Anwesenheit, Masken, Abi-Sonderregel: Das sind die Pläne fürs neue Schuljahr in Berlin
Die Coronakrise könnte Berlin noch das ganze kommende Schuljahr beschäftigen, sagt Bildungssenatorin Scheeres. Neue Regeln sollen Schulschließungen vermeiden.
Trotz der zunehmenden Sorge um eine zweite Corona-Welle in Deutschland hält der Berliner Senat an seinem Konzept zum Start in das neue Schuljahr fest.
Wenn am Montag die rund 350.000 Schüler zurück in die Schulen kommen, solle es wie angekündigt in vollem Umfang Präsenzunterricht geben, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung der Leitlinien für den Schulalltag unter Pandemiebedingungen.
Der Regelbetrieb umfasst neben dem regulären Unterricht, auch Förder- und Teilungsunterricht sowie weitere verbindliche schulische Angebote und Veranstaltungen. Auch Ganztagsangebote und Hort werden wieder stattfinden – ebenso wie das Schulmittagessen.
„Grundsätzlich gilt die Schulpflicht, sofern es kein ärztliches Attest gibt“, sagte sie. In dem Fall müsse das Kind zu Hause unterrichtet werden. Das sei aber nur im Fall von Vorerkrankungen möglich.
Die Senatorin bekräftigte, dass die Pflicht, einen Mund-Nase- Schutz zu tragen, nur in den Begegnungszonen gelte, nicht aber in den Klassenräumen und auf den Schulhöfen. Nordrhein-Westfalen hatte erst am Montag strengere Maßnahmen beschlossen.
Für den Fall, dass Schüler in Berlin ihre Maske vergessen, sollen die Schulen „in den Sekretariaten“ einen Vorrat bereithalten. Falls sich Schüler aber weigerten, den Mund-Nase- Schutz zu tragen, sei das nicht hinnehmbar, sondern müsse geahndet werden.
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Scheeres appellierte an die Schülervertreter, entsprechend auf die Mitschüler einzuwirken.
Ehemaliger Landesschülersprecher fordert mehr Aufklärung
Berlins ehemaliger Landesschülersprecher Miguel Góngora kritisierte, statt auf Bußgelder für Schüler und Schülerinnen zu setzen, solle sie lieber dazu beitragen, dass die Schüler aufgeklärt und sensibilisierst würden: "Eine Pflicht ist nicht schlecht, aber sie benötigt nun mal entsprechende Aufklärungsmaßnahmen, denn nur gemeinsam überstehen wir diese Krise", sagte Góngora, der in die Landespolitik strebt.
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Die Schulbehörde stellte zudem in Aussicht, dass sich das gesamte Schulpersonal auch ohne Symptome kostenlos testen lassen könne. Im Lehrerzimmer muss der Abstand von 1,50 Metern beibehalten werden.
Die Bildungssenatorin sagte auch, dass die Pandemie nicht vorbei sei und Berlin womöglich das gesamte Schuljahr 2020/2021 beschäftigen würden.
Eine Maskenpflicht auch im Unterricht ist nicht ausgeschlossen
Scheeres schließt darum auch nicht aus, dass die Regeln an Schulen verschärft werden könnten, wenn die Infektionszahlen steigen – und etwa eine Maskenpflicht auch im Unterreicht kommt.
„Im Moment ist das nicht vorstellbar, weil ich das aus einer pädagogischen Sicht für sehr schwierig finde“, sagte sie. Die Mimik der Schülerinnen und Schüler nicht sehen zu können, sei gerade in den Grundschulen ein Problem.
„Wenn sich die Infektionszahlen verschlechtern werden, dann muss man darüber reden, welche nächsten Schritte geht man.“
Keine konkreten Regeln wird es im Musterhygieneplan (hier geht's zum PDF) zum Lüften geben, ab Empfehlungen wie das regelmäßige kräftige Lüften nach 45 Minuten kräftig: „Es muss einen Durchzug geben“, betonte Scheeres. „Wenn sich Fenster nicht öffnen lassen, weil es defekt ist, muss sich der Pädagoge darum kümmern“.
Damit wegen Corona-Infektionen keine kompletten Schulen geschlossen werden müssen, sollen die Lerngruppen möglichst wenig Kontakt untereinander haben. Es müssen dann nur die betreffenden Lerngruppen in Quarantäne kommen.
Maskenpflicht auf dem Schulhof - in Biesdorf etwa
Die Schulen haben die Möglichkeit, über die Vorschriften des Senats hinauszugehen. So hat das Otto-Nagel-Gymnasium (ONG) in Biesdorf weitere Schritte beschlossen: Über Flure und Treppenhäuser, Aula und Cafeteria hinaus gilt auch auf dem Schulhof eine Maskenpflicht - und für den Unterricht eine Maskenempfehlung. Das sagte die stellvertretende Schulleiterin Dana Wolfram am Dienstag dem Tagesspiegel.
Insbesondere die Pausen bezeichnete sie als "Herausforderung". Zwar werde man alle Schülerinnen und Schüler dazu anhalten, in ihren Lerngruppen zu bleiben und Abstand zu wahren. In der Praxis sei das jedoch kaum durchsetzbar. Daher hat sich das ONG jetzt für die sichere Variante entschieden.
Der großzügigen Regelung des Landes folgt das ONG auch in einem anderen Punkt nicht. Obwohl Schulfahrten wieder erlaubt sind, wird es sie am Biesdorfer Gymnasium vorerst nicht geben. "Es ist uns jetzt noch zu heikel", sagte Wolfram. Eine weitere Herausforderung sieht sie in der Essensausgabe: Die sei schon immer "zeitlich eng getaktet", was unter Corona-Bedingungen noch einmal schwieriger zu organisieren sei.
Eine Woche vor Schulbeginn ist Wolfram außerdem noch gespannt darauf, ob das Reinigungspersonal die detaillierten Putz- und Desinfektionsvorschriften des Hygieneplans vollständig umsetzen kann - oder am Ende die Lehrkräfte die Last tragen und zum Beispiel Tische reinigen müssen.
Lieber keine Klassenfahrten, heißt es an einem Gymnasium
.Klassenfahrten sind derzeit auch am Wilhelm-von-Siemens-Gymnasium in Marzahn kein Thema. "Wir sollten so etwas klein halten", sagte Schulleiter Andreas Schulz. "Wir haben genug Stoff nachzuholen." Dem Schulstart am Montag sieht er allerdings gelassen entgegen. "Nichts Besonderes" erwarte er von der Rückkehr zum Vollbetrieb. Wieder nach der vertrauten Stundentafel unterrichten zu können, sieht er vielmehr als Entlastung an.
Eine Maskenpflicht auf den Fluren und im Treppenhaus hatte das Siemens-Gymnasium wegen seines engen Gebäudes schon im vergangenen Schuljahr eingeführt - und damit gute Erfahrungen gemacht. "Die meisten Schüler haben's eingehalten." Vor den Ferien galt allerdings auch eine Maskenpflicht auf dem Pausenhof - die nun entfällt, weil die Senatsverwaltung sie nicht vorschreibt.
Für die Abiprüfungen 2021 soll es spezielle Regeln geben
Bei den Abiturprüfungen 2021 sollen die Einschränkungen durch die Corona-Krise berücksichtigt werden, kündigte Scheeres an. „Unseren Abiturienten fehlt einfach definitiv Unterricht“, sagte sie. Zwar sollen allen Prüfungen die Abschlussstandards der gymnasialen Oberstufe zugrunde liegen. Allerdings gebe es für das Abitur 2021 einmalig zusätzliche Festlegungen.
So soll es in allen zentral geprüften Fächern für die Grund- und Leistungskurse mindestens eine Aufgabe mit Bezug auf das erste Kurshalbjahr geben, in dem die Schülerinnen und Schüler noch ohne coronabedingte Einschränkungen unterrichtet wurden. Außerdem sollen die Berliner Schulen nach den Plänen der Bildungsverwaltung zusätzliche Aufgaben zur Verfügung gestellt bekommen.
Die Lehrerinnen und Lehrer sollen auch die Möglichkeit haben, am jeweiligen Prüfungstag Aufgaben auszuschließen. Auf diese Weise hätten die Schülerinnen und Schüler eine Auswahl von Aufgaben, die dem Umstand gerecht werde, dass der Unterricht nicht im vollen Umfang erteilt worden sei, hieß es.
Gewerkschaft berichtet von „riesigen Unsicherheiten“
Die Berliner Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) berichtete, dass an den Schulen „riesige Unsicherheit“ herrsche, wie der Schulalltag mit den „mitunter widersprüchlichen Hygiene- und Schutzmaßnahmen und vor dem Hintergrund Tausender fehlender Lehrkräfte aussehen soll“.
Nach bisherigen Schätzungen der Bildungsverwaltung werden mehr als 2000 Lehrer wegen Vorerkrankungen nicht im Unterricht einsetzbar sein. Das entspreche rund sieben Prozent des Personals, sagte Scheeres. Die GEW geht von einer doppelt so hohen Rate aus.