Prominente Ecke: Berlin hat jetzt eine Upper Eastside
200 Millionen Euro hat der neue Gebäudekomplex an der Friedrichstraße/Unter den Linden gekostet. Am Mittwoch wurde der Neubau offiziell eröffnet.
Bis zum Fußboden reicht das Fenster, den Besuchern des Musterbüros im dritten Stock bietet sich ein eindrucksvolles Bild. Sie haben das Gefühl, als schwebten sie über der Kreuzung Unter den Linden Ecke Friedrichstraße. Das gegenüberliegende Haus der Schweiz ist so nahe, dass in seinen Büros fast schon die Beschriftung der Aktenordner zu erkennen ist.
Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, geborene Schweizerin, hat dafür keinen Blick. Sie sitzt, das hohe Fenster im Rücken, mit Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) und den Bauherrn des neuen Eckhauses „Upper Eastside Berlin“ zusammen: Sie verkünden öffentlich die Eröffnung eines achtstöckigen Geschäfts, Büro- und Wohnhauses, das die Münchner Meag, Vermögensverwalterin der Münchener Rück- und Ergo-Versicherungsgruppe, in zweieinhalb Jahren für 200 Millionen Euro errichtet hat. Unter Leitung des Architektenbüros Gerkan, Marg und Partner (gmp) entstand mit den Büros Kahlfeldt-Architekten und Augusto Romano Burelli ein Gebäudekomplex aus fünf Teilen mit mehreren Höfen.
"Ein herausragendes Bauwerk"
Als Mieter ziehen im Bereich der Kolonnaden an der Friedrichstraße die Flagship Stores von Douglas, Zara, Esprit Marc O’Polo ein, O2 und ein Mercedes-Showroom sollen bald folgen. „Eine städtebauliche Lücke ist geschlossen, an diesem weltweit bekannten Knotenpunkt“, freut sich Regula Lüscher. Die zitierte Lücke – sie meint das zu Ost-Berliner Zeiten errichtete Hotel Unter den Linden und eine kleine Grünfläche – sei unbefriedigend gewesen. Die Senatsbaudirektorin erinnert an ein langes Ringen um die Architektur (mit der es noch ihr Vorgänger Hans Stimmann zu tun hatte). Nun sei das enge Straßenprofil wieder hergestellt – nach dem Muster des historischen Stadtbilds, aber mit modernen Elementen. „Ein herausragendes Bauwerk“, sagt Lüscher.
Stadtrat Gothe blickt zufrieden aus dem Fenster, schwärmt von der sagenhaften Kreuzung, die weltweit bekannt sei wie keine zweite in Berlin. Es gebe ein spannendes Verhältnis zwischen dem breiten, staatstragenden Boulevard und der engen, geschäftigen Friedrichstraße. Und er lobt die „soliden Natursteinquader und die Sorgfalt im Detail“ . Hubert Garzorz von der Meag-Projektentwicklung spricht von Stadtreparatur, und davon, dass hier keine profane Shopping Mall entstanden sei , dass sich das Ensemble sensibel eingliedere, fast eine Einheit zum benachbarten Dussmann-Kulturkaufhaus biete.
Der Vermietungsstand bleibt geheim
Über den Vermietungsstand des Neubaus will er sich nicht äußern, im Bürobereich verhandele die Meag gerade mit Großmietern und auch für die Mietwohnungen in den oberen Stockwerken gebe es eine lange Liste. Richtig fertig soll das Haus zum Jahresende sein. Garzoz versichert, dass sein Unternehmen „Bestandshalter“ sei, sich auf eine langfristige Immobilie einstelle. Sehr oft fällt das Wort „Travertin“, der Kalkstein der Fassade, der in ganz unterschiedlichen Tönen verwendet worden ist. „Upper Eastside“, benannt nach dem eleganten New Yorker Viertel, scheint erklärungsbedürftig. Das solle eben „Top-Lage“ bedeuten, meint Garzorz. Kurz fällt auch der Namen des legendären „Café Bauer“, das einmal zur berühmten Straßenkreuzung gehörte. Ein Café oder eine komplette Gastronomie soll es hier nicht geben, gilt als nicht rentabel. Aber wenn Mercedes bald seine Räume bezieht, ist zumindest eine Cafeteria geplant.
Christian van Lessen