Kommt die Maskenpflicht?: Der Schulanfang wird zum Corona-Experiment
In zwölf Tagen sind die Sommerferien vorbei. Wie geht es weiter unter Pandemie-Bedingungen? Die Maskenfrage wird jetzt entschieden.
Im Minutentakt kommen sie – die Flugzeuge, Bahnen und Autos mit den Rückkehrern aus stark Corona-belasteten Ländern – und mit ihnen wächst die Sorge vor einer zunehmenden Coronagefahr, wenn in weniger als zwei Wochen die Schule wieder losgeht. Noch ist unklar, wie die Gefahr gebannt werden kann.
„Die Lage ist dynamisch“, drückt es der Bildungs- und Gesundheitsstadtrat des schülerreichsten Bezirks Pankow, Torsten Kühne (CDU), vorsichtig aus. Er betont, dass die jetzt beschlossenen Coronatests an den Flughäfen eine große Rolle spielen werden.
Aber viele Reisende kämen eben nicht mit dem Flugzeug, sondern mit anderen Verkehrsmitteln. Zudem gäbe es auch in Berlin Hotspots wie die Hasenheide. Daher müsse es jetzt vor allem darum gehen, den Schulbetrieb mit Bedacht zu gestalten.
Bisher steht allerdings nur die grobe Richtung fest – in Gestalt des Musterhygieneplans, der im Juni veröffentlicht wurde. Er besagt, dass Berlin – ebenso wie alle anderen Bundesländer – mit dem flächendeckenden Präsenzunterricht starten will.
Die Abstandspflicht gilt nicht mehr. Ob es eine Maskenpflicht geben wird, was Kühne – zumindest außerhalb der Klassenräume – für diskussionswürdig hält, ist offen.
Scheeres prüft eine Maskenvorschrift
Das werde derzeit geprüft, sagte Martin Klesmann, Sprecher der Bildungsverwaltung, auf Anfrage nach einem entsprechenden RBB-Bericht. Dem Vernehmen nach geht es vor allem um das Tragen von Masken auf Fluren und auf Schulhöfen.
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Die Bundesländer setzen die im Juni getroffenen Regeln unterschiedlich um. So folgt Baden-Württemberg nach eigenen Angaben einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig, wonach Eltern nicht gezwungen werden sollen, ihre Kinder zur Schule zu schicken: „Eltern, die nicht wollen, dass ihr Kind am Präsenzunterricht teilnimmt, können dies der Schule formlos anzeigen“, heißt es aus der Behörde von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU).
Sie ist auch Sprecherin der CDU-Bildungsminister. Die Entscheidung sorgte denn auch für einigen Aufruhr, weil die Christdemokratin angeblich die Schulpflicht zur Disposition stelle, wie Kritiker interpretierten.
Eine CDU-Ministerin hebt die Schulbesuchspflicht auf
Diese Darstellung wies Eisenmanns Sprecher Benedikt Reinhard allerdings gegenüber dem Tagesspiegel zurück. Es gehe nicht um die Schulpflicht, sondern die „Schulbesuchspflicht“. Mit anderen Worten: Die betreffenden Schüler müssen am Onlineunterricht teilnehmen.
Wenn Lehrern auffalle, dass dies nicht geschehe, müsse interveniert werden. Zwar habe ein sächsischer Gerichtsbeschluss keine bindende Wirkung für andere Länder, jedoch zeige die Erfahrung, dass andere Landesgerichte solche Beschlüsse oftmals übernähmen. Im übrigen sei die Regelung „nicht in Stein gemeißelt“: Ob die Ministerin an ihr festhalten werde, hänge vom Infektionsgeschehen ab.
Die SPD-Länder winken ab
Etwas Derartiges sei in Berlin nicht geplant, sagte Klesmann. Lediglich bei „sichtbaren und bekannten Vorerkrankungen“ könnten Schulleiter Schüler von der Präsenzpflicht befreien und dabei „individuell auf ein Attestverzichten“.
Entsprechend äußerte sich die Hamburger Bildungsbehörde. Deren Chef, Bildungssenator Ties Rabe ist zugleich Sprecher der SPD-Bildungsminister. Sein Sprecher teilte auf Anfrage mit, dass auch die anderen SPD-geführten Bildungsbehörden nicht den Weg Eisenmanns planten.
Für Neuköllns Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU) kommt es jetzt vor allem darauf an, dass es genügend Testkapazitäten gibt. Daher begrüße er es ausdrücklich, dass auch niedergelassene Ärzte die Tests vergütet bekommen. Zudem verwies er auf große Teststationen wie am Hotel "Estrel" für Neukölln.
Liecke warnte davor, es bei einem Test bewenden zu lassen, der bei der Ausreise aus einem Risikoland gemacht worden sei – schließlich könne sich die Infektion erst nach fünf bis sieben Tagen zeigen. Daher müsse es auch in Berlin genügend Kapazitäten für einen zweiten Test geben.
Quarantäne könnte als unentschuldigtes Fehlen gewertet werden
„Wer negativ getestet ist, braucht natürlich nicht in Quarantäne. Wer positiv getestet wird, muss mit definierten Kontaktpersonen in Quarantäne und das wird als unentschuldigte Fehlzeit gewertet“, wiederholte Klesmann die Ankündigung der Senatorin zu Beginn der Sommerferien. Dies beträfe Schüler, die sehr spät aus dem Ausland zurückkämen. Angesichts der Ausweitung der Testmöglichkeiten könne das aber „kaum in Größenordnungen geschehen", glaubt Klesmann.
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Liecke hält nicht viel davon, es als Schwänzen zu werten, wenn Familien so kurzfristig aus dem Urlaub zurückkehrten, dass die Zeit bis zum Schulbeginn nicht mehr für die Quarantäne reiche. Erste Lehrer warnen bereits, der angedrohte Schwänzereintrag könne dazu führen, dass Eltern auf einen zweiten Test verzichten, um die Quarantäne zu vermeiden.
Pankows Stadtrat warnt vor den Risiken bei der Schulspeisung
Pankows Stadtrat Kühne treiben andere Sorgen um. Er warnt, dass die Infektion sich ausbreiten könne, wenn sich die Schülergruppen in den Mensen mischen. Daher hatte er in der Bildungsverwaltung angefragt, ob es zusätzliche Gelder für verpackte Portionen geben könne, die außerhalb der Mensa verzehrbar seien. Das sei jedoch abgelehnt worden.
Er arbeitet daher mit Caterern an anderen Möglichkeiten, etwa Plexiglasscheiben anzubringen. Zudem erwartet Kühne von der Bildungssenatorin Angaben, wie der Musik- und Sportunterricht so gestaltet werden kann, dass Infektionen sich nicht ungehindert verbreiten können. Die Bildungsverwaltung kündigte weitere Informationen an.