Umbau der Kastanienallee in Berlin-Prenzlauer Berg: Gericht: Radweg verursacht Gefahren
Lange wurde über den Umbau der Kastanienallee in Prenzlauer Berg gestritten, zehn Monate ist sie nun fertig - da gibt es wieder Ärger. Ein Radfahrer ist wegen des neu angelegten Radwegs vor Gericht gezogen - und bekam Recht.
Das hatten sich die Verkehrsplaner so schön ausgedacht: Sie wollten es beim Umbau der Kastanienallee in Prenzlauer Berg allen recht machten - Autofahrern, Radlern und Fußgängern. Doch zwischen den beiden letzten gab es nach der Fertigstellung der Straße immer wieder Konflikte, die jetzt vor Gericht landeten. Und es ging nicht um Kampfradler.
Denn an den Straßenbahnhaltestellen hatten die Planer den neuen Bürgersteig in Richtung Gleis verbreitert, was das das Einsteigen erleichtern sollte. "Kaphaltestellen" heißt das unter Fachleuten. Doch für den Radweg blieb dadurch kein Platz am Fahrbahnrand, weshalb er über Bürgersteig geführt wurde, und das auch noch direkt an den BVG-Wartehäuschen vorbei. Ein Nutzer der Kastanienallee, offenbar genervt von den ständigen Konflikten zwischen Radlern und wartenden Fahrgästen, zog vors Verwaltungsgericht. Er klagte gegen die Benutzungspflicht des nur einen Meter breiten Streifens - und gewann. Sein Vorwurf: Der neue Radweg verursache mehr Gefahren im Straßenverkehr.
Die Begründung der Behörden, mit der Benutzungspflicht werde verhindert, dass Radler beim Überholen einer haltenden Straßenbahn in den Gegenverkehr ausweichen könnten, akzeptierte das Gericht laut Urteil nicht. Ein verkehrsgerechter Radfahrer werde dann auf den Radweg ausweichen oder hinter der Tram deren Weiterfahrt abwarten, heißt es.
Anfang des Jahres wurde die Kastanienallee nach dreijährigem Umbau übergeben. Etwa 2,5 Millionen hatte das Projekt gekostet. Vor dem Start hatten Anwohner, Händler und Gastronomen bereits gegen die Pläne protestiert. Sie befürchteten vor allem, dass die Kastanienallee ihr Gesicht verlieren würde. Der Widerstand war so groß, dass sich eine Bürgerinitiative "Stoppt K21" gründete; der Name spielte auf das ebenfalls umstrittene Bauprojekt "Stuttgart 21" der Bahn an. Einer der Vorkämpfer war Mattias Roeingh, alias Dr. Motte, der Mitbegründer der Loveparade. Es gab sogar ein Bürgerbegehren, was allerdings im November 2012 scheiterte, weil nicht genügend Unterschriften zusammenkamen, um einen Bürgerentscheid zu initiieren: Statt der notwendigen 8800 kamen nur 6963 Unterschriften zusammen.
Das Urteil zur Kastanienallee könnte aber weit reichende Folgen haben. Denn nach ähnlichem Vorbild wird die Pappelallee umgestaltet, wo es bereits neue Haltestellen angelegt wurden, an denen der Radwegen ebenfalls haarscharf an Bordsteinkante und Wartehäuschen vorbeiführt. So genannte Kaphaltestellen gibt es auch im Köpenicker Ortsteil Wendenschloss und in der Hohenschönhausener Konrad-Wolf-Straße. Diesen Sommer sind sie erst fertig geworden.
Klaus Kurpjuweit, Björn Seeling