Rigaer Straße in Berlin: Linksextreme bedrohen Justizbeamten
Erneut haben Linksextreme in Berlin einen Justizbeamten bedroht - diesmal an seiner Wohnung. Und wieder geht es dabei um Kriminelle aus der Rigaer Straße.
Erneut haben Linksextremisten aus dem Umfeld der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain einen Justizbeamten bedroht – direkt in dessen privaten Lebensbereich. Im Internet hat sich eine „Befreiungsfront Tegel“ zu der Aktion gegen einen hochrangigen Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt bekannt. Ein Justizsprecher bestätigte den Vorfall. Es ist nicht der erste derartige Übergriff – alle Fälle stehen im Zusammenhang mit der Rigaer Straße.
In der Nacht zu Dienstag hatten zwei Personen sich Zugang zum Haus des Beamten in Kreuzberg verschafft. Dort wollten sie offenbar mit Holzklötzen und Brettern die Wohnungstür verriegeln. Sie hätten ihn „beinahe eingesperrt“, den "Tyrann in die Rolle des Unterdrückten gebracht", heißt es im Bekennerschreiber. Der Beamte habe Geräusche an der Tür gehört und gefragt, wer da sei, bestätigte ein Behördensprecher. Daraufhin seien die beiden Täter geflohen. Zuvor hätten sie auch Parolen an den Wänden im Treppenhaus hinterlassen.
Justizsenator Behrendt verurteilt die Tat
Die Täter begründen die Aktion mit der Tätigkeit des Beamten in der Haftanstalt Tegel. „So wie alle Amtsträger des Knastsystems muss er mit Konsequenzen für seine Gewalt rechnen“, heißt es im Bekennerschreiben. Zudem drohen sie, dem Beamten weiter „schlaflose Nächte“ zu bereiten.
Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) verurteilte die Tat aufs Schärfste. „Das ist eine Grenzüberschreitung, die gar nicht geht“, erklärte Behrendt. Am Mittwoch hat die Justizverwaltung wegen des Vorfalls eine Beratung angebraumt. Bei dem Gespräch mit dem Landeskriminalamt, der Leitung der JVA Tegel und der Sicherheitschefin der Justizverwaltung mit Behrendt sei eine „noch engere Zusammenarbeit und ein engerer Austausch vereinbart worden“ – insbesondere bei Hinweisen auf einschlägig bekannte Gefangene.
Tatsächlich gehen die Sicherheitsbehörden von einer Racheaktion aus. Denn erst vor einigen Wochen war Jonathan M. – Szenename: Nero - aus der JVA Tegel entlassen worden. Im Oktober 2017 war vom Amtsgericht Tiergarten der wegen versuchten gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr, versuchter gefährlicher Körperverletzung und wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt worden.
Er hatte in der Nacht vom 16. zum 17. Juni 2017, als zahlreiche vermummte Linksextreme Polizeibeamte mit Böllern, Flaschen und Pflastersteinen angegriffen haben, die Piloten eines Polizeihubschraubers mit einem Laserpointer geblendet. Bei ihm fand die Polizei auch Pyrotechnik, eine Sturmhaube und eine Zwille.
Eine Bewährung hatte das Gericht abgelehnt, da M. zwar geständig, aber nicht einsichtig war und keine Reue gezeigt hatte. Dabei soll es auch geblieben sein, als er im Gefängnis war. Für nicht genehmigte Lockerungen machen die Linksextremen nun den Beamten verantwortlich.
Bereits Ende August hatten Linksextreme einen Referatsleiter der Senatsjustizverwaltung bedroht – direkt in dessen Dienstbüro. Die 10 bis 15 Linksextremen der „Soligruppe für Isa und Nero“ stammen aus dem Umfeld der Rigaer Straße 94. Bei „Isa“ handelt es sich den Polen Marek M. Der Mann, Anfang 40, saß 2018 mehrere Monate in Untersuchungshaft und war im September unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen verurteilt worden. Auch er bekam 18 Monate Haft – wegen gefährlicher Körperverletzung, Tätlichkeiten gegen Vollzugsbeamte, Beleidigung und Bedrohung.
M. ist eine Art Türsteher für die Autonomenkneipe „Kadterschmiede“. Am 11. März soll er vor einer Bäckerei an der Rigaer Straße einen 54-Jährigen verprügelt und einige Tage später einen Polizisten attackiert haben. Bei seiner Festnahme Ende März 2018 war die Polizei aus Sorge vor Krawallen mit mehr als 300 Beamten angerückt.
Der von den Linksextremen bedrohte Referatsleiter führt die Fachaufsicht über den Justizvollzug in Berlin, er ist Vize-Abteilungsleiter – also eine Stufe unter der Staatssekretärsebene. Bei dem Vorfall Ende August hatten die Linksextremen in einem Bekennerschreiben erklärt, „Nero“ werde in Haft bedroht und drangsaliert. Die Aktion habe dazu gedient, „das Gesicht zu den in der JVA Tegel herrschenden Zuständen kennenzulernen“. Und sie warfen ihm vor, er sei ein Schreibtischtäter und Sanktionen gegen Isa und Nero angeordneten zu haben.
Bereits in den Monaten zuvor hatte Angriffe der militanten Linksextremen gegeben. Das Auto einer JVA-Bediensteten, die in Friedrichshain wohnt und zeitweise unter Polizeischutz stand, wurde in Brand gesetzt. Und ein SPD-Büro ist mit Steinen attackiert. Und Anwohner, die Zeugen der Gewaltattacke von Marek M. wurden und die Polizei riefen, wurden auf Plakaten als „Denunzianten“ bezeichnet, als Polizeispitzel beschimpft und mit Drohbriefen drangsaliert.
Zwölf Bezirke, zwölf Newsletter: Unsere "Tagesspiegel Leute"-Newsletter aus allen Berliner Bezirken können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de