Verkehr in Berlin: In Kreuzberg sollen Parkplätze Radwegen weichen
Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg will die radfreundliche Politik des Senats nutzen. Autostellplätze sollen Raum machen für Fahrradwege. Die Parkraumbewirtschaftung wird ausgebaut.
Der Fahrradbezirk Friedrichshain -Kreuzberg tritt kräftig in die Pedale. Beseelt vom Rückenwind durch die radfreundliche Politik des rot-rot-grünen Senats soll es auf Antrag der bezirklichen Grünen auf dem Kottbusser Damm sowie auf der Zossener Straße Fahrradstreifen geben. Dafür müssten Parkplätze weichen. Nach Vorliegen eines Planes würde die Senatsverkehrsverwaltung beim Umsetzen helfen, sagte Sprecher Matthias Tang am Mittwoch. Auch ein weiteres Ziel der neuen Landesregierung will der Bezirk umsetzen und in der Oberbaumcity eine Parkraumbewirtschaftung mit gebührenpflichtigen Stellplätzen einführen.
Poller sollen Radler vor Autos schützen
Mit den besonderen Radstreifen, die baulich durch Poller, Bordsteine oder andere „geeignete Elemente“ von den Autospuren getrennt werden sollen, wolle man das Radeln sicherer machen, begründete Fraktionssprecherin Annika Gerold den Vorstoß. Eine bauliche Trennung verhindere, dass Autos und Lieferwagen auf dem Fahrradstreifen halten.
Bei solchen Verstößen müssen Radfahrer nach links ausweichen und sich in den Autoverkehr auf der benachbarten Spur einfädeln, was zu Konflikten führen kann, die eigentlich mit dem Fahrradstreifen verhindert werden sollen. Auf der Uhlandstraße in Wilmersdorf konnte man vor kurzem allein auf dem relativ kurzen Abschnitt zwischen Güntzelstraße und Berliner Straße insgesamt neun parkende oder haltende Fahrzeuge zählen – in einer Richtung. Vom Ordnungsamt oder der Polizei war nichts zu sehen, Gerold setzt sich deshalb auch für mehr Kontrollen an den Fahrradstreifen ein, was auch ein Ziel der Koalition ist.
ADAC warnt vor Schnellschüssen
Auf dem Kottbusser Damm sollen die Radstreifen, die von der Verkehrslenkung Berlin (VLB) angeordnet werden müssten, zwischen Kottbusser Tor und Hermannplatz entstehen, auf der Zosssener Straße ist der Abschnitt zwischen der Gneisenaustraße und der Blücherstraße vorgesehen – jeweils zu Lasten von heutigen Parkspuren. Dadurch würde eine Menge Stellplätze entfallen, was dem ADAC nicht gefällt. Dessen Verkehrsexperte Jörg Becker warnte vor „Schnellschüssen“.
Die Idee, endlich (!) eine Radspur auf dem Kottbusser Damm einzurichten, war überfällig. Aber der Irrglaube, dass sich die Verkehrsverhältnisse dort ohne ein aktives Ordnungsamt lösen ließen, ist so naiv wie der Glaube an den Klapperstorch.
schreibt NutzerIn pu_FM
Bessere Bedingungen für Radfahrer, die auch vom ADAC gewollt seien, müssten behutsam entwickelt werden, sagte er dem Tagesspiegel. Gerade beim Wegfall von Parkplätzen müssten Anwohner früh einbezogen werden. Sonst erzeuge man nur Unmut. Henner Schmidt von der FDP erklärte, die Grünen spielten Autofahrer und Radfahrer wieder einmal gegeneinander aus.
Gerold verwies darauf, dass man hier noch am Anfang stehe. Ein Vorbild könne der Umbau der Warschauer Straße sein, wo es auch gelungen sei, für die wegen eines Fahrradstreifens weggefallenen Parkplätze Ersatz zu schaffen. Eine mögliche Lösung sieht Gerold auch durch gebührenpflichtige Stellplätze mit Anwohnerparkausweisen, wodurch sich der Parkdruck verringere.
Extra-Zonen für Lieferwagen
Für Lieferwagen sollten Extra-Zonen eingerichtet werden; möglichst ohne den Radstreifen überqueren zu müssen, sagte Gerold. An diesen Stellen könnten die Radstreifen eventuell schmaler ausfallen oder – bei ausreichender Breite – auch über den Gehweg führen. An der Zossener Straße ist er allerdings schmal. Schon jetzt würden dort Fußgänger gefährdet, weil Radfahrer auf den Gehweg auswichen, um die gefährlichere Fahrt auf der Straße zu vermeiden. Die Zossener Straße ist stark befahren, weil Autofahrer sie oft als Umgehungsstrecke für den stauanfälligen Mehringdamm nutzen.
Für das Anlegen einer Radspur müsste aber ein rechtliches Hindernis überwunden werden. Die Zossener Straße gehört zur Tempo-30-Zone des Kiezes, in der Radstreifen nicht zulässig sind. Die Grünen wollen deshalb einen kleinen Kniff anwenden: Erst die Tempo-30-Zone auf der Straße aufheben, und dann wieder eine reguläre Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h einführen.
Grüne fordern auch einen Fahrradschnellweg
Die Pläne der Grünen reichen noch weiter. Ihnen schwebt ein Fahrradschnellweg entlang der Hasenheide und der Gneisenaustraße bis zur Yorckstraße vor. Prüfen müsse man hier, ob dafür auch der vorhandene Mittelstreifen genutzt werden könne, sagte Gerold. Spruchreif ist hier allerdings noch lange nichts.
Weiter ist der Bezirk mit der Parkraumbewirtschaftung in der Oberbaumcity. Zum 1. Juli soll das Parken in dem Gebiet zwischen Spree, Kynaststraße, Bahngleisen und Warschauer Straße in der Zeit von 9 Uhr bis 19 Uhr gebührenpflichtig werden. Hier läuft die Anwohner-Information bereits.