Neue Fahrradstaffel in Berlin: Die Polizei tritt in die Pedale
Die erste zentrale Fahrradstaffel der Polizei nimmt ihren Dienst auf – sie soll den Verkehr im Regierungsviertel beruhigen.
Für Kampfradler wird es künftig enger auf den Straßen – zumindest wenn sie zwischen Tiergarten, Regierungsviertel und Alexanderplatz unterwegs sind: Am Mittwoch stellte die Polizei ihre erste zentrale Fahrradstaffel in Dienst. Fünfzehn Männer und fünf Frauen treten ab sofort ganzjährig in die Pedale, um Verkehrssünder und Kriminelle aus dem Verkehr zu ziehen. Zwar sind auch jetzt schon sporadisch Fahrradstreifen unterwegs – nun soll aber strukturierter geradelt werden. Bisher waren sie mit einer kunterbunten Sammlung von Rädern unterwegs. "Jetzt steigen wir von der Amateur- in die Profiliga auf", ist sich Polizeipräsident Klaus Kandt sicher.
Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt
Das zunächst auf drei Jahre angelegte Projekt hat laut Polizei "die Überwachung des Straßenverkehrs mit überwiegendem Bezug zum Verhalten von und gegenüber Radfahrern" als Aufgabe. So soll eine "einsatztaktische Lücke" zwischen Fußstreifen und motorisierten Streifen geschlossen werden. Im Einsatzgebiet der Staffel ereignen sich laut Polizei die meisten Unfälle mit Radlerbeteiligung – das Projekt wird daher wissenschaftlich begleitet. So soll herausgefunden werden, ob die Fahrradstaffel hilft, dass die Unfallhäufigkeit im Stadtzentrum sinkt.
Kofinanzierung von Verkehrsverwaltung und Versicherungswirtschaft
Für die Finanzierung braucht die Polizei Hilfe von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung – und des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft. Je 35 000 Euro steuerten beide zu den insgesamt 85 000 Euro bei, die für moderne Räder, Schutzhelme und passgenaue Funktionskleidung ausgegeben wurden. Insgesamt wurden 20 – selbstverständlich verkehrssichere – Trekkingräder und zwei Pedelecs, Fahrräder mit zuschaltbarem Elektromotor, angeschafft. Die Kosten für Personal, Reparaturen und den laufenden Betrieb übernimmt die Polizei. „Allein hätten wir es nicht gekonnt, wir brauchen die finanziellen Zuschüsse“, sagt Kandt bei der Vorstellung der Fahrradstaffel auf dem Pariser Platz.
Streifendienst von 7 bis 20 Uhr - außer bei Glatteis
Untergebracht ist die neue Staffel in Alt-Moabit, patrouilliert wird paarweise zwischen 7 und 20 Uhr. Ziel ist laut Polizei eine „sichtbare und stets ansprechbare Präsenz an sieben Tagen der Woche, und das ohne Wenn und Aber ganzjährig.“ Ab fünf Grad minus und Glatteis auf den Straßen wird der Streifendienst aber eingestellt. „Sollte das Wetter zu extrem sein, werden die Kollegen den normalen Verkehrsdienst unterstützen“, so Kandt.
Funktionskleidung statt Uniform
In Münster, Köln und Hamburg sind Fahrradstaffeln schon länger im Einsatz, dem Vernehmen nach mit einigem Erfolg. In Berlin bewarben sich 60 Polizisten auf die Stellen. Sascha Ziegler ist Leiter der Staffel, wie seine Kollegen wurde er in einem zweiwöchigen Kurs auf die neue Aufgabe vorbereitet. "Jede Streife wird 30 bis 40 Kilometer pro Schicht zurücklegen", schätzt er. Das liegt daran, dass viel Arbeit auf die Fahrradpolizisten wartet: "Ich mutmaße mal, dass ich alle 200 bis 300 Meter eine Ordnungswidrigkeit ahnden werde."
Dienstwaffe, Pfefferspray und Handschellen sind immer mit dabei. Allerdings bleibt die Dienstuniform im Spind – stattdessen trägt man atmungsaktive Sportausrüstung. "Bei körperlicher Anstrengung ist so alles bestens belüftet", sagt Ziegler. Damit niemand die Fahrradpolizisten übersieht, sind Brust und Ärmel der Arbeitskleidung in grellem Neongelb gehalten.
Warnung per Zuruf
Nur Blaulicht und Martinshorn gibt es nicht. "Die Polizisten werden rufen, um sich bemerkbar zu machen", sagt Polizeipräsident Kandt. Ob das reicht, um Passanten, Touristen und Lasterfahrer vor dem Nahen der Fahrradstreife zu warnen, ist fraglich. Staffelleiter Ziegler jedenfalls fürchtet sich nicht vor dem Stadtverkehr: "Solange ich jemandem folgen kann, ohne Dritte zu gefährden, mache ich das auch." Dann mal gute Fahrt.