Berliner Polizei: Immer mehr Angriffe auf Polizeibeamte
Erneut wurde in Berlin mehr Gewalt gegenüber Vollzugsbeamten im Dienst ausgeübt. Geisel fordert eine "gesellschaftliche Ächtung" des Phänomens.
Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Fälle von Gewalt gegenüber Polizeibeamten erneut an. 2017 wurden 6811 Polizisten im Dienst angegriffen, 2018 waren es ganze 6955. Nur 2015 lag diese Zahl mit 7060 Angriffen in den vergangenen acht Jahren höher. "Wir dürfen das nicht einfach hinnehmen", sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD) auf der Pressekonferenz zur Vorstellung der neuen Polizeilichen Kriminalstatistik am Mittwoch, "wir brauchen eine eindeutige gesellschaftliche Ächtung des Phänomens, wir müssen den Tätern klar machen, dass sie Menschen angreifen, die täglich auch für den Schutz der Täter arbeiten."
"Menschen, die einem helfen, greift man nicht an"
Im Mai 2017 wurde mit einer Gesetzesänderung die Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften beschlossen, seither können tätliche Angriffe auch mit Gefängnisstrafe geahndet werden. "Menschen, die einem helfen, greift man nicht an", sagte Geisel am Mittwoch, die Fallzahlen decken sich mit dieser Ansicht nicht: 2254 Widerstände gegen Vollstreckungsbeamte wurden 2018 registriert, 518 Mal kam es zu tätlichen Übergriffen. 1609 Polizisten erlitten durch Angriffe leichte Verletzungen, 11 wurden schwer verletzt. "Meine Kolleginnen und Kollegen geben 365 Tage im Jahr alles für die Sicherheit und Unversehrtheit der Menschen in dieser Stadt. Dass sie dafür fast zwanzig Mal am Tag beleidigt, geschlagen und diffamiert werden, widerspricht meinem Menschenverständnis", sagte Norbert Cioma, Vorstand der Berliner Gewerkschaft der Polizei.
Die Angriffe erfolgen in alltäglichen Situationen, besonders häufig aber auch bei Demonstrationen. "Wir können stolz sein, dass in unserem Land das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit hoch gehalten wird. Wir sehen aber leider auch, dass dieses hohe Gut sowohl von rechts und links als auch ausländischer Ideologie als Legitimationsgrundlage für Gewalt missbraucht wird", sagte Cioma. Neben Mitgliedern der Polizei wurden auch Einsatzmittel, wie etwa Polizeifahrzeuge oder Polizeigebäude angegriffen, besonders häufig hatten die Taten einen linkspolitischen Hintergrund. 2018 wurden in diesem Zusammenhang 317 Fälle gegenüber 293 Fällen im Jahr 2017 registriert. Erst in der Nacht zum Mittwoch wurde von Unbekannten ein Brandanschlag auf die Polizeiwache Mitte verübt. Die Täter schoben dabei einen Wagen für Zeitungen in den Eingangsbereich des Gebäudes in der Invalidenstraße und zündeten den Wagen an. Das Feuer griff die komplette Fassade des Hauses an, die Flammen reichten bis in den dritten Stock.
Abschaffung der Kennzeichnungspflicht?
Immer wieder wird in dem Zusammenhang mit Gewalt gegen Polizisten auch die Frage nach der Kennzeichnungspflicht für die Beamten diskutiert. Nach derzeitigem Stand gilt eine Kennzeichnungspflicht für alle Polizisten, die mit Uniform im Dienst sind. Der Verein Unabhängige in der Polizei kritisiert diesen Umstand: "Die unverändert hohe Zahl von Angriffen auf Einsatzkräfte wirft die Frage auf, welche Maßnahme der Senat zum Schutz seiner Mitarbeiter ergreifen kann. Längst überfällig ist die Abschaffung ist der Kennzeichnungspflicht außerhalb geschlossener Einsätze", schrieb der Verein auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.
Gedacht ist die Kennzeichnungspflicht eigentlich, um besser gegen Polizisten vorgehen zu können, die im Dienst Straftaten verüben. Gewerkschaften plädieren schon länger für eine freiwillige Kennzeichnung, eine verpflichtende Kennzeichnung stelle nicht nur die Beamten unter Generalverdacht, sie gefährde auch die Polizisten in ihrer Freizeit.
Angriffe auf Rettungskräfte konstant hoch
Auch die Zahl der angegriffenen Feuerwehrleute und Rettungskräfte ist nach wie vor hoch, 2018 wurden 101 Angriffe in der polizeilichen Kriminalstatistik gemeldet, für die kommende Statistik im Jahr 2019 ist mit einer deutlich höheren Zahl zu rechnen. Landesbranddirektor Karsten Homrighausen hatte mit Blick auf befürchtete Angriffe in der Silvesternacht Ende Dezember eine Null-Toleranz Politik angekündigt, alle gemeldeten Übergriffe sollen strafrechtlich verfolgt werden. Neben körperlicher Gewalt zählen dazu auch nonverbale Gewalt wie das Zeigen des Mittelfingers oder verbale Gewalt wie Beschimpfung, Beleidigung und Bedrohung. Auch wenn es schwer sein dürfte, Angreifer wie die aus der Silvesternacht dingfest zu machen, werden die Vorfälle so wenigstens in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfasst. Nur selten kommt es wie bei dem Böllerangriff auf einen Sanitäter im vergangenen Jahr auch tatsächlich zu einer Verurteilung.
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