Shoppingcenter in Berlin: „Man muss unterschiedliche Akzente setzen“
Im Interview spricht der langjährige Handelsverbands-Chef Nils Busch-Petersen über die Trends der Branche.
Herr Busch-Petersen, ein geflügeltes Wort über Shoppingcenter lautet: „Kennt man eines, kennt man alle.“ Stimmt das?
Nein, denn der Wettbewerb wird immer stärker. Wir haben 63 Center in Berlin, wenn man kleinere ab 5000 Quadratmeter einrechnet. Ein Viertel der Verkaufsfläche Berlins befindet sich in Einkaufszentren. Den Betreibern bleibt nichts anderes übrig, als unterschiedliche Akzente zu setzen. Aber bei gleicher Führung gibt es natürlich Parallelen. Stark vertreten sind der europäische Marktführer ECE und die Nummer zwei in Deutschland, mfi.
Orientieren sich Center an ihrer Umgebung?
Natürlich, das ist das Brot-und-Butter-Geschäft im Handel, andere machen es auch. Neuköllner „real,-“-Märkte etwa zeichnen Waren auch auf Türkisch aus.
Geht der Trend zu immer größeren Einheiten wie dem geplanten Zentrum am Leipziger Platz, dem dann größten Berlins?
Nicht unbedingt. Es hängt oft vom Baurecht ab. Die geplante Passage im Charlottenburger Bikini-Haus wird kleiner, dort ist der denkmalgeschützte Baukörper nun einmal vorgegeben. Aber: Auch „small“ kann „beautiful“ sein – zumal wir mehr Nahversorger brauchen.
Wen bedrohen neu entstehende Zentren?
Warm anziehen müssen sich andere Center, die merken es zuerst. Offenbar haben sie eine ganz eigene Kundschaft, eine besondere Spezies, die gern auch mal zu einer anderen Blüte fliegt – aber im gleichen Genre. Beim Zentrum am Leipziger Platz spekulieren die meisten, dass der Nachbar leidet: die Potsdamer-Platz-Arkaden. Aber ich sehe Potenzial für ein symbiotisches Verhältnis. Die Stadt ist ja ein Touristenmagnet geworden.
Wie können sich Einkaufsstraßen behaupten?
Es gibt Center, die sich zur Umgebung hin öffnen und sie bereichern; andere aber wirken autark wie eine gelandete Raumfähre. In den Straßen kommt es auf starke Standortgemeinschaften an. Sie sind nichts anderes als die Werbegemeinschaften in Centern, außer dass man jenen nicht freiwillig angehört. Auch öffentliche Verwaltungen können durch lebendige, urbane Stadtgestaltung viel bewegen.
Freiwillige Zusammenarbeit funktioniert aber nicht überall. Aktuell fällt in der Steglitzer Schlossstraße die Weihnachtsbeleuchtung aus, weil zu wenig Anrainer dafür zahlen wollten.
Das ist der Klassiker und die Nagelprobe für jede Standortgemeinschaft. Manche haben in Berlin schon nach dem Senat gerufen, aber ich sage Händlern, sie sollen Sponsoren suchen oder es selbst in die Hand nehmen. Bei allen Vorhaben gilt: Wenn jeder sich beteiligt, trägt der Einzelne weniger Last. Würde etwa in der Schönhauser Allee jeder einen Euro pro Quadratmeter Verkaufsfläche zahlen, kämen monatlich 34 000 Euro zusammen. Man könnte unter anderem einen „Kümmerer“ anstellen, der die Interessen der Straße vertritt.
Die Berliner Koalition plant ein Gesetz, um Business Improvement Districts (BID) zu ermöglichen. Anrainer könnten sich zu Abgaben verpflichten, um ihre Umgebung aufzuwerten. Ist das ein universelles Modell?
Wir haben uns für dieses Ziel im Koalitionsvertrag eingesetzt. Ein BID ist zeitlich und vom Volumen her begrenzt, die Zustimmungsquote muss sehr hoch sein. Beispiele wie Hamburg zeigen, dass es ein wirksamer Mechanismus sein kann – aber wohl nur für etwas stärkere Straßen und nicht für die ganz schwachen.
- Das Gespräch führte Cay Dobberke.
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