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Katrin Lompscher (Die Linke) ist Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen in Berlin.
© Kai-Uwe Heinrich

Berlins Bausenatorin Lompscher: „Ich habe das Kommunikationsproblem nicht erkannt“

In Pankow sollen 10.000 neue Wohnungen entstehen, obwohl zunächst nur 6.000 kommuniziert wurden, das sorgte für mächtigen Ärger. Senatorin Lompscher gibt im Interview nun Fehler zu.

Für viel Ärger sorgten jüngst die Pläne für ein neues Stadtquartier im "Blankenburger Süden". Senatorin Katrin Lompscher spricht im Interview über den Stand der Dinge und eigene Fehler.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller mischt sich immer stärker in Ihr Ressort ein, führt Gespräche mit Branchenvertretern ohne Sie. Gibt es eine Aufgabenteilung: Er organisiert den Neubau und Sie kümmern sich um den Mieterschutz?

Selbstverständlich nicht. Es gilt weiterhin das Ressortprinzip. Wir haben erst vor wenigen Wochen auf meine Vorlage hin im Senat eine Wohnungsbaukoordinierung eingerichtet, die Neubauprojekte beschleunigen soll. Auf der zweiten Stufe, der Entscheiderkonferenz, ist auch die Senatskanzlei dabei. Unser Ziel ist, dass wir bestimmte Hürden und Barrieren gemeinsam und schneller überwinden.

Aber Müller setzt Sie unter Druck, er fordert mehr Neubau. Hat er für Sie entschieden, dass in Blankenburg rund 10.000 Wohnungen statt 6.000 gebaut werden sollen, und Sie haben in den sauren Apfel gebissen?

Auch hier ein klares Nein. Wir haben einen unbestreitbaren Bedarf an zusätzlichem Wohnraum, treffen aber besonders bei größeren Projekten, wie im Blankenburger Süden, auf komplexe Problemstellungen. Im Blankenburger Süden kam dann unglücklicherweise noch ein Missverständnis in der unterschiedlichen Betrachtungsweise dazu: Die Engagierten vor Ort gingen nur vom ursprünglichen Kerngebiet, dem landeseigenen Rieselfeld, aus. Im Rahmen der vorbereitenden Untersuchung wurde jedoch ein sehr viel größeres Untersuchungsgebiet stadtplanerisch betrachtet.

In Pankow sollen statt bisher kommunizierten 6000 Wohnungen nun etwa 10.000 Wohnungen entstehen. Kleingärtner fürchten um ihre Parzellen.
In Pankow sollen statt bisher kommunizierten 6000 Wohnungen nun etwa 10.000 Wohnungen entstehen. Kleingärtner fürchten um ihre Parzellen.
© Jörg Carstensen/dpa

Noch mal: Wer hat die Aufstockung konkret entschieden?
Entschieden ist noch gar nichts. Das war der Auftakt der Bürgerbeteiligung, bei der verschiedene, mögliche Varianten vorgestellt wurden. Diese werden wir nun im Prozess mit Onlinedialog und Bürgerwerkstätten weiter vertiefen. In dem gezeigten Spektrum von 6000 bis 10.000 Wohnungen ist alles möglich.

Sie sprechen von einem „Kommunikationsfehler“.

Dass der Unterschied zwischen der 70 Hektar großen Kernfläche und dem größeren Untersuchungsgebiet von 420 Hektar im Vorfeld nicht ausreichend deutlich gemacht wurde, war das Hauptproblem dieser Veranstaltung. Das ist ein Kommunikationsfehler.

Am Dienstag vor der Auftaktveranstaltung konstituierte sich der Projektbeirat. Dort wurden die neuen Pläne vorgestellt, aber die neuen Zahlen verschwiegen. Beiratsmitglieder werfen Ihnen vor, den Projektbeirat getäuscht zu haben. Sie waren die ganze Zeit anwesend, hätten Sie die neuen Zahlen nicht selbst dort kommunizieren müssen?

Ich bestätige, dass in der Sitzung keine Zahlen genannt worden sind. Auch ich habe nicht erkannt, dass sich hier ein Kommunikationsproblem größerer Art aufbaut. Es wurde das größere Untersuchungsgebiet vorgestellt, aber es wurde keine Zahl dazu genannt.

Aber genau die war doch der entscheidende Punkt. Sowohl für Berlin, als auch für Sie und die Anwohner.

Der entscheidende Punkt für die Anwohner in Blankenburg ist, dass dort die Verkehrsproblematik gelöst werden muss, bevor gebaut werden kann. Ich sage: Es kann zusätzlicher Wohnungsbau dort nur entstehen, wenn die derzeitigen Verkehrsprobleme gelöst werden. Die Infrastrukturdefizite müssen im Vorfeld beseitigt werden. Und eine Verbesserung der Situation im Ortskern Blankenburg ist ein dringender Wunsch. Ein weiterer Punkt ist, dass die Menschen nicht verdrängt werden. Diese Punkte haben nur bedingt etwas mit Zahlen zu tun.

Für die Anwohner ist die Zahl aber genau deswegen entscheidend. Sie haben Sorgen, dass der Ortsteil die neue Dimension nicht tragen kann. Die geforderten Studien, etwa zum Verkehr, beziehen sich alle auf die alte Kerngebietsgröße. Die neue Zahl hätte man doch nennen müssen, wenn man die anderen Punkte angehen will.

Ja, da haben Sie Recht, aber es ist nicht passiert.

Manche glauben, dass jeder Angst hatte, es den Anwohnern ins Gesicht zu sagen: die Verwaltung, die Politik, Sie.

Wir haben es den Bürgerinnen und Bürgern am Samstag in der Veranstaltung ja mitgeteilt, insofern ist diese Vermutung wohl entkräftet. Wir werden jetzt in Gesprächen Klarheit schaffen und den Verunsicherungen entgegentreten. Natürlich besteht nicht die Absicht, große Kleingarten- und Siedlungsanlagen abzuräumen. Das ist überhaupt nicht der Plan.

Was haben Sie aus dem missglückten Auftakt Ihrer Partizipationskampagne noch gelernt?

In solchen komplexen und langfristigen Stadtentwicklungsprozessen bestehen diverse Dilemmata. Wenn man frühzeitig kommuniziert und Varianten vorstellt, schafft man möglicherweise Unsicherheiten, Missverständnisse und Ängste. Wenn man aber nicht frühzeitig kommuniziert, setzt man sich dem Vorwurf aus, alles sei schon entschieden.

Am Samstag ist sehr deutlich geworden, dass die Komplexität eines solchen Planungsvorgangs auf großen Veranstaltungen kaum vermittelbar ist. Dafür braucht man andere, kleinere Gesprächsformate und schriftliches Informationsmaterial. Die Information und die Verständlichkeit müssen und werden wir ausbauen.

Aber wenn Sie Transparenz beschwören: Warum sagen Sie dann bestimmte Dinge nicht? Und warum sagen Sie andererseits weiterhin: Es ist auch möglich, dass gar nicht gebaut wird?

Das habe nicht ich gesagt und das entspricht auch nicht den Tatsachen.

Die Moderatorin der Veranstaltung hat dies auch erklärt, und es steht ja auch als ein mögliches Beschlussszenario des Abgeordnetenhauses in den Broschüren, die Sie herausgegeben haben.

Wichtig ist, dass man auf solchen Veranstaltungen sagt, was ist fix, und was ist variabel. Fix ist: Wir haben eine große, landeseigene, gut bebaubare Fläche. Auf der wollen wir ein Stadtquartier errichten. Das gilt, steht im Koalitionsvertrag und im Regierungsprogramm, darüber hat das Abgeordnetenhaus gerade einen Antrag verabschiedet. Voraussetzung dafür, dass ein solches Stadtquartier auf dieser Kernfläche errichtet werden kann, ist die verkehrliche Anbindung. Alles andere ist variabel.

Muss dort nach Ihrer Meinung auf jeden Fall gebaut werden?

Es ist mein politischer Auftrag, dort die Voraussetzungen für ein neues Stadtquartier zu schaffen. Was sich gegenüber dem Koalitionsvertrag und dem Regierungsbeschluss geändert hat, ist höchstens der Zeitraum, in dem das möglich ist. Weil es hier komplizierter und umfänglicher ist, die Voraussetzungen, insbesondere die Verkehrserschließung zu schaffen, haben wir es hier mit einem mittel- bis langfristigen Projekt zu tun.

Ihre Verwaltung präferiert laut Projektbeirat Variante A, 9600 Wohnungen und die Verschiebung des Gewerbegebiets nach Norden. Sie auch?

Das ist nicht zutreffend. Auch ich habe keine Vorzugsvariante. Aus meiner Sicht ist die Kernfläche für den Wohnungsbau gut geeignet, weil sie dem Land Berlin bereits gehört. Dort können wir preisgünstigen Wohnraum schaffen und auch Genossenschaften, andere gemeinwohlorientierte Akteure und Private hinzuziehen. Wir müssen städtebaulich gute Lösungen finden, die verkehrlich und infrastrukturell gut erschlossen sind, denn wir brauchen Wohnungen.

Es ist kein Zufall, dass zwei Gartengebiete von den neuen Planungen betroffen sind. Müssen im wachsenden Berlin Kleingärten bebaut werden?

Der Kleinanlangenentwicklungsplan wird bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz federführend bearbeitet. Zeitgleich müssen wir ihn mit unserem Stadtentwicklungsplan Wohnen abstimmen. Dieser Prozess läuft aktuell.

Das heißt: Man wird weiter Kleingärten bebauen?

Das heißt, dass ich Ihnen die Frage erst beantworten kann, wenn die Pläne vorliegen und darüber politisch entschieden wird.

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