Berlin-Charlottenburg: Großes Kino in kleinen Sälen: das neue "delphi Lux" am Zoo
Zum ersten Mal seit langer Zeit öffnet am 6. September wieder ein ganz neues Filmtheater in Charlottenburg. Das Arthouse-Kino ist schon fast fertig.
Nach dem großen Kinosterben rund um den Ku’damm in den 1980er und 1990er Jahren zogen Modefilialisten in viele traditionsreiche Filmtheater, neue Kinos in der City West schienen lange undenkbar. Immerhin wurde aber vor vier Jahren der modernisierte Zoo-Palast mit großem Erfolg wiedereröffnet, und im vorigen Frühjahr kehrte das kleine Kino „Klick“ am Rande des Stuttgarter Platzes nach langer Pause zurück. Jetzt macht am Bahnhof Zoo sogar ein ganz neues Arthouse-Kino auf: Ab dem 6. September lädt die Berliner Yorck-Gruppe in ihr „delphi Lux“ am Bahnhof Zoo ein.
Eine Baustellenführung in der Fußgängerpassage „Yva-Bogen“ zwischen der Kant- und der Hardenbergstraße zeigte am Freitag, dass fast alles fertig ist. Zu den wenigen Ausnahmen gehört der größte Saal (der auch „nur“ 139 Plätze hat). Dort fehlen noch die Stühle, weil angelieferte Armlehnen zwei Zentimeter zu schmal waren und die Sitze damit nicht in die Verankerungen passten. Insgesamt gibt es knapp 600 Plätze in sieben Sälen, die alle verschieden gestaltet wurden, zum Teil in knalligen Bonbonfarben wie Rot und Blau.
Glitzervorhänge, Lichtspiele und Lampen aus dem Gloria-Palast
Auch die Vorhänge vor den Leinwänden haben unterschiedliche Farben, außerdem sind sie mit glitzernden Mustern verziert. Auf dem Boden wurde edles Teakholz-Parkett aus Thailand verlegt – wobei Kloster betont, dass es aus einer Baumplantage stammt und somit ökologisch unbedenklich sei. LED-Lichtleisten an der Decke ermöglichen bunte Farbenspiele, beispielsweise soll eine sich ändernde Saalbeleuchtung kurz vor dem Beginn der Werbung signalisieren, dass es nun losgeht.
In einem Saal und in einer Lounge hängen zusätzlich alte Lampen aus dem seit 1998 geschlossenen Gloria-Palast am Kurfürstendamm. Wie berichtet, wird dessen denkmalgeschütztes Gebäude in wenigen Tagen für ein neues Geschäftshaus abgerissen.
Ein Saal kann gemietet werden
Im delphi Lux ist einer der kleineren Säle mit der Lounge verbunden und verfügt vor der Tür über eine eigene Bar. Damit sei der Saal „separat vermietbar“, sagt Kloster und nennt Filmfestivals, Pressevorführungen oder private Feiern als mögliche Nutzungen. Was die Miete kosten wird, konnte er noch nicht sagen.
Für die Gestaltung des ganzen Hauses ist das Berliner Architekturbüro Bruzkus Batek zuständig, das bisher nicht über Erfahrungen mit Kinos verfügte, aber unter anderem schon Restaurants des Sternekochs Tim Raue sowie Hotels und Läden eingerichtet hat.
Das Haus ersetzt das frühere Kino Broadway
Als Hauptgrund für die Neueröffnung nennen die Geschäftsführer der Yorck-Kinogruppe, Georg Kloster und Christian Bräuer, dass „wir schon länger einen Ersatz für das ,Broadway’ gesucht hatten“. Dieses Kino an der Tauentzienstraße hatten sie vor sechs Jahren schließen müssen, weil der Vermieter die ganze umliegende Passage „Minicity“ für neue Läden abreißen ließ.
Fündig wurden die Kinobetreiber schließlich im Gebäude des Hotels Motel One, wo Räume einer früheren „Eventpassage“ leer standen. Der Kinoname delphi Lux ist natürlich eine Reminiszenz an den alten Delphi-Filmpalast in der Kantstraße. Auch dieser gehört zur Yorck-Gruppe, die insgesamt ein Dutzend Kinos in der Stadt hat und damit nach eigenen Angaben der „größte deutsche Programmkinoverbund“ ist.
„Lux“ steht außerdem für Licht – und für einen gewissen Luxus. So wurde die ursprünglich geplante Gesamtzahl der Plätze um rund 100 verringert, damit die Gäste bequemer sitzen.
Anspruchsvolles Programm
Das Kino zeigt ausgewählte europäische Filme, amerikanische Independent-Produktionen und ein Kinderprogramm, das auch für Schulklassen gedacht ist. In der Eröffnungswoche laufen unter anderem der chilenische Film „Una mujer fantástica“ („Eine fantastische Frau“), der im Februar am Berlinale-Wettbewerb teilgenommen hatte, sowie der neue Klimaschutz-Film des ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore („Eine noch immer unbequeme Wahrheit“), eine Dokumentation über die Musikband Tangerine Dream und die französisch-belgische Komödie „Barfuß in Paris“.
Karten dafür wird es erst kurz vor der Eröffnung geben, weil die Kasse im Kino derzeit noch fehlt. Auch die Preise stehen bisher nicht fest. Immerhin deutet Kloster an, dass Tickets ähnlich viel kosten sollen wie im Delphi.
Zur Eröffnung werden Berlinale-Leiter Dieter Kosslick und die Präsidentin der Deutschen Filmakademie, die Schauspielerin Iris Berben, als Festredner erwartet.
Zusammen mit Nachbarn will man die Gegend aufwerten
Kloster und Bräuer denken über ihr eigenes Projekt hinaus: Die City West „verändert sich ja massiv“ sagen sie und wollen die Bahnhofsgegend zum „Foto- und Filmquartier“ machen. Dafür sind Kooperationen mit der benachbarten Fotogalerie C/O im Amerika-Haus sowie dem Museum für Fotografie und der Newton-Stiftung in der Jebensstraße geplant; mit der Galerie C/O arbeitet man bereits im Delphi zusammen. Zwischen dem Delphi Lux, dem Amerika-Haus und dem angrenzenden Aletto-Hostel an der Hardenbergstraße liegt ein kleiner Hof. Eigentlich ist dieser nur als Notausgang angelegt, aber die Yorck-Chefs wollen ihn auch „in Absprache mit den Nachbarn punktuell für Veranstaltungen nutzen“.