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Das Quasimodo wird nun von Veranstaltungsprofi Tomas Spindler (links) bespielt. Chef Klaus Spiesberger führt fortan das Restaurant darüber.
© Thilo Rückeis

Berliner Club-Institution: Neueröffnung des Konzertclubs Quasimodo

Hier stand schon Prince auf der Bühne – jetzt will der legendäre Charlottenburger Konzertclub Quasimodo unter neuer Führung zu altem Glanz finden.

Es ist eine Berliner Institution: das Quasimodo. Nur zwei Schritte vom Bahnhof Zoo entfernt führt eine Treppe tief hinunter unter das Delphi-Kino in der Kantstraße. Und ist die schwere Tür erst geöffnet, steht man gleich mittendrin in der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts: Der Punkrocker Herman Brood kam regelmäßig hierher, James Browns ehemaliger Saxofonist Maceo Parker begann auf dieser Bühne seine Solo-Karriere, Prince jammte hier 1987 noch "After Hours". Und dann die Jazzlegenden: Dizzy Gillespie, Branford Marsalis, Chet Baker und all die anderen. Wer auf internationalem Level spielte, war hier zu sehen. Und so konnte das Quasimodo 2015 stolz das 40. Jubiläum feiern. Dann war es etwas ruhiger geworden. "Die Szene hat sich in Berlin total verändert“, erklärt Klaus Spiesberger, der seit 1982 im Club arbeitet, inzwischen als Chef. Techno und der Easyjetset haben das Nachtleben in den Osten der Stadt verlagert. Die Folge: Auf der Rock- und Jazz-erprobten Live- Bühne in Charlottenburg stehen donnerstags jetzt Stand-up-Comedians.

Doch dies ist kein weiteres Kapitel in der traurigen Geschichte vom Clubsterben, im Gegenteil: das Quasimodo startet gerade richtig durch. Das hängt mit Tomas Spindler zusammen. Seit fast 40 Jahren ist er in der Musikszene der Stadt aktiv. 1979 eröffnete er mit Freunden einen Plattenladen, dann einen Club, schließlich eine erste Agentur, die amerikanische Rockbands auf Tourneen durch Europa lotste. Heute beschränkt er sich auf Berlin. Als Geschäftsführer von Trinity Music veranstaltet er rund 700 Konzerte pro Jahr, sein Band-Portfolio reicht von A wie Aerosmith über die Chippendales und Dj Bobo bis zu ZZ Top. So ein breites Angebot braucht Platz. Darum bespielt Spindler alle möglichen Bühnen, den kleinen Privatclub in Kreuzberg genauso wie das Huxleys in Neukölln, die Columbiahalle, die Zitadelle und die Waldbühne. "Man muss schon gucken, dass der Laden zum Konzerterlebnis passt", sagt der Veranstaltungs-Profi. "Es ist ja langweilig und auch am Kunden vorbei, wenn du immer die gleichen Locations buchst."

Im Quasimodo fand er genau das, was er schon lange suchte: Nur etwa 300 Gäste passen in den Kellerclub, der trotzdem geräumig wirkt mit seinen erhöhten Sitzgelegenheiten an den rot gestrichenen Wänden, dem Boden und der kleinen Empore im robusten Schwarz – genau richtig für die Anforderungen des Live-Betriebs. "Das hat einen ganz eigenen Charakter, da darf man gar nicht viel verändern", sagt Konzertagent Spindler. "Wir haben viele junge Künstler, die auf dem Sprungbrett zu den großen Hallen stehen. Die suchen genau so einen Laden wie den hier."

Das Eröffnungskonzert am 1.März war schon lange ausverkauft

Noch kurz vor der Eröffnung am 1. März liefen Handwerker herum: Die Bühne und der Tanzboden wurden erneuert, genauso wie der Backstagebereich mit Toiletten und Duschen. Auch eine neue, digitale Audio-Anlage bekommt das Quasimodo. "Es ist für die Show ganz wichtig, dass sich die Künstler, die hier auftreten, von Anfang an wohlfühlen", weiß Spindler. "Aber wir würden den Laden nicht Pink streichen", wirft Klaus Spiesberger ein, der auf die gastronomische Seite wechselt und in Zukunft das über dem Klub liegende Restaurant "Modo" betreibt. "Niemand wird sich fragen müssen: Wo ist das Quasimodo geblieben?"

Eine Frage, die vor dem Neustart wohl viele Stammgäste umtrieb: das Neu-Eröffnungskonzert mit Fred & Toody am vergangenen Mittwoch war schon Wochen im Voraus ausverkauft. Für Tomas Spindler schließt sich damit ein Kreis. Das Rocker-Pärchen hatte er schon vor 30 Jahren im Schöneberger "Ecstasy" als "Dead Moon" zu Gast. Für Mitte Mai sind die New-Wave-Helden von Fischer-Z angekündigt. Fred Wesley und Guitar Shorty, die im Mai authentischen Funk und im Juni Blues ins Quasimodo mitbringen, sind alte Bekannte im Klub. Dazwischen stehen finnische Gitarristinnen, Liedermacher und jazzige Weltmusik auf dem Programm der neuen Website.

Erst ab 22.30 Uhr darf im Quasimodo gespielt werden

"Ich bin gegen jede Schublade", sagt Tomas Spindler. "Heute kannst du ja online alles hören. Deshalb gibt es viel mehr Konzerte mit vielleicht nur 150 Leuten. Solche kleinen Veranstaltungen sind aber nur selten wirtschaftlich sinnvoll." Mit Großveranstaltungen wie in der Waldbühne kann sich Spindler das Quasimodo trotzdem leisten. "Diese Atmosphäre hier, wenn der Funke überspringt und alle für zwei Stunden feiern – dann hast du gewonnen."

Dabei spielt auch eine Rolle, dass es nicht nur ein Live Club ist, sondern auch ein Nachtclub. Die Künstler stehen erst ab 22.30 Uhr auf der Bühne. Das ist sogar im Mietvertrag verankert, denn vorher könnte der Konzertbetrieb das Kino im Obergeschoss stören. "Aber in einer Stadt, die von Mittwoch bis Montag durchfeiert, kann man auch einen Club mit richtig guten Bands um diese Zeit erfolgreich bespielen", glaubt Spindler. "Das macht es doch ein bisschen besonders: man kann vorher noch was essen gehen und dann in der richtigen Stimmung kommen und abfeiern."

Immerhin ist das Quasimodo bestens an S- und U-Bahnen und das Nachtbusnetz angebunden. "Und es ist ja auch nicht so, dass es hier im Kiez nicht Leute gibt, die sich auch freuen, wenn sie mal in einen Club gehen können", sagt Tomas Spindler und kalkuliert – ganz professioneller Veranstalter – ein halbes Jahr, bis sich das neue Quasimodo etabliert und herumgesprochen hat. "Ich denke, es wird der geilste Nachtclub von Berlin. Es wird sensationell gut." Optimismus fehlt ihm jedenfalls nicht. Jetzt müssen nur noch die Konzertgänger kommen.

Alle Infos zum Programm unter www.quasimodo.de.

Tobias Richtsteig

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