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Stress unter Rappern. Fler (l.) soll sich vor Gericht verantworten, Bushido fühlt sich von ihm beleidigt.
© pa/dpa/Universal Music, imago/Eibner

Rapper-Fehde in Berlin: Fler angeklagt – Bushido und Arafat Abou-Chaker sollen aussagen

Die Staatsanwaltschaft will Fler vor Gericht stellen. Er soll seinen Rivalen Bushido und dessen Frau beleidigt haben. Auch ein Clan-Chef spielt eine Rolle.

Ein Clan-Chef, zwei prominente Rapper – und Penisbilder bei Instagram. Damit dürfte es einer der kuriosesten Prozesse in Berlin werden. Wenn das Amtsgericht Tiergarten die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen den Rapper Fler zulässt.

Dem 37-Jährigen, der bürgerlich Patrick Losensky heißt, werden Beleidigung, Verletzung der „Vertraulichkeit des Wortes“ und verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen vorgeworfen.

Das Publikumsinteresse dürfte groß sein, ebenso die Sicherheitsvorkehrungen. Die Staatsanwaltschaft will in öffentlicher Verhandlung nur wenige Zeugen hören: Rapper und Fler-Rivale Bushido, dessen Frau Anna-Maria Ferchichi, obendrein Clan-Chef Arafat Abou-Chaker, Bushidos einstigen Geschäftspartner, und einen Ermittler des Landeskriminalamtes für organisierte Kriminalität.

Gegen Abou-Chaker und einige seiner Brüder läuft parallel ein Verfahren, weil sie Bushido der Freiheit beraubt und ihn erpresst haben sollen. Bushido steht deshalb unter Polizeischutz.

Clan-Chef Arafat Abou-Chaker.
Clan-Chef Arafat Abou-Chaker.
© imago images/Olaf Wagner

Worum es in Flers Anklage geht, könnte fast lächerlich erscheinen. Es sind keine schweren Delikte. Aber es wird doch Grundsätzliches verhandelt zwischen zwei bekannten Rappern, die gemeinsam als Musiker groß geworden sind, sich zerstritten haben – und älter geworden sind. Aber nicht unbedingt erwachsener.

Bushido, 41 Jahre alt, mehrere Kinder und eine starke Frau an seiner Seite, die ihm aus der Geschäftsbeziehung mit Clan-Boss Abou-Chaker herausgeholfen hat.

Und Fler, 37, gewissermaßen der Rüpel-Rapper Berlins, der in Steglitz-Zehlendorf wohnt, Journalisten bedroht, sich bei Polizeikontrollen mit Beamten anlegt.

Und alles nur, weil er sich ungerecht behandelt fühlt, weil er nicht einsehen will, dass er ohne den entzogenen Führerschein nicht hinterm Steuer sitzen darf.

In ihren Songs dissen sich beide, immer wieder. Das Dissen, also das Beschimpfen, gegenseitig beleidigen, gehört mit dem Battle-Rap zur Hip-Hop-Kultur. Wer den anderen beschimpft, gilt in der Szene etwas. Der andere muss gegenhalten, sonst hat er verloren.

Für Fler ist das ein "reeller Krieg"

Bei prominenten Rap-Vorbildern in den USA endete derlei schon mal in Gewalt und tödlichen Schüssen. Bushido will es lieber vor Gericht gegen Fler austragen. Der sagte kürzlich der FAZ: „Für mich ist das ein reeller Krieg, kein Entertainment.“

In ihren Diss-Songs geht es zuweilen banal zu. Bei dem einen soll die Frau Herr im Haus sein, der andere soll eine Karotte im Rektum gehabt haben. Hin und her. Das ist Teil des Spiels. Selten ist es originell, meist unter der Gürtellinie und nebenbei Werbung für neue Alben und Songs. Auch das ist Kunstfreiheit.

Aber wie weit darf das gehen? Wie sensibel darf ein Rapper sein, wenn er sich auf dieses Spiel eingelassen hat, das zugleich Geschäft ist, bei dem Rapper sich immer häufiger unter den Schutz von Clans stellen? Wenn der Battle, der Kampf der Worte, fortgesetzt wird in den sozialen Medien, wenn dort private Angelegenheiten verbreitet werden. Fler hat 443 000 Fans bei Instagram, Bushido 1,6 Millionen.

Fler postete Bilder – es ging um Oralverkehr mit anderen Männer

Am 22. September soll Fler auf der Plattform ein Bild gepostet haben, auf dem eine Frau zu sehen war, die stark an Anna-Maria Ferchichi erinnert, dazu einen verpixelten Penis und zwei Sätze, in denen das Wort „Maul“ vorkommt. Und Anna-Maria Ferchichi wurde markiert.

Bushido und Fler – Rapper und die Clans

Zwei Tage später neue Posts, wieder soll es um männliche Geschlechtsteile, Oralverkehr, um Bushido und seine Frau gegangen sein. Fler beleidigte sie als Nutte und suggerierte, sie hätte Verkehr mit anderen Männern. Das wäre zwar allein ihre Sache. Aber für Fler war es ein ordentlicher Diss.

Die Staatsanwaltschaft wirft Fler vor, er habe Anna-Maria und Anis Ferchichi, also Bushido, in ihrer Ehre angreifen und verletzen wollen.

Noch keine Feinde: Fler und Buschido in einer Filmszene aus dem Kinofilm "Zeiten ändern sich" aus dem Jahr 2010.
Noch keine Feinde: Fler und Buschido in einer Filmszene aus dem Kinofilm "Zeiten ändern sich" aus dem Jahr 2010.
© dpa/Foto: Constantin Film

Wobei klar ist: Die Staatsanwaltschaft wird nicht tätig, wenn jemand beleidigt wird. Strafrechtlich ist eine Beleidigung ein Antragsdelikt. Wer sich beleidigt fühlt, hier das Ehepaar Ferchichi, muss neben einer Strafanzeige einen Strafantrag stellen. Und die Ermittler müssen ein öffentliches Interesse daran feststellen.

Auch der dritte Anklagepunkt ist ein Antragsdelikt. Arafat Abou-Chaker, Clan-Boss in einer kleineren, aber berüchtigten arabischstämmigen Großfamilie in Berlin, hat systematisch Gespräche mit seinem Handy aufgezeichnet. Ermittler des Landeskriminalamtes gelangten an die Daten, als sie 2018 sein Anwesen in Kleinmachnow durchsuchten.

Arafat Abou-Chaker zeichnete Gespräch mit Bushido auf

Unter den Aufzeichnungen soll auch ein Gespräch mit Bushido gewesen sein, aufgenommen im März 2018 in Kleinmachnow. Es war jene Zeit, als sich Bushido aus der Geschäftsbeziehung, aus der Umklammerung durch Abou-Chaker, der sich selbst ins Privatleben der Ferchichis eingemischt haben soll, löste.

Andere Zeiten. Lange waren Bushido (zweiter von links) und Arafat Abou-Chaker (rechts neben ihm) eng verbunden. Hier ein Foto von der Weltpremiere des Films "Zeiten ändern Dich" im Cinestar im Sony Center 2010.
Andere Zeiten. Lange waren Bushido (zweiter von links) und Arafat Abou-Chaker (rechts neben ihm) eng verbunden. Hier ein Foto von der Weltpremiere des Films "Zeiten ändern Dich" im Cinestar im Sony Center 2010.
© imago/Raimund Müller

In dem Gespräch sollen sich der Rapper und sein bisheriger Partner um Geld gestritten haben. Der Mitschnitt landete auf der Musikplattform Soundcloud. Und Fler soll am 19. September einen Link zu der Datei bei Instagram gepostet haben. Das Strafgesetzbuch sieht für diese „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor.

Flers Whatsapp-Chat mit dem Anwalt bei Instagram

Der vierte Anklagepunkt ist ein klassischer Fall von Unbedarftheit. Fler veröffentlicht einiges aus seinem Privatleben bei Instagram, auch amtliche Dokumente samt Privatanschrift. So soll es auch am 9. November gewesen sein, diesmal ein Anschreiben der Staatsanwaltschaft zu den Vorwürfen, die nun angeklagt sind.

Die Verbreitung solcher Schreiben, bevor die Anschuldigungen in einem Prozess erhoben werden, ist eine Straftat. Dafür droht bis zu ein Jahr Haft. Die Anklage ist Flers Anwalt am Montag zugestellt worden. Der Rapper postete prompt bei Instagram die Whatsapp-Kommunikation mit dem Verteidiger.

Wann das Gericht das Verfahren eröffnet, ist nicht klar. Der Anwalt will schriftlich Stellung nehmen. Die neue Anklage soll mit einer weiteren zusammengezogen werden, die schon einige Monate zurückliegt. Ein Prozesstermin im November war ausgefallen.

Nach Abou-Chaker kam der Remmo-Clan

Auch bei dieser Anklage wird Fler Beleidigung vorgeworfen, das Opfer: ein Fitness-Unternehmer, mit dem Fler einst näher zu tun hatte. Auch sie haben sich entzweit.

Aber Bushido, der Empfindsame? Der Rapper, der nach seinem Abschied von Arafat Abou-Chaker zwischenzeitlich mit dem Remmo-Clan angebandelt haben soll, teilt gern aus.

Im Oktober scheiterte er mit einer Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht. Sein Album „Sonny Black“ bleibt auf dem Index für kinder- und jugendgefährdende Schriften, weil darauf Gewalt und ein krimineller Lebensstil verherrlicht, Polizisten, Frauen und Homosexuelle verunglimpft werden.

Fler muss Textpassagen löschen

Auf der anderen Seite geht er gegen Fler vor. Erst im Dezember hatte Bushido vor Gericht Erfolg. Fler hatte einen Diss-Track veröffentlicht, der Titel „Noname“. Ein solcher sei Bushido nämlich.

Den Song musste Fler löschen, eine neue Version hochladen und Teile des Textes entfernen. Das Landgericht München-I untersagte ihm die Behauptung, Bushido sei nicht der Vater der vier Kinder mit Anna-Maria Ferchichi.

Auch dass die gesamte Mannschaft des Fußballklubs SV Werder Bremen Vater sein könnte, darf er nicht behaupten.

Tatsächlich ist laut Bushido nur eines der fünf Kinder seiner Frau nicht von ihm. Das Gericht entschied zum Schutz der Kinder. In einem anderen Punkt folgte das Gericht aber nicht der Klage. Anna-Maria Ferchichi müsse beleidigende und unwahre Zeilen ertragen, auch weil sie selbst Fler bei Instagram beleidigt hat. Fortsetzung folgt.

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