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Eine Polizeikontrolle im Görlitzer Park in Kreuzberg. (Archivbild)
© Paul Zinken/dpa

Wutbrief eines Ex-Polizisten: „Es gibt keinen strukturellen Rassismus bei der Berliner Polizei“

Gewalt und Diskriminierung? Das sind Ausnahmen, schreibt unser Gastautor. Er verteidigt seine Kollegen - und erzählt, was sie oft in Einsätzen erleben.

Er war 44 Jahre bei der Polizei Berlin, als Bereitschaftspolizist, Zivilfahnder, Leiter von Zivileinheiten zur Bekämpfung der Straßenkriminalität, Dienstgruppenleiter auf den Schwerpunktabschnitten in Nord-Neukölln, ist heute Pensionär und Buchautor. Jetzt meldet sich Karlheinz Gaertner in der Rassismusdebatte zu Wort.

Es waren rassistische und menschenverachtende Vorfälle durch Polizeibeamte in den USA, die Videos haben sich eingebrannt. Wie es aber dazu kommt, diese nicht entschuldbaren Entgleisungen US-amerikanischer Polizisten auf Deutschland und auf Berlin zu übertragen, ist mir unbegreiflich.

Zum Beispiel der Schusswaffengebrauch: Ich war bei Tausenden Festnahmen dabei - Mörder, Räuber, Gewalttäter, Diebe, Betrüger. Nur zwei Mal haben Kollegen von der Schusswaffe Gebrauch gemacht. Einmal war es ein Warnschuss in die Luft, um brutale Täter zu stellen, die Kneipen überfallen und Gäste und Angestellte mit Messern und Schlagstöcken misshandelt hatten. 

Der zweite Schuss erfolgte bei der versuchten Festnahme eines bewaffneten, mit Haftbefehl gesuchten Rauschgifthändlers, der mit einem Auto auf einen Kollegen zufuhr. Der Schuss durchschlug die Felge dieses Fahrzeuges.

Ich musste auch miterleben, dass zwei Kollegen erschossen und ein Kollege angeschossen wurde. Roland Krüger wurde bei einem SEK-Einsatz von einem libanesisch-stämmigen Mann erschossen, Uwe Lieschied von einem türkisch-stämmigen Räuber bei einer Überprüfung. 

Und bei der Festnahme eines türkischen Großdealers, der sich „Imperator“ nannte, wurde ein enger Mitarbeiter mit einer verdeckt gehaltenen Pistole angeschossen. Er erlitt einen Lungendurchschuss und konnte nur knapp gerettet werden. Meine Erfahrung bildet nicht alle Einsätze mit Schusswaffengebrauch ab, sie ist aber mein Gradmesser für das Verhalten meiner Kolleginnen und Kollegen.

Auch die Rassismus-Vorwürfe kann ich nicht im Ansatz nachvollziehen, sie sind falsch. Selbstverständlich, da bin ich nicht blauäugig, gibt es bei der Berliner Polizei vereinzelt Rassisten. Aber Kolleginnen und Kollegen, die in Neukölln und Kreuzberg arbeiten und rassistisch sind, könnten dort nur einige Tage aushalten, bevor sie von den Vorgesetzten abgelöst werden würden.

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Die Polizei ist seit etlichen Jahren selbst multikulturell aufgestellt. In meinen Einheiten waren türkische, arabische, polnische und niederländische Kollegen, ihre Herkunft spielte nie eine Rolle.

Latenter Rassismus? Das ist aus der Luft gegriffen

Im Gegensatz zu den vielen Kritikern in Politik und Medien, die jetzt die Polizistinnen und Polizisten als rassistisch diffamieren, über einen „latenten Rassismus“ bei der Polizei lamentieren, erleben meine Kolleginnen und Kollegen, was sich im täglichen Dienst auf der Straße abspielt. Sie müssen sich Beschuldigungen anhören: „Ich werde nur angehalten, kontrolliert, festgenommen, weil ich schwarze Haare habe, ein Ausländer, andersfarbig bin“ und so weiter.

Die Vorwürfe sind aus der Luft gegriffen. In der Regel sind es die Betroffenen selbst, die für polizeiliche Maßnahmen den Anlass liefern. Polizisten haben den gesetzlichen Auftrag, Straftaten zu erforschen und zu verhindern, Gefahrenlagen rechtzeitig zu erkennen und Ordnungswidrigkeiten zu ahnden.

Regelmäßig als „Nazi“ oder „Ausländerfeind“ beschimpft

Es wird völlig außer Acht gelassen, dass sie dabei auch auf ihre Lebens- und Berufserfahrung zurückgreifen müssen. Auch bei verdachtsunabhängigen Kontrollen geht es nicht um das Aussehen oder die Herkunft eines Menschen. Der Verdacht begründet sich im Verhalten kurz vor der Kontrolle oder im Zusammenhang von Ort und Zeit, wann und wo sie sich aufhalten.

Karlheinz Gaertner, Neuköllner Ex-Polizist - einer aus Berufung, wie er sagt.
Karlheinz Gaertner, Neuköllner Ex-Polizist - einer aus Berufung, wie er sagt.
© Mike Wolff

Bei jedem zweiten, dritten Einsatz wurde ich als „Nazi“, „Deutscher Hund“, „Faschist“, „Rassist“, „Ausländerfeind“ beschimpft. Im Gegensatz zum Rassismus-Vorwurf findet diese Aggressivität gegen Ordnungs- und Rettungskräfte leider deutlich sicht- und merkbar statt. 

Oder wenn versucht wird, Beamte zu einer unbedachten körperlichen Reaktion zu verleiten, indem sie angeschrien und beleidigt werden - und alles mit einem Handy gefilmt wird und das Video im Internet landet.

Linke Extremisten terrorisieren, Clans machen, was sie wollen

Dass es nun zusätzlich ein „Antidiskriminierungsgesetz“ und einen „Unabhängigen Polizeibeauftragten“ in Berlin geben soll, passt in diese Stadt, in der linke Extremisten die Stadt und Polizisten seit Jahren terrorisieren, in der gewalttätige Demonstrationen kleingeredet werden, in der kriminelle Clans aus Rücksicht auf angebliche Fremdenfeindlichkeit Jahrzehnte machen konnten, was sie wollten.

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Bisher war es gängige Praxis, dass Polizeibeamte bei einer Anzeige oder eine Beschwerde fast immer ihre Dienststelle wechseln mussten, ein Disziplinarverfahren bekamen und Beförderungen auf Eis gelegt wurden. Wurden die Ermittlungen wegen falscher Anschuldigungen eingestellt oder es erfolgte ein Freispruch, wurden die Maßnahmen - Wechsel der Dienststelle, Beförderung und vieles mehr - in der Regel nicht zurückgenommen.

Da dies offenbar noch nicht ausreicht, wurde nun im Rahmen des „Antidiskriminierungsgesetzes“ die sogenannte „Beweislastumkehr“ eingeführt. Die Polizisten müssen beweisen, dass sie Bürger nicht rassistisch behandelt haben.

Das Land Berlin soll für den Schadensersatz aufkommen. Wenn nur ein Zehntel dieser Menschen, die mich im Einsatz als Rassist bezeichneten, solch eine Anzeige gemacht hätten, dann wäre ich aus dem Schreiben und Begründen nicht mehr herausgekommen. Die Polizei wird unter Generalverdacht gestellt.

„All cops are berufsunfähig“: Was wäre los, wenn Polizisten so redeten?

Da passt es in die politische Landschaft, dass in der „taz“ unter dem Titel „All cops are berufsunfähig“ das Resümee gezogen wird, dass Polizeibeamte am besten auf der Mülldeponie aufgehoben seien: "auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten". Die Erregung über diesen nachträglich als Satire gekennzeichneten Artikel hielt sich bei den Regierungsparteien in Berlin und in den Medien in Grenzen.

Interessant wäre es zu wissen, was passiert, wenn ein Polizeibeamter nur ansatzweise diese Wortwahl in Bezug auf Menschen benutzen würde. Ich bin mir sicher, dass es in dieser Polizeibehörde keinen gibt, der die innere Einstellung hegt, Menschen auf den Müll zu werfen.

Ich habe meinen Beruf nicht als Job, sondern als Berufung gesehen und muss leider das Fazit ziehen, dass ich den Beruf des Polizeibeamten heute nicht mehr ergreifen würde.

Karlheinz Gaertner

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