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Vielsaitig. Peter Bause hat dem Kontrabass in mehr als 30 Jahren viel abgerungen und den Spaß doch nie verloren.
© Sven Darmer

Abschied vom Konzerthaus in Berlin: Peter Bause spielt ein letztes Mal den "Kontrabass"

Vollblutschauspieler Peter Bause spielt seit Jahrzehnten in Patrick Süskinds "Der Kontrabass". Nun nimmt er Abschied von dem Stück.

Allgemeines Räuspern im Zuschauerraum, die Türen werden geschlossen, das Fräulein am Ausschank, zwischen Brezeln und Getränken, verdunkelt ihre kleine Bar. Stille im intimen Musikclub vom Konzerthaus am Gendarmenmarkt in Mitte. Und dann poltert er auf die Bühne. Strickjacke, Jeanshose, Bierflasche in der Hand. Auf dem Podium steht ein Sessel, daneben ein großer, gut gepflegter Kontrabass. Der ist schwer und unhandlich. Der Mann, der jetzt die nächsten anderthalb Stunden Vorzüge, Nachteile, Stärken und Schwächen des tüchtig gewaltigen Instruments erläutert, liebt diese orchestrale Großmutter mit ihren vier Saiten. Die ins Unermessliche vergrößerte Geige sei „das Fürchterlichste, was je erfunden wurde“, denn ihr Platz ist seit 1750 immer nur ganz hinten im Orchester.

Und dann steht der Bassist beim Spiel oder hockt wie auf einem Hochsitz, um die vier Saiten E, A, D, G. zu erreichen („Eselsbrücke: Eine Alte Dumme Gans“). Andererseits: „Ein Orchester kann spielend ohne Dirigent auskommen, aber nicht ohne Kontrabass“. Und: Der Dirigent ohne Kontrabass steht da wie ein Kaiser ohne Kleider.

Keine Pause für Bause

Die Phantasie kann viel mit dem 196 Zentimeter hohen robusten Streichinstrument anfangen. Patrick Süskind, der Autor, hat alle Facetten der Bassgeige und ihrer Spieler in sein einträgliches Ein-Personen-Stück „Der Kontrabass“ gepackt. Und der Schauspieler Peter Bause, der vor ein paar Tagen seinen 75. Geburtstag feierte, ist Süßkinds Kontrabass-Marathonläufer. Er spielt das Stück seit mehr als 30 Jahren, vielleicht schon 1500 Mal. Keine Pause für Bause.

Immer wieder schlüpft er in die Rolle des namenlosen Kontrabassisten, der zwischen Zu- und Abneigung zu seinem Arbeitsgerät schwankt, dazu noch mit der gefühlten Bedeutungslosigkeit im Orchester und der unausgesprochenen Leidenschaft für eine Sopranistin namens Sarah kämpft. Gibt es am Ende eine Kontra(bass)-Revolution? Drohen gar (Orchester-)Grabenkämpfe?

Manche Zuschauer kamen wohl zehn Mal

An diesem Silvesterabend wuchtet Peter Bause sein gutes Stück zum letzten Mal auf die Bühne des Werner-Otto-Saals im einstigen Schauspielhaus. Und der ist ebenso ausverkauft wie die Vorstellungen am 26., 28. und 29. Dezember im Musikclub.

Ist Peter Bause (weder verwandt noch verschwägert mit der Inka-Bause-Dynastie) der Kontrabass ans Herz gewachsen oder hängt er ihm zum Halse raus? „Nee, das schon gar nicht“ sagt er, „dafür hatte ich viel zu viel Freude dran, und der Spaß an den 90 Minuten hat nicht nachgelassen“. Offenkundig auch nicht beim Publikum. Bause kennt Zuschauer, die zum zehnten Mal gekommen sind, um dem Kontrabass und Peter Bauses Hassliebe zu dem Instrument zu applaudieren.

Voller Kalender statt Ruhestand

Der Vollblutmime aus Gotha wurde in jungen Jahren Leiter eines Jugendpostamtes in Magdeburg und Mitglied in einem Dramatischen Zirkel, wo sein schauspielerisches Talent entdeckt und gefördert wurde. Bis 1963 besuchte er die Leipziger Schauspielschule und hatte in Neustrelitz und Rostock erste Engagements, ehe er ans Deutsche Theater und Berliner Ensemble kam. Die Rollen des gut aussehenden Jünglings mit knallrotem Schopf waren vielseitig, die Leidenschaft, mit der er sie spielt, ist ungebrochen.

Dem Mann macht sein Beruf noch immer großen Spaß: Er hat ein volles Tourneeprogramm mit Falladas „Jeder stirbt für sich allein“ – Ehefrau Helena Büttner ist auch in diesem Stück seine Frau, die Anna Quangel. Peter Bause, der seine bitterste Zeit erlebte, als er Anfang der 1990er Jahre mit vielen Kollegen (unter ihnen Gisela May, Wolf Kaiser und Ekkehard Schall) aus dem Berliner Ensemble entlassen wurde, ist mit seiner Vielseitigkeit unverzagt zwischen den Kulissen geblieben – mit großem Talent, Gedächtnisstärke und Spielfreude, auch im Fernsehen.

Ein bisschen Fröbe, ein bisschen Leander

Seine Haare sind mittlerweile strohblond geworden, und dennoch erinnert manches (nicht die schlanke Figur) an einen anderen Schauspieler, bekannt aus Film und Fernsehen. Die Stimme mit leicht thüringischem Akzent, der kantige Kopf. Das Haar. Da hat ihn einmal ein Spaßvogel von Ansager als „unehelichen Sohn von Gert Fröbe und Zarah Leander“ bezeichnet. Also, da war was los! Und Peter Bause hat’s nicht geschadet, im Gegenteil. Er amüsiert sich noch heute.

Lothar Heinke

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