Berlin“ neu eröffnen.

Dass Hines kein weiteres Hochhaus plant, kann am Baurecht liegen, das an dieser Stelle die Berliner Traufhöhe (22 Meter) vorschreibt. Ein neuer Bebauungsplan würde Jahre dauern.

Unterdessen bereitet ein Stadtplanungsbüro im Auftrag des Bezirks und Senats die seit langem angestrebte Neugestaltung des Hardenbergplatzes vor, es gibt nun einen „Runden Tisch“ mit Anrainern. Und vom Hines-Projekt haben die Planer auch schon gehört.

Cay Dobberke

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