Neuer Streit: Bezirke sind jetzt auch sauer auf das Lageso
Das Landesamt für Soziales bringt immer mehr Flüchtlinge in Hostels unter. Das ist teuer und hat Nachteile für die Bezirke - sie kriegen ihre Wohnungslosen nicht unter
Dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) droht gleich doppelt Streit: zum einen mit den Bezirken wegen zu hoher Kosten der Flüchtlingsunterbringung, zum anderen mit Heimbetreibern – wegen zu hoher Kosten der Flüchtlingsunterbringung. Für das Lageso ist die Lage nach der massiven öffentlichen Kritik an seiner Vertragspolitik schwierig geworden. Man könnte auch sagen: Wie es auch handelt, es ist verkehrt.
Seit bekannt wurde, dass die Behörde mit Heimbetreibern rechtlich unsaubere Verträge geschlossen hat, werden neue Abschlüsse gründlichst geprüft. Das verlangsamt jedoch die Verfahren mit der Folge, dass Unterkünfte nicht schnell genug bereitstehen. Zugleich strömen ungebremst weiter Flüchtlinge nach Berlin. Derzeit praktizierter Ausweg aus diesem Dilemma: Das Lageso bringt mangels eigener Kapazitäten immer mehr Flüchtlinge in Hostels unter und stellt dafür Blankogutscheine bis 50 Euro pro Person aus. Das führt dazu, dass die Hostelbetreiber Flüchtlinge bevorzugen – zum Nachteil deutscher Wohnungsloser, denn die Bezirke können den Hostels nicht so viel zahlen. Selbst wenn ein Hostel nur 25 Euro die Nacht kostet – da es ein Blankogutschein ist, nehmen die Betreiber dann eben die vollen 50 Euro. „So kommt es zur Konkurrenz zwischen Flüchtlingen und Wohnungslosen“, sagt die Sozialstadträtin von Tempelhof-Schöneberg, Sibyll Klotz (Grüne). Sie fordert deshalb einen einheitlichen Kostensatz.
Heimbetreiber sollen Strafen in fünffacher Höhe der Rückforderung leisten
Kürzlich fand in der Senatskanzlei sogar eine Sondersitzung der zuständigen Stadträte zum Thema statt. Die Teilnehmer kamen frustriert wieder heraus. Nach seiner Anerkennung fällt der jeweilige Flüchtling in die Zuständigkeit des Bezirks, der aber die höheren Kosten der Hostelunterbringung nicht tragen kann. Ein Stadtrat schilderte den Fall einer siebenköpfigen Familie, die untergebracht werden musste. Pro Nacht würden dann ja 350 Euro anfallen, rechnete er empört vor. Pro Monat also über 10 000 Euro, im Jahr über 120 000 Euro: „Dafür kann man sich eine Eigentumswohnung kaufen.“ Außerdem fielen die Flüchtlinge nach ihrer Anerkennung in die Zuständigkeit der Bezirke, die den hohen Satz dann weiterzahlen müssten. Für Wohnungslose zahle man aber nur 25 Euro.
Die Kehrseite sind die Vertragsstrafen, die das Amt seit Ende April gegen einige Heimbetreiber verhängt. Denn die hatten Leistungen abgerechnet, die gar nicht erbracht wurden, was aber zunächst nicht bemerkt wurde. Erst die jetzt erfolgenden gründlichen Vertragsprüfungen brachten es an den Tag. Nun werden nicht nur die zu viel geleisteten Zahlungen zurückverlangt, sondern noch Strafzahlungen obendrauf. Laut Lageso-Sprecherin Silvia Kostner sehen alle neueren Verträge Vertragsstrafen in Höhe des Fünffachen der Rückforderung vor. Auch hier ist Streit zu erwarten.