Korruptionsaffäre um Flughafen BER: Ex-Technikchef Amann belastet Mehdorn
Ex-Technikchef Horst Amann weist alle Korruptionsvorwürfe zurück. Die Zahlung von rund 74 Millionen Euro habe kein Risiko für den Flughafen BER bedeutet. Hartmut Mehdorn habe aber schon früh davon gewusst.
Die Korruptionsvorwürfe gegen den Ex-Flughafenmanager Francis G. waren dem Geschäftsführer Hartmut Mehdorn schon im Juni 2013 bekannt geworden. Das erklärte der damalige Technikchef Horst Amann vor dem BER-Untersuchungsausschuss. Ein anonymes Schreiben sei an die Finanzchefin der Flughafengesellschaft gegangen und in Kopie auch an ihn, Amann.
Er habe sich aber nicht weiter darum gekümmert. „Das war ein Fall für die Revision. Das lag im Geschäftsbereich von Herrn Mehdorn.“ Die Grünen wollen jetzt erneut Hartmut Mehdorn als Zeugen laden, um zu erfahren, warum nicht sofort die Staatsanwaltschaft informiert wurde. Im Juni 2013 habe Mehdorn begonnen, ihn kaltzustellen, erklärte Amann. Bis Oktober habe er noch als Technikchef gearbeitet, anschließend wurde er Chef einer Tochtergesellschaft für Energie und Wasser. Im Mai 2014 habe er diesen Posten „auf Druck von Mehdorn“ auch abgegeben. Dennoch erhält er seine Bezüge von 300.000 Euro im Jahr nach Tagesspiegel-Informationen bis 2017 weiter.
Amanns BER-Strategie: Begehungen und "tatsächliches Erfassen mit den Augen"
Dass sich in seiner Amtszeit wenig bis gar nichts auf der Baustelle getan hat, bestätigte Amann nur indirekt. Er habe in den ersten Monaten am BER feststellen müssen, dass die Planungsunterlagen nicht mit der gebauten Wirklichkeit übereinstimmten. Deshalb habe er eine umfassende Bestandaufnahme am BER angeregt, „durch Begehungen der Baustelle, tatsächliches Erfassen mit den Augen“. Dazu habe er eine externe Firma beauftragt. Anschließend sollten auf Basis dieser Analyse neue Planungsunterlagen angefertigt werden.
Diese Strategie habe viel Zeit gekostet und nicht die volle Unterstützung des Aufsichtsrates erfahren. Schon gar nicht von Mehdorn, der im März 2013 die Geschäftsführung übernahm. Mehdorns „Sprint“-Programm habe sich mit der Bestandsanalyse kaum auseinandergesetzt. „Es sollte ja schnell gehen.“ Die Logik von Sprint habe er bis heute nicht verstanden, sagte Amann.
Eröffnungstermin 2013 schon 2012 nicht haltbar
Als er anfing, im August 2012, habe es bereits den neuen Eröffnungstermin Frühjahr 2013 gegeben, der sei aber „rein arithmetisch“ nicht haltbar gewesen. „Politischer Wunsch“ sei der Grund dafür gewesen, bei der Absage eines Termins gleich einen neuen zu nennen: Oktober 2013. Gegen Ende des Jahres habe sich abgezeichnet, dass auch dieser Termin hinfällig war.
Nach Amanns Aussagen sei im Herbst 2012 noch gar nicht klar gewesen, dass die Steuerung der Entrauchungsanlage nicht funktioniere. Auch vom Computernetz des Flughafens „glaubte jeder, dass es zu 100 Prozent fertig ist“. Zur Ursache des BER-Desasters erklärte er, die Flughafengesellschaft habe das Projekt nicht mehr im Griff gehabt. Je näher der Eröffnungstermin Juni 2012 rückte, desto planloser sei es zugegangen.
Amman bestätigt Bericht des Tagesspiegels im Untersuchungsausschuss
Bei seiner Anhörung begann Amann nervös, ließ sich aber von den Fragen der Abgeordneten nicht provozieren. Obwohl er mit seinen Aussagen Hartmut Mehdorn belastete, ließ er sich keine direkten Anfeindungen gegen seinen einstigen Chef entlocken. Auch in Sachen Korruptionsskandal blieb er zurückhaltend und tauschte sich mehrfach mit seinem Anwalt aus, was er sagen darf und was nicht.
Die Abgeordneten zitierten mehrfach den Tagesspiegel-Bericht „Die Akte Imtech“ vom Freitag, und Amann bestätigte die Schilderungen weitgehend. Imtech habe sich in einer finanziellen „Schieflage“ befunden, und es habe die Gefahr bestanden, das die Firma ohne Zahlungen vom BER die Arbeit auf der Baustelle sofort einstellen würde.
74 Millionen Euro waren Nachtrag "für schon erbrachte Leistungen"
Zahlungen in zweistelliger Millionenhöhe, wie im Fall Imtech, hätten aber zwingend die Unterschriften beider Geschäftsführer und die Zustimmung des Aufsichtsrats vorausgesetzt. Er habe das Gremium nicht unter Druck gesetzt, das Geld freizugeben, sondern nur die „Konsequenzen“ formuliert. „Alle glaubten damals, die Anwesenheit von Bauarbeitern wäre das allein Seligmachende.“ Er selbst sei in dieser Sache eher leidenschaftslos gewesen und habe beide Varianten nur zur Diskussion gestellt. Von „Erpressung“ könne also keine Rede sein.
Letztlich sei der Betrag – rund 74 Millionen Euro - keine Vorauszahlung gewesen, sondern ein Nachtrag „für schon erbrachte Leistungen.“ Für diese Forderungen seien aber keine Belege vorgelegt worden, eine Prüfung hätte zu viel Zeit gekostet. Deshalb habe er die Vorlage einer Bankbürgschaft von Imtech verlangt, damit Gelder notfalls zurückfließen. „Das war ohne jedes Risiko für den Flughafen.“
Als er am Flughafen anfing, habe schon ein „Berg von Nachtragsforderungen“ auf dem Tisch gelegen, erklärte Amann. Rund 3.000 bis 4.000 Nachträge, teilweise ohne Belege. Dieser Berg sei bis heute nicht vollständig abgearbeitet. „Imtech hatte eine Schlüsselfunktion, um den Eröffnungstermin halten zu können." Zumindest habe es aus damaliger Perspektive so ausgesehen.
Francis G. habe er vor der Beschäftigung am Flughafen nicht gekannt, sagte Amann. Er habe zum Team einer Beratungsfirma gehört, die er mit der fachlichen Unterstützung der Projektsteuerung am BER beauftragt hatte. G. sei als freier Mitarbeiter auf Honorarbasis beschäftigt worden.
Tätigkeitsbereiche auf BER-Baustelle unklar
Der Obmann der CDU im Untersuchungsausschuss, Stefan Evers, bewertet Amanns Rolle am BER negativer als die von Mehdorn. „Amann hat wenig Verständnis für die Führung eines Unternehmens.“ Es habe sich in seiner Amtszeit fast nichts auf der Baustelle bewegt. Mehdorn habe dagegen versucht, die Komplexität der Probleme am BER zu reduzieren, um effektiver voranzukommen.
„In der Befragung wurde deutlich, dass die vormaligen Geschäftsführer Rainer Schwarz und Manfred Körten den BER in eine katastrophale Lage gebracht hatten“, erklärte dagegen der Ausschussvorsitzende Martin Delius (Piraten). Letztlich sei auf der Baustelle gar nicht klar gewesen, was überhaupt noch zu tun war.
Thomas Loy