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Bauarbeiten in der Kastanienallee: Dr. Motte leistet Widerstand

Kiezkultur oder schnellere Tram? An der Kastanienallee protestierten Anwohner gegen den Umbau der Straße nach grünen Ideen.

Das Zugpferd des Protestes kam Punkt 15 Uhr, zog sich die Wollmütze tief über die Ohren und legte als politische Anspielung erstmal ein Volkslied auf: „Schwarzbraun ist die Haselnuss.“ Der Widerstand der Anwohner, Händler und Gastronomen an der Kastanienallee in Prenzlauer Berg richtet sich zwar gegen den gerade begonnenen Umbau ihrer Straße nach den Vorstellungen des grünen Bezirksstadtrates Jens-Holger Kirchner. Doch Love-Parade-Begründer Dr. Motte, der selbst in der Allee wohnt, wollte das Lied als ironische Spitze „im Kampf gegen ein rückschrittliches Projekt“ verstanden wissen. „Hier handelt der Bezirk gegen die Interessen der Menschen“, wetterte er. Dann machte Dr. Motte am Samstag bei der Protestveranstaltung der Bürgerinitiative Kastanienallee zwei Stunden den DJ, von aufgebrachten Bürgern umringt.

Der Ärger der Anwohner scheint so heftig zu sein, dass sie sich große Vorbilder nehmen. „Stoppt K21“ stand auf Plakaten. Zur Not werde man regelmäßige Aufzüge wie bei den Protesten gegen das Stuttgarter Bahnprojekt organisieren, drohten die Schilderträger. Ältere BI-Aktive rieben sich neben der Gulaschkanone die kalten Hände, Mütter schoben ihre Kinderwagen durch knöcheltiefen Schnee zum Infostand. „Unsere Allee darf keine Rennbahn werden“, sagt Jeannette Steuer. Schon jetzt müsse man auf Kinder scharf Acht geben.

Was hat der Bezirk vor? Für rund 1,5 Millionen Euro soll die Straße bis 2013 nach den Grundsätzen grüner Verkehrspolitik umgebaut werden. Der zuständige Stadtrat Jens-Holger Kirchner will den Nahverkehr stärken, mehr Radwege schaffen und die Autos zurückdrängen. Zurzeit teilen sich Tram, Radler und Autos noch eine Spur pro Richtung. Dort, wo heute am Straßenrand geparkt wird, ist eine Radspur geplant. Das soll Radeln sicherer machen und die Tram beschleunigen. Zugleich will Kirchner die Zahl der Parkplätze nahezu halbieren. Die verbleibenden Abstellflächen sollen dann allerdings auf Kosten der zurzeit noch ungewöhnlich breiten Bürgersteige entstehen – und zwar in abschnittsweise neu angelegten Parkbuchten. Zwischen den Buchten würden die Bürgersteige aber ihre jetzige Breite behalten oder sogar noch etwas hinzugewinnen, betont der Stadtrat. Es bleibe also genügend Platz für Cafétische und den Draußenverkauf.

Dennoch prallen an der Kastanienallee zwei grüne Visionen einer idealen Stadtstraße aufeinander. Kiezkultur gegen beschleunigte Tram. Der verkehrspolitische Anspruch lässt sich offenbar mit dem Wunsch nach einer Kiez- und Flaniermeile schwer übereinbringen. Vor allem die teils verkleinerten Bürgersteige wollen die Gegner nicht hinnehmen. „Die großzügigen Flächen sind doch das Kapital unserer Allee“, sagt Sebastian Mücke. „Sie bieten Raum zum Bummeln und Zusammensitzen.“ Das mache nun mal den einzigartigen Charme der Straße aus.

Mücke will mit seinen Mitstreitern nun ein Bürgerbegehren im Bezirk Pankow durchsetzen. 8373 Unterzeichner müssen zusammenkommen, damit im Rahmen eines anschließenden Bürgerentscheids über das umstrittene Vorhaben abgestimmt werden kann. Die Initiative will auch einen eigenen Alternativentwurf zur Wahl stellen. Weniger Parkplätze fordert auch sie, aber Autos und Tram dürften keine Rennbahn erhalten, indem man die Radler zur Seite schiebe.

Gewinnen die Gegner, hätte der Entscheid das Gewicht eines Beschlusses der Bezirksverordnetenversammlung. Der Bezirk müsste prüfen, ob man das im November gestartete Bauprojekt ohne allzu gravierende finanzielle und rechtliche Folgen noch stoppen und verändcrn kann.

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