zum Hauptinhalt
Bildungssenatorin Scheeres präsentierte am Dienstag die Eckdaten zum neuen Schuljahr.
© Wolfgang Kumm/dpa

Lehrermangel in Berlin: Mehr als 2000 Pädagogen könnten wegen Vorerkrankungen fehlen

Bildungssenatorin Scheeres präsentiert Eckzahlen zum neuen Schuljahr: „größter Einstellungsbedarf seit dem Mauerfall“. 400 Lehrer haben gekündigt.

Corona-bedingt verschärft sich Berlins Lehrermangel erheblich. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) rechnet damit, dass drei Prozent der Lehrer wegen Vorerkrankungen ein Attest beantragen werden. Damit würden rund 2000 Pädagogen im Unterricht fehlen, könnten allerdings anderweitig eingesetzt werden, betonte Scheeres. Darüber hinaus seien von den über 2.500 Stellen, die zum neuen Schuljahr besetzt werden sollten, noch mindestens 300 offen, wovon aber 200 „im Einstellungsprozess“ seien.

Um den Schulen dabei zu helfen, die Lücken zumindest ansatzweise zu füllen, die durch die Lehrer mit Vorerkrankungen entstehen, verhandelt Scheeres nach eigenen Angaben mit dem Finanzsenator über einen „Pool“ von 100 Lehrkräften. Darüber hinaus habe jede Schule wie immer die Möglichkeit, ihr Vertretungsbudget zu nutzen.

Dieses sogenannte Personalkostenbudget (PKB) wird allerdings sowieso – unabhängig von Corona – benötigt, um Erkrankte oder Schwangere zu vertreten und reicht nur für drei Prozent des Personals. „Ich sage ja, dass das Schuljahr nicht einfach wird“, kommentierte Scheeres die Diskrepanz.

Die Quote der Quer- und Seiteneinsteiger bei den Neueinstellungen ist dieses Jahr schwer festzustellen: Anders als in den Vorjahren tauchen die meisten Seiteneinsteiger unter den gelieferten Einstellungszahlen nicht auf. „Um sich an der Statistik der Kultusministerkonferenz zu orientieren, wurden befristet beschäftigte sonstige Lehrkräfte nicht mehr eigens statistisch ausgewiesen“, begründet die Bildungsverwaltung diese Änderung, die die Einstellungszahlen besser aussehen lässt als im Vorjahr.

Eine seriöse Bewertung der Einstellungszahlen sei nicht möglich, wenn die Behörde die Berechnungsgrundlage, Bezeichnungen und Statistiken „jährlich ändert“, sagte Dieter Haase vom Gesamtpersonalrat. Zudem hängt der prozentuale Anteil der gelernten und ungelernten Lehrer auch davon ab, wie hoch jeweils die Teilzeitquote ist. Somit steht nur fest, dass die Zahl der ausgebildeten Lehrer bei 1600 liegt und damit um 100 höher sei als 2019, betonte Scheeres.

Zwei von drei neuen Grundschullehrern ohne Lehrerausbildung

Besonders brisant ist die Lage abermals bei den Grundschulen: Hier sind etwa zwei Drittel der Neueingestellten Quer- oder Seiteneinsteiger. Zur Erinnerung: Die Seiteneinsteiger hießen bis 2018 noch „Lehrer ohne volle Lehrbefähigung“ und wurden in den Statistiken als solche vollständig ausgewiesen.

[Und was ist jetzt los in Ihrem Kiez? Hier gibt es die Tagesspiegel-Newsletter für die 12 Berliner Bezirke. In voller Länge und kostenlos hier: leute.tagesspiegel.de]

Damals war es noch ein großes Thema für Scheeres, dass nicht einmal mehr die Quereinsteiger die Lücken füllen konnten: Es gebe da einen „gap“, alarmierte die Senatorin zum Schulbeginn vor zwei Jahren die Öffentlichkeit.

Mehr Deutschunterricht für Dritt- und Viertklässler

Inzwischen ist der „gap“ zu Berliner Verwaltungsroutine geworden. Scheeres verwies angesichts des knappen Personals darauf, dass es sich um den „größten Einstellungsbedarf seit dem Mauerfall“ handele. Dieser Bedarf resultiert nicht nur aus den hohen Schülerzahlen, sondern auch daraus, dass die Dritt- und Viertklässler mehr Deutschunterricht bekommen. Zudem haben über 400 Lehrer gekündigt, wie Scheeres auf Nachfrage mitteilte. Wie berichtet, verlassen Lehrer Berlin unter anderem deshalb, weil sie hier nicht verbeamtet werden.

Mehr Rücksicht auf bei Prüfungen

Scheeres äußerte sich auch zu den Prioritäten im neuen Schuljahr. Dazu gehöre, dass bei den Abiturprüfungen die Einschränkungen durch die Coronakrise „berücksichtigt werden“. Zwar sollen allen Prüfungen die Abschlussstandards zugrunde liegen. Es gebe für das Abitur 2021 aber einmalig zusätzliche Festlegungen.

[Mehr aus der Hauptstadt. Mehr aus der Region. Mehr zu Politik und Gesellschaft. Und mehr Nützliches für Sie. Das gibt's nun mit Tagesspiegel Plus: Jetzt 30 Tage kostenlos testen.]

So solle es in allen zentral geprüften Fächern für die Grund- und Leistungskurse mindestens eine Aufgabe zum Stoff des ersten Kurshalbjahres geben, in dem der Unterricht noch voll stattgefunden hatte. Die Lehrkräfte sollen auch die Möglichkeit haben, am jeweiligen Prüfungstag Aufgaben auszuschließen. Beim Mittleren Schulabschluss werden die Schüler bei den Aufgaben mehr Wahlmöglichkeiten haben. So soll vermieden werden, dass Lernstoff geprüft wird, der verpasst wurde.

Grundsätzlich gilt im neuen Schuljahr trotz Corona die Schulpflicht für alle. Schüler, die wegen einer Grunderkrankung zur Risikogruppe gehören, müssen dies durch Vorlage eines Attestes glaubhaft machen. Sie werden dann für das Lernen zu Hause angeleitet – so wie während der Schulschließungen. Das gelte auch, wenn eine andere im Haushalt lebende Person zur Risikogruppe gehöre. Alle Eckdaten und Neuerungen zum Schuljahr 2020/21 HIER zum Herunterladen.

Zur Startseite