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Freizeitbeschäftigung. Flüchtlinge müssen sich in einem neuen Alltag zurechtfinden.
© dpa

Überforderte Flüchtlingsbetreuung in Berlin: Das Geschäft mit der Flut der Flüchtlinge

Das Lageso in Berlin soll Flüchtlinge in Heimen unterbringen. Doch die Flut der Asylbewerber erzeugt auch kostspielige Fehler.

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) muss sich um die Unterbringung der Flüchtlinge kümmern, die in Berlin leben. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) rechnet für das Jahr 2015 mit insgesamt 20.000 Betroffenen. In den 60 Flüchtlingsheimen von Berlin leben derzeit 14.932 Personen. 1737 sind sogar in Hostels und Pensionen untergebracht. Das Lageso ist auch für den Verbraucherschutz zuständig, derzeit allerdings ist der Großteil der insgesamt 1000 Mitarbeiter mit der Hilfe für Flüchtlinge befasst.

Die Zahl der Flüchtlinge überfordert die Behörde seit knapp zwei Jahren. Zeit, geordnet nach Unterkünften zu suchen, blieb nicht. Stattdessen hat das Lageso zugegriffen, sobald es von privaten Heimbetreibern einigermaßen geeignete Häuser angeboten bekommen hatte. Verträge wurden dabei nicht allzu genau geprüft. Ohnehin fehlten genügend Experten für eine zeitnahe, genaue Prüfung. So wurden immer wieder Heime auch ohne schriftliche Verträge eingerichtet – das gilt im Moment für 22 der 60 Flüchtlingsunterkünfte.

Zwei private Heimbetreiber, die Firmen Gierso und Pewobe, gerieten bald in die Kritik. Sie sollen bei der Vergabe der Lageso-Aufträge bevorzugt worden sein. Außerdem sollen die Betreiber nicht das mit dem Lageso vereinbarte und bezahlte Personal in ihren Berliner Unterkünften eingesetzt haben.

Heim in Haarlemer Straße ist ein Beispiel

Lageso-Chef Franz Allert geriet zudem in der Verdacht der Vetternwirtschaft, weil die Gierso von seinem Patenkind geleitet wird. Eine Innenrevision des Amts bestätigte diesen Vorwurf nicht, allerdings wurde festgestellt, dass Vergaben an private Betreiber ohne Auswahlverfahren und Ausschreibungen stattgefunden haben.

Ein Beispiel für die Probleme der Lageso-Politik ist das Flüchtlingsheim an der Haarlemer Straße in Neukölln. Mehr als acht Millionen Euro zahlte das Land Berlin an die Pewobe. Im Vertrag war aber noch von Baukosten in Höhe von 6,8 Millionen Euro die Rede. Aber selbst das wäre viel Geld gewesen für einen Bau, der möglicherweise schon Ende des Jahres, nach nicht mal zwei Jahren Betrieb, wieder abgerissen wird. Die tatsächlichen Baukosten sollen nach Angaben des Unternehmers, der den Rohbau errichtet, deutlich unter acht Millionen gelegen haben.

Gegen Pewobe-Chef Helmuth Penz wird wegen Abrechnungsbetrugs ermittelt. Zum Vorwurf, er habe Stellen abgerechnet, die gar nicht besetzt gewesen sein sollen, sagte Penz: „Das kann zeitweise passiert sein, wir waren schließlich oft unter Zeitdruck.“

Landesrechnungshof hat sich eingeschaltet

Inzwischen befassen sich externe Wirtschaftsprüfer mit der Vergabepraxis des Landes, auch der Landsrechnungshof hat sich eingeschaltet. Das Lageso fordert von der Pewobe und der Gierso Geld wegen nicht erbrachter Leistungen zurück. Allein von der Gierso knapp 900.000 Euro, doch das Unternehmen wehrt sich dagegen. Von der Pewobe will das Lageso rund 500.000 Euro zurück. Vor Gericht sind die Fälle aber noch nicht gelandet. Dafür aber prüft die Staatsanwaltschaft, ob sich Senator Czaja strafbar gemacht haben könnte, wegen mangelnder Aufsicht über das Lageso.

Czaja hat im April eine neue Flüchtlingspolitik der Stadt angekündigt. Das Land solle eigene, dauerhaft nutzbare Häuser bauen und so mehr Kontrolle über die Flüchtlingspolitik bekommen. Bis 2017 sollen 36 hochwertige Häuser erreichtet werden. Kosten: 150 Millionen Euro.

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