zum Hauptinhalt
Saturn
© David Heerde

Kaufhaus-Eröffnung: "Zusammen anstehen macht Spaß"

2000 Schnäppchenjäger waren bei der Mitternachts-Öffnung im Einkaufszentrum "Die Mitte" dabei. Es war turbulent am Alexanderplatz, aber friedlich.

Es ist Dienstagnacht, es ist kalt, ungemütlich und dunkel. Umsonst gibt es auch nichts – trotzdem stehen 2000 Menschen auf dem Alexanderplatz. Kurz nach Mitternacht soll der neue „Saturn“-Markt im Einkaufszentrum „Die Mitte“ öffnen, doch die Ersten drängeln sich schon gegen 20 Uhr, also vier Stunden vor der Öffnung, an den Gittern, die den Weg in das neue Elektronik-Kaufhaus versperren.

„Ich kaufe mir den Rechner lieber sofort, morgen ist er vielleicht schon weg“, sorgt sich Florian Jüttner und ist schon ganz hippelig. Vor allem die Flachbildschirme und Laptops sind es, auf die es viele Schnäppchenjäger abgesehen haben. Dafür ignorieren sie beharrlich die spätwinterliche Kälte, die in die Finger beißt. Weiter hinten in der Schlange unterhält sich eine Gruppe Jugendlicher auf Türkisch, doch in das Gespräch schleicht sich auch hier immer wieder ein deutsches Wort ein: Schnäppchen. Einigen jungen Leuten geht es nicht einmal primär ums Einkaufen: Ihnen reicht offenbar das Erlebnis. „Zusammen anstehen macht Spaß“, sagt einer. Auch an anderen Stellen breitet sich im Gewühl eine Feierstimmung aus: Freundinnen fotografieren sich gegenseitig beim Warten, viele tanzen zur fast ohrenbetäubend lauten Musik, die vom Stand eines Radiosenders herüberschallt. Das hält zumindest warm. „Gleich geht es los“, ruft die gut gelaunte Moderatorin in Richtung Wartezone.

Um 00:01 Uhr fällt der Startschuss, und die ersten Kunden entern die Rolltreppe – ohne Hektik, aber zielstrebig. Die Gitter waren schon vorher hochgezogen worden, und nur noch Sicherheitskräfte hatten den Eingang versperrt. Dass die Besucher so geordnet in den neuen „Saturn“-Markt hineinkommen – der zu den drei größten in Deutschland gehört –, hängt auch mit dem Sicherheitskonzept zusammen. Denn Saturn wollte unbedingt ähnliche Szenen vermeiden wie im September 2007, als während der Eröffnung des Media-Marktes im nahe gelegenen „Alexa“ 15 Menschen verletzt wurden. „Wir haben das Unternehmen beraten“, sagt Martin Morak zufrieden, der Pressesprecher der Polizei, die mit 50 Beamten auf den Alex präsent ist.

Damit es beim Einlass zivilisiert zugeht, müssen sich die Besucher in einen mit Metallwänden abgesperrten Bereich einfädeln. Und dann in Schlangenlinien an den Gittern vorbeilaufen, die darin aufgestellt sind. Ein wenig erinnert das an die Eingangskontrollen zu einem Popkonzert, nur dass es hier keinen Star zu sehen gibt. Manche Besucher schummeln beim Warten und kürzen den Weg ab, indem sie über die Gitter klettern. Wer ganz vorn angekommen ist, wird einzeln in Richtung Rolltreppe durchgelassen. Ist es drinnen zu voll, heißt es Stopp am Eingang. Im Innern wachen rund hundert Sicherheitsmitarbeiter, und in jedem Stockwerk stehen Sanitäter bereit. Diese bekommen aber zum Glück nichts zu tun.

Zum bloßen Bummeln ist keiner gekommen: Die meisten kaufen die Angebote, die sie sich vorher in den Prospekten ausgesucht haben. Ahmet Haciömeroglu hat bekommen, was er wollte: Stolz wie ein Jäger zeigt er auf seinen sperrigen Großeinkauf, vier Kartons mit Flachbildschirmen. Organisiert hat er die Riesenpakete für sich und seine Verwandten. Der Trend in dieser Nacht geht zum Ein-Produkt-Shopping: Viele Kunden haben sich vier oder fünf Kartons mit dem gleichen Elektroartikel besorgt, wobei die Rollen klar auf die Geschlechter verteilt sind: Die Männer schieben die sperrigen Pappkisten, die Frauen balancieren auf ihren Armen CDs, DVDs und Anti-Viren-Programme.

Die Scannerkassen piepsen ununterbrochen, und die ersten Kunden gähnen in den langen Schlangen. Aber morgen ist ja schließlich auch noch ein Tag – zum Schnäppchenmachen. Rita Nikolow

Zur Startseite