Sanierung des Internationalen Congress Centrums: Ein Rettungsanker für das ICC
Für eine ICC-Sanierung gibt es mehr Interessenten als bisher gedacht. Nun werden bis Mai die verschiedenen Nutzungskonzepte geprüft, Wirtschaftlichkeit spielt dabei eine wichtige Rolle. Und es zeichnen sich bereits erste Favoriten ab.
Schicke Läden und ein Hotel, außerdem Platz für die Berliner Messe. Das soll der Rettungsanker für das Internationale Congress Centrum (ICC) sein, das nach 35 Jahren den Betrieb als zentrales Kongressgebäude der Hauptstadt einstellt. Vorerst jedenfalls. Aber jetzt nahen angeblich die Retter. Private Investoren mit Erfahrung und viel Geld. Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) hat seit Herbst 2013 ein Dutzend Interessenten an der Angel, die auf der Expo 2013 in München mit dem Berliner Senat ins Gespräch kamen.
Seitdem werden mit Hilfe des Beratungsunternehmens Drees & Sommer die eingereichten Nutzungskonzepte geprüft, die sich dem Vernehmen nach sehr ähneln. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und die Führungsleute der Koalitionsfraktionen SPD und CDU wurden vorab ins Vertrauen gezogen. Spätestens im Mai, vielleicht schon vor Ostern, will Yzer öffentlich verkünden, wer in die engere Wahl gekommen ist, um das ICC zu sanieren, technisch zu modernisieren und umzubauen.
ICC-Rettung: 200 Millionen Euro aus der Landeskasse?
Bei der Prüfung der Angebote spielte die Wirtschaftlichkeit der Konzepte eine große Rolle. Die wichtigste Forderung der Experten: Das schlechte Verhältnis von Nutzfläche zur Gesamtfläche des ICC (zehn Prozent) muss deutlich verbessert werden. Ohne größere Veränderungen der Innenarchitektur, aber auch der äußeren Hülle (etwa für Schaufenster) wird das kaum gehen. Ein zweites Problem sind die nach wie vor günstigen Gewerbemieten in Berlin, die eine Refinanzierung der Großinvestition erschweren. Dabei geht es, inklusive Beseitigung von Asbest und anderen Schadstoffen, um eine halbe Milliarde Euro.
Der Senat ist bereit, für die Rettung des ICC 200 Millionen Euro aus der Landeskasse beizusteuern. Die Freigabe der Mittel ist „an die Vorlage eines schlüssigen Nutzungskonzepts“ gebunden, so die Wirtschaftsverwaltung. Angeblich gibt es einen Investor, der ohne öffentliche Unterstützung auskommt, also 500 Millionen Euro selbst aufzubringen will. So etwas können nur internationale Branchenriesen, etwa ECE und Mfi. Beide bewerben sich um das ICC. Für die Haushälter der rot-schwarzen Koalition ein verlockendes Angebot.
Voraussichtlich wird sich die weitere Diskussion um die Frage drehen, welchen Anteil das künftige Shopping-Center am geplanten Nutzungsmix für das ICC haben darf, um den Einzelhandel an der Kant- und Reichsstraße und an der Wilmersdorfer Straße nicht zu gefährden. Angeblich soll dies vermieden werden, indem im neuen Einkaufstempel ICC ein Sortiment des gehobenen Bedarfs angeboten wird.
Investor I: ECE – Familie mit Geld
Das Unternehmen ECE wurde 1965 vom Versandhauspionier Werner Otto gegründet und managt europaweit 189 ShoppingCenter – in Kooperation mit Stararchitekten wie Renzo Piano oder Gunter Henn. Nach eigenen Angaben mit „individueller Architektur, von historisierend bis futuristisch“. 14 weitere Center sind im Bau, 13 Center werden derzeit erweitert oder grundlegend umgebaut. Das Unternehmen, das nach dem Tod Ottos von dessen Sohn Alexander geführt wird, wirbt mit einem ständigen Bau- und Planungsvolumen von vier Milliarden Euro. Das Vermögen der Familie Otto wird vom Wirtschaftsmagazin Forbes auf 17,6 Milliarden Euro geschätzt. 2014 will ECE einen zweiten Fonds für „revitalisierungsbedürftige Einkaufszentren“ auflegen. 775 Millionen Euro sollen darin angelegt werden.
Elf Einkaufszentren am Standort Berlin
ECE betreibt in der Hauptstadt momentan elf große Einkaufszentren: Allee-Center (Lichtenberg), Eastgate (Marzahn), Gesundbrunnen-Center (Wedding), Hallen am Borsigturm (Reinickendorf), Linden-Center (Hohenschönhausen), Märkische Zeile (Reinickendorf), Marktplatz Center (Hellersdorf), Park Center (Treptow), Potsdamer Platz Arkaden (Tiergarten), Ring-Center (Lichtenberg) und Tempelhofer Hafen (Tempelhof).
Firmengründer Werner Otto ist Ehrenbürger Berlins
Firmengründer Werner Otto wurde 2009, kurz vor seinem 100. Geburtstag, Ehrenbürger von Berlin. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) lobte den gebürtigen Seelower, der im letzten Jahrzehnt vor seinem Tod in Berlin-Grunewald wohnte, als einen „Menschen und Unternehmer, der immer ein großes Herz für die Belange der Region und vor allem Berlin hatte“. Der Sitz von ECE blieb Hamburg, doch pflegte die Familie Otto stets gute Beziehungen zu Berlin. Für den Firmenchef Alexander Otto sind Shopping-Center auch „Orte der sozialen Begegnung“, die junge Menschen anziehen und möglichst nicht von den Filialketten bestimmt sein sollten. ECE experimentiert auch mit neuen Online-Modellen, um den realen mit dem virtuellen Einkauf zu verbinden.
Investor II: MFI – Mehr Marktpräsenz
Die Management für Immobilien AG (mfi), die 1987 gegründet wurde, ist ebenfalls auf große Einkaufszentren spezialisiert. Das Unternehmen plant, betreut den Bau und übernimmt auch die Vermietung und Verwaltung. Zunehmend werden bestehende Zentren, die nicht mehr auf dem Stand der Zeit sind, von mfi saniert. Derzeit gehören 25 Shopping-Center zum Imperium, entweder im eigenen Bestand oder in Betreuung für fremde Investoren. Vier weitere Center sind im Bau oder in der Planung. Das Eigenkapital von mfi beträgt 470 Millionen Euro. Und seit 2012 hält der französisch-niederländische Immobilienkonzern Unibail-Rodamco, Marktführer in Europa, 46 Prozent der Aktienanteile. Dessen Grundvermögen in über 20 Ländern wird auf über 30 Milliarden Euro geschätzt.
Sechs Einkaufszentren am Standort Berlin
In der Hauptstadt gehören momentan sechs Shopping-Center zu mfi: Die Mitte, Gropius Passagen (Neukölln) , Spandau Arcaden, Neukölln Arcaden, Wilmersdorfer Arcaden und Schönhauser Allee Arcaden (Pankow). Im November 2013 hat das Unternehmen zusätzlich das Objektmanagement für das traditionsreiche Einkaufszentrum Forum Steglitz vom bisherigen Betreiber, der Berliner Reality GmbH, übernommen.
Einkaufszentren sind ein wichtiger Wirtschaftsmotor
Auch mfi beansprucht für sich eine besondere Unternehmensphilosophie. Die Gründung von ShoppingCentern sei „ein Baustein im weiten Feld der Stadtentwicklung“. Dort würden Handel, Dienstleistungen und Gastronomie gebündelt, insofern seien diese Zentren mit jeweils 1.000 Beschäftigten für jede Stadt ein wichtiger Wirtschaftsmotor. Außerdem steckten in jedem Center private Investitionen in Höhe von 150 Millionen Euro. Auch mfi arbeitet mit renommierten Architekten zusammen, zum Beispiel Gerkan, Marg und Partner oder KJS. Gestärkt durch den neuen Partner Unibail-Rodamco strebt mfi den „gezielten Ausbau der Marktpräsenz in Deutschland“ an. Der Firmenstandort in Essen wird 2015 verlegt. Allerdings nicht nach Berlin, sondern nach Düsseldorf.