Berliner Shoppingcenter: Im Konsumrausch
In Berlin gibt es bereits besonders viele Einkaufszentren. Bald kommen zwei große hinzu: im Bikini-Haus und am Leipziger Platz. Und nun werden weitere Pläne bekannt. Nach Ansicht des Handelsverbands machen sich die Standorte vor allem untereinander Konkurrenz.
In Berlin entsteht noch immer ein Einkaufszentrum nach dem anderen, bald dürften es mehr als 70 sein. Aktuell zählt die Industrie- und Handelskammer (IHK) insgesamt 67 (Liste als pdf-Datei). Die nächsten zwei sollen im April öffnen. Schon jetzt beherbergen Center ein Viertel der insgesamt rund 4,5 Millionen Quadratmeter Verkaufsfläche in der Stadt.
Damit liegt Berlin weit vor anderen deutschen Städten: In Hamburg gibt es 41 Center, in Köln acht, in Frankfurt am Main sieben und in München drei.
Am 3. April öffnet die Passage „Bikini Berlin“ mit rund 60 Läden auf 18 000 Quadratmetern im denkmalgeschützten Charlottenburger Bikini-Haus zwischen Breitscheidplatz und Zoo. Unter dem Motto „Shop different“ verspricht der Investor Bayerische Hausbau ein besonderes Einkaufserlebnis ohne die immer gleichen Filialisten. Es soll Modeläden von Designern und Marken geben, die Kunden sonst kaum finden. Zum Projekt gehörten auch die Wiedereröffnung des Kinos Zoo-Palast und das Hotel „25hours“ neben dem Elefantentor des Zoos.
Im Laufe des Aprils soll die „Mall of Berlin“ am Leipziger Platz folgen. Mit rund 270 Läden und Lokalen auf 76 000 Quadratmetern wird sie eines der größten Center der Stadt. Man arbeite intensiv an der „alsbaldigen Eröffnung“, könne aber noch keinen definitiven Termin nennen, teilte das Büro des Investors Harald Huth mit. Ein starker Konkurrent dürfte die Mall für die nahen Potsdamer-Platz-Arkaden und das Alexa-Center am Alexanderplatz werden. Auch in der Friedrichstraße und sogar rund um den Kurfürstendamm und die Tauentzienstraße rechnen Anlieger zumindestens ein paar Monate lang mit spürbaren Umsatzrückgängen. Andererseits erhofft sich Geschäftsführer Mateusz Hartwich von der IG Friedrichstraße neue Kundenströme durch den „Lückenschluss“ zum Potsdamer Platz.
Relativ gelassen gibt sich die Potsdamer Platz Management GmbH, die als Tochterfirma der Center-Kette ECE unter anderem die Arkaden verwaltet. Der neue Nachbar sei eine „Herausforderung“, aber „wir haben mehr Parkplätze und mehr Außengastronomie“, sagte Geschäftsführer Jens Hintze jetzt bei einer Fachveranstaltung des Vereins „Tourismus-Dialog“. Man werde auch künftig genug Kunden haben, schließlich sei der Potsdamer Platz einer der zentralen Orte Berlins, stehe in allen Reiseführern und gehöre zu jeder Stadtrundfahrt.
Noch mehr Center sind am Ku'damm, im ICC, in Moabit und in Pankow geplant
Investor Huth denkt schon weiter, er will auch Geschäftshäuser auf dem Karstadt-Grundstück am Kurfürstendamm bauen. Ob das die Größenordnung eines Centers erreicht, ist unklar, da Huth sich dazu nicht äußert. Das Karstadt-Bettenhaus an der Augsburger Straße und das Parkhaus in der Rankestraße sollen weichen. Das Warenhaus selbst bleibt stehen: Nach Tagesspiegel-Informationen wurden die Mitarbeiter in einer Betriebsversammlung darüber informiert. Eine weitere Shoppingpassage plant der irische Investor Ballymore im Ku’damm-Karree, aber die Entwicklung kommt kaum voran, weil ein Finanzierungspartner fehlt. Und laut einem Branchenkenner erschwert Huths Ku’damm-Projekt die Suche nach Interessenten für Geschäfte im Karree.
Harald Huth wurde bekannt als Gründer der Gropius-Passagen in Neukölln und des Centers „Das Schloss“ in Steglitz. Er hat sogar noch ein Projekt: Die einstige Schultheiss-Brauerei in der Moabiter Turmstraße soll zum Zentrum „Schultheiss Quartier“ mit rund 120 Läden werden. Hinzu kommen ein Hotel, Büros sowie Kultur- und Freizeitnutzungen. Mittes Baustadtrat, Carsten Spallek (CDU), erwartet den Bauantrag im Juni. Der erste Spatenstich sei wohl gegen Ende des Jahres möglich. Anwohner hatten bei einem Diskussionsabend eine Bedrohung der Läden in der Turmstraße befürchtet. Spallek aber hofft, der Neubau werde Kunden im Kiez halten, die bisher zum Ku’damm fahren. „In der Turmstraße muss etwas passieren“, sagt auch Nils Busch-Petersen vom Handelsverband Berlin-Brandenburg.
Über „verträgliche“ Center-Standorte entscheidet der Senat
Center konkurrierten vor allem untereinander, da sie „eine ganz eigene Kundschaft“ anzögen, sagt der Verbandsgeschäftsführer, Einkaufsstraßen seien weniger betroffen. Im Übrigen gehe viel mehr Umsatz durch Online-Handel verloren. Die IHK betont, Berlin sei als „Shopping-Metropole“ bekannt, die Handelsumsätze lägen über dem Bundesdurchschnitt. Allerdings glaubt IHK-Handelsexpertin Meike Al-Habash, der „kontinuierliche Zuwachs“ von Flächen könne bestehende Standorte verdrängen. Künftig müsse „über die Neunutzung von nicht produktiven Verkaufsflächen nachgedacht werden“.
Der Senat hat einen „Stadtentwicklungsplan Zentren“ erstellt, der „verträgliche“ Standorte für neue Center ausweist. Ob die jüngsten Ideen für großflächigen Einzelhandel im sanierungsbedürftigen Internationalen Congress Centrum (ICC) in Charlottenburg dazu passen, wollte eine Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung noch nicht sagen.
Abgelehnt hatte die Senatsverwaltung zunächst ein 30 000 Quadratmeter großes Center, das zum Projekt „Pankower Tor“ des Möbelunternehmers Kurt Krieger auf dem früheren Rangierbahnhof Pankow gehört. Läden im Ortsteilzentrum seien bedroht, hieß es. Krieger plant ein ganzes Stadtviertel, zu dem auch 750 Wohnungen, zwei Möbelmärkte und zwei Schulen gehören. Im Dezember sprachen der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, Bausenator Michael Müller und Pankows Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (alle SPD) mit ihm. Krieger bot an, ein Drittel der Wohneinheiten als billige Sozialwohnungen zu bauen. Dafür soll er sein Shoppingcenter bauen dürfen. Bürgermeister Köhne hofft auf einen Spatenstich bis 2016.
- Zur Diskussion über Moabit als „Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Gastronomiestandort“ laden am Montag, 31. März, ab 19 Uhr das Bezirksamt Mitte und das Geschäftsstraßenmanagement Turmstraße in die „Zunftwirtschaft“, Arminiusstraße 2-4, ein.
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